Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Richard Reimer

"Banken sollten Sepa-Umstellung rasch bewerkstelligen"

Mehr Kommunikation über Vorteile der neuen Produkte notwendig

"Banken sollten Sepa-Umstellung rasch bewerkstelligen"

– Herr Dr. Reimer, am 31. Oktober ist das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie in Deutschland in Kraft getreten. Was ist neu?Die Zahlungsdiensterichtlinie schafft europaweit einen einheitlichen Rechtsrahmen für die im Rahmen von Sepa (Single Euro Payments Area) technisch entwickelten neuen Zahlungsinstrumente (Sepa-Überweisung, Sepa-Lastschrift und Sepa-Kartenzahlungen). Das neue Zahlungsverkehrsrecht führt zu verkürzten Ausführungsfristen von heute bis zu drei Geschäftstagen auf künftig einen Geschäftstag. Mittels der Sepa-Produkte soll diese Umstellung technisch bis spätestens zum 1. Januar 2012 erfolgt sein. Diese Beschleunigung wird das Liquiditätsmanagement der Unternehmen und Privatkunden vereinfachen und Kosten einsparen.- Mit Kostensenkungen wäre eines der Hauptziele der Kommission erreicht. Hat die EU-Kommission somit ihr Ziel, Kosten zu senken, auf dem Rücken der Banken durchgesetzt?Jedenfalls war für die Banken neben der technischen Umsetzung der rechtlichen Vorgaben mittels der Sepa-Produkte vor allem die Implementierung des neuen Rechtsrahmens kostspielig. Das Ergebnis dieser Anstrengungen war Mitte September in der Post zu finden, als die neuen allgemeinen Geschäftsbedingungen, Sonderbedingungen für die einzelnen Zahlungsinstrumente sowie ein neues Preis- und Leistungsverzeichnis übersandt wurden. Auf diese Weise kamen die Banken ihren zahlreichen neuen Informationspflichten nach, um die Transparenz zum Vorteil der Kunden zu verbessern. Allerdings können auch die Banken vom neuen Recht profitieren, wenn ihre neuen Sepa-Produkte am Markt erfolgreich sind.- Haben die Banken bereits alle Maßnahmen ergriffen, um mit ihren Sepa-Produkten erfolgreich zu sein?Die technische und rechtliche Umsetzung hat viele Ressourcen in Anspruch genommen, sodass die notwendige Aufklärung der Kunden über die Vorteile der neuen Sepa-Produkte bisher zu kurz gekommen ist. Allein die Übersendung der AGB reicht für die Akzeptanz am Markt nicht aus. Vielmehr müssen die Banken ihre Kommunikationsanstrengungen intensivieren, um neben den Privatkunden vor allem auch Geschäftskunden und die öffentliche Verwaltung vom Wechsel auf Sepa- Produkte zu überzeugen. Die Vorteile bei nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungen sowie im Bereich von Online Payments sind noch nicht klar kommuniziert. Selbst in den Banken herrscht zum Teil noch Unwissenheit über die Vorteile der neuen Sepa-Produkte. Allzu oft wird auf die bekannten alten Produkte zurückgegriffen, die weiterhin Bestand haben.- Gibt es einen Zeitplan für das Abschalten der alten Produkte?Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber keinen festen Zeitplan für das Abschalten der alten Produkte vorgegeben. Zudem hat er es auch versäumt, durch geeignete Übergangsregelungen auf die Einholung des bei der Sepa-Lastschrift erforderlichen Mandats zu verzichten. Die Bundesregierung will die Einführung der Sepa-Lastschrift den Kräften des Marktes überlassen. Praktisch wird die Einholung der Mandate die Unternehmen viel Geld kosten und die vollständige Umstellung auf Sepa- Produkte deshalb hinauszögern. Den Banken ist aus Kostengründen zu raten, den Umstellungsprozess nicht endlos hinauszuschieben. Eine klare Kommunikation gegenüber den Kunden könnte für die Beschleunigung des Umstellungsprozesses und die erforderliche Kundenakzeptanz der Sepa-Produkte sorgen.- Was ist mit dem zweiten Ziel der Kommission, mit der Zahlungsdiensterichtlinie den Wettbewerb zu stärken?Der Markt ist in Bewegung gekommen, da das neue Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) eine neue Institutsgruppe der Zahlungsinstitute schafft, die den Banken Konkurrenz machen wird. Ein Vorteil der spezialisierten Zahlungsinstitute ist die Senkung der Markteintrittsbarrieren. Zahlungsinstitute können künftig mittels des europäischen Passes europaweit Zahlungsdienste anbieten, ohne wie bisher für jeden Mitgliedstaat eine separate Erlaubnis beantragen zu müssen. Vom neuen europaweiten Aufsichtsregime profitieren werden deshalb vor allem Unternehmen, die europaweit tätig sind. In Deutschland ist vor allem im Bereich der Acquirer mit Erlaubnisanträgen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu rechnen.—-Dr. Richard Reimer ist Bankrechtler im Frankfurter Büro von Lovells. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.