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Bankenausstieg bedroht Rohstoffkurse

Regulatorischer und politischer Druck auf die Finanzindustrie - Industriemetalle gefährdet

Bankenausstieg bedroht Rohstoffkurse

Zeitenwende am Rohstoffmarkt: Immer mehr US-Banken haben angekündigt, sich wegen des regulatorischen oder politischen Drucks aus dem Geschäft mit Industriemetallen, Agrarprodukten oder Öl und Gas zurückzuziehen. Das wird mittel- bis langfristig deutliche Auswirkungen auf die Rohstoffpreise haben. Gerade bei den Industriemetallen, bei denen aktuell am Markt eine Überschusslage besteht, sollten die Preise ins Rutschen geraten.Von Armin Schmitz, FrankfurtÜber fast ein Jahrzehnt haben sich die amerikanischen Banken im Handel mit den Rohwaren engagiert. Die Finanzinstitute hatten vor zehn Jahren von der US-Notenbank die Genehmigung bekommen, Rohstoffe auch physisch zu handeln. Neben dem Kauf von Kraftwerken, Minen, Feldern, Raffinerien und Rohstofflagerhallen waren die Investmentbanken zuletzt auch an den Warenterminmärkten engagiert, um in Zeiten sinkender Zinsen zusätzliche Erträge zu generieren.Im vergangenen Jahr erzielten die zehn größten Investmentbanken im Rohstoffmarkt nach Berechnungen des Analyse-Unternehmens Coalition einen Umsatz von insgesamt 6 Mrd. Dollar. Das liegt allerdings deutlich unter dem Niveau des Spitzenjahres. Noch 2008 lagen die Erlöse mehr als doppelt so hoch. Damals wurde das Gesamtvolumen des Rohstoffmarktes auf rund 250 Mrd. Dollar geschätzt.In den vergangenen Monaten häufen sich die Fälle, in denen Finanzkonzerne ernstzunehmende Vorwürfe wegen Manipulationen im Rohstoffmarkt hinnehmen müssen. Waren Barclays und J.P. Morgan Chase wegen Strompreismanipulationen von der zuständigen US-Energiebehörde jeweils zu Strafen in Millionenhöhe verurteilt worden, stehen nun die Rohstoffbörse London Metal Exchange (LME) und Goldman Sachs vor einem Prozess. Sie sollen nach Angaben der US-Zeitung “New York Times” durch Verzögerungen in der Auslieferung eine künstliche Verknappung beim Aluminium herbeigeführt haben.Das Engagement von US-Banken wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und J.P. Morgan Chase an den Rohstoffmärkten hat die Regulatoren auf den Plan gerufen. So erwägt die US-Wertpapieraufsicht SEC (U.S. Securities and Exchange Commission) eine strengere Regulierung des Rohstoffhandels. Dabei wird neben weitreichenderen Offenlegungspflichten auch ein mögliches Verbot des physischen Rohstoffhandels für Banken diskutiert.Der regulatorische und politische Druck hat dazu geführt, dass Banken wie J.P. Morgan Chase, Goldman Sachs und Morgan Stanley ihren Rückzug aus dem Handel mit Rohwaren angekündigt haben oder das Geschäft reduzieren wollen. Darüber hinaus erschweren erhöhte Eigenkapitalvorschriften für Banken das Geschäft mit den Rohwaren. Weg vom Rohstoffgeschäft wollen auch europäische Banken. So will sich auch die UBS von ihrem Geschäft mit außerbörslich gehandelten Rohstoff-Derivaten trennen.Der Ausstieg der Banken aus dem Handel mit Rohwaren wird seine Spuren an den Rohstoffmärkten hinterlassen. Vorsichtige Schätzungen von Experten gehen davon aus, dass bei einem Abzug der spekulativen Gelder mittel- bis langfristig ein Korrekturpotenzial von 10 bis 15 % bei den Rohstoffpreisen besteht.Zwar ist unklar, wie lange sich beispielsweise der Prozess gegen Goldman Sachs und die LME hinzieht. Doch Analysten wie Peter G. Richardson von Morgan Stanley befürchten negative Auswirkungen auf die Preise, wenn die Metalle aus den LME-Lagerhäusern auf den Markt kommen. Gefahr besteht vor allem bei Metallen, die bereits über längere Zeit in den Lagerhäusern gebunkert wurden, z. B. Aluminium und Zink. Bei beiden Metallen besteht bereits seit Längerem eine Überversorgung des Marktes. So gibt es am Markt bereits das siebte Jahr in Folge ein Überangebot an Aluminium. Nach Ansicht von Richardson ist der Rückgang der physischen Prämien für Aluminium in den zurückliegenden zwei Wochen ein erstes Anzeichen für den Anfang des Prozesses. Lage in China unklarEs ist aber nicht auszuschließen, dass der Ausstieg der Banken aus dem Rohstoffgeschäft den Markt breiter erfasst. Wie groß der Preiseffekt ist, hängt auch von der wirtschaftlichen Entwicklung der Konjunkturlokomotive China ab. Kann Peking die befürchtete Kreditklemme abwenden und nimmt die Konjunktur im Reich der Mitte wieder an Fahrt auf, dürften die Preisrückgänge vor allem bei den Industriemetallen nicht so dramatisch sein.Für Anleger, die sich vor einem Preisrückgang an den Rohstoffmärkten schützen wollen, bietet sich nur eine sehr kleine Auswahl an Produkten an. Gerade im Bereich der Exchange Traded Funds (ETF) und Exchange Traded Commodities (ETC) werden keine Short-Produkte auf einen breiten Rohstoffindex angeboten. Anbieter haben im Laufe des ersten Halbjahres ETF wegen des fehlenden Interesses der Anleger vom Markt genommen. Eine breitere Auswahl hat der Anleger dagegen bei den Produkten auf Einzelrohstoffe.So bietet ETF Securities einen ETFS Daily Short Aluminium (JE00B24DK421) an, mit dem Anleger eins zu eins an fallenden Aluminiumpreisen partizipieren können. Im laufenden Jahr verzeichnete der Exchange Traded Commodity (ETC) einen Anstieg von mehr als 17 %. Die Kosten des Produktes liegen bei 0,98 %. Vom selben Anbieter wird mit dem ETFS Daily Short (JE00B24DKS68) auch ein Short-Produkt auf den Zinkpreis angeboten. Hier beträgt der Gewinn im laufenden Jahr rund 12 %. Die Kosten liegen ebenfalls bei 0,98 %.Indirekt kann der Anleger von den fallenden Kursen an den Rohstoffmärkten profitieren, indem er in aktiv gemanagte Fonds investiert, wie den Lupus alpha Commodity Invest (DE000A1C6G76), bei dem die Fondsmanager Gerd-Henning Beck und Daniel Bathe auch Erträge durch Short-Positionen erzielen können. Im laufenden Jahr erzielten sie eine Rendite von 0,5 %.