Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Matthias Wiedenfels

"Bei bedienten Privatkrediten ist allerhöchste Vorsicht geboten"

Bei Verkäufen von gesunden Krediten stellt Bankgeheimnis Knackpunkt dar

"Bei bedienten Privatkrediten ist allerhöchste Vorsicht geboten"

Der deutsche Markt für Kreditverkäufe boomt. Neben notleidenden Krediten werden auch nicht strategische, aber bediente Darlehen gehandelt. Sind die Kreditnehmer Privatkunden, stehen solche Transaktionen vor der Hürde des Bankgeheimnisses. Dieses kann ein stillschweigendes Abtretungsverbot begründen, warnt Matthias Wiedenfels, Rechtsanwalt in der Capital-Markets-Gruppe der internationalen Anwaltssozietät Ashurst in Frankfurt. Daran ändert seiner Ansicht nach auch das jüngste Urteil des Landgerichts Frankfurt nichts (vgl. BZ vom 30.12.2004). Nach Ansicht der Richter verhindert das Bankgeheimnis nicht den Forderungsverkauf. – Herr Wiedenfels, wo sehen Sie in Deutschland die wesentlichen rechtlichen Hürden beim Verkauf von Kreditportfolien? Die größte Hürde liegt wohl in der Frage, nach welchen genauen Gesetzmäßigkeiten die Verbriefung funktioniert. Die True-Sale-Initiative der Kreditwirtschaft vermisst zum Beispiel eine klare rechtliche Infrastruktur. Auch bei den Themen Insolvenzfestigkeit und Besteuerung der Transaktionen herrscht bei großer Nachfrage noch Verunsicherung. Hier zögert der Markt und hofft auf Rechtssicherheit. Die Auswahl der richtigen Akquisitionsstruktur, auch als Kombination aus verschiedenen Übertragungsformen, stellt ebenfalls eine Herausforderung dar. Für Banken ist es zudem schwierig, ein aus vielen tausend unterschiedlichen Kreditakten und Unterlagen bestehendes Transaktionsportfolio zusammenzustellen und zu bewerten. Verlässliche Marktpreise gibt es für heterogene Portfolien nicht. Diese Schwierigkeit hat auch der Käufer, der deshalb in der Regel großen Wert auf die Due Diligence legt. – Wäre für einen Investor bei der Abwicklung der Kredite eine Banklizenz von Vorteil? Der Investor sollte vor allem im Besitz einer Banklizenz sein, wenn die gesamte Vertragsbeziehung mit dem Schuldner übertragen wird, oder wenn dem Schuldner noch Kapitalnutzungsrechte oder offene Kreditlinien zustehen. Beim reinen Inkasso und Servicing-Outsourcing hält die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Banklizenz nicht für erforderlich. Vorteilhaft ist eine solche aber im Verhältnis zur BaFin in jedem Fall. – Welche Garantien fordert der Investor in der Regel von der verkaufenden Bank? Neben den üblichen gesellschaftsrechtlichen Garantien und Eigentums- und Bestandsgarantien an den Forderungen wird der Käufer – häufig allerdings vergeblich – Beschaffenheitsgarantien verlangen. Diese können sich beziehen auf Erklärungen über dingliche Belastungen der Kreditforderungen, auf das bisherige Servicing oder auf die Bonität der Schuldner. Außerdem mag ein Käufer sich die Anwendbarkeit deutschen Handelsrechts und einen bestimmten Gerichtsstand auf die Darlehensverträge oder die Vollständigkeit der Kreditakten zusichern lassen. Nicht anders als bei Unternehmenskäufen werden auch Garantien in Bezug auf die während der Due Diligence offen gelegten Informationen verlangt. – Gibt es Probleme wegen des Bankgeheimnisses, wenn das Portfolio auch “gesunde” Kredite enthält? Das Bankgeheimnis stellt solange einen Knackpunkt dar, wie sich das begrüßenswerte Ergebnis des Landgerichts Frankfurt nicht endgültig durchgesetzt hat. Obwohl mit diesem Urteil die richtige Richtung vorgegeben wurde, ist nicht ausgeschlossen, dass andere Gerichte weiterhin von einem Abtretungsverbot ausgehen. Unabhängig davon mag es aber aus geschäftspolitischen Gründen nicht klug sein, “gesunde” Kredite ohne Zustimmung des Darlehensnehmers zu verkaufen. Ein gewisses emotionales Element ist selbst bei gewerblichen Darlehensnehmern nicht von der Hand zu weisen, so dass die Bank bei treuen Kunden schnell in Verruf geraten kann, wenn sie nicht vorher fragt. – Was sind die Vorteile und die Nachteile des Auktionsverfahrens? Das Auktionsverfahren hat den Vorteil weit gehender Vergleichbarkeit der Angebote. Bei einem exklusiven Angebot wird nur mit der Verkäufererwartung verglichen ohne Anhaltspunkt, wer mit seiner Preisvorstellung “richtig” liegt. Zum anderen übt eine Auktion auf den einzelnen Bieter einen gewissen Wettbewerbsdruck aus. Das kann die Vertragsverhandlungen erleichtern. Außerdem bekommt die Bank einen Eindruck, mit welchem Bieter die Zusammenarbeit bereits vor Vertragsschluss gut klappt. Der Nachteil liegt darin, dass die Bank sensible Daten einem größeren Teilnehmerkreis offen legen muss. Außerdem verursacht die Auktion erheblichen organisatorischen Aufwand: Es müssen mehrere Datenräume etabliert und die Verhandlungen gleichzeitig an mehreren Fronten geführt werden. Das Gespräch führte Markus Frühauf.