Finanzen persönlich

Bei wertvollen Kunstwerken ist eine Spezialversicherung empfehlenswert

Gemälde und Antiquitäten in Privatbesitz sind oft schlecht versichert - Sicherungen schrecken Täter ab - Mit Schwachstellenanalyse beginnen

Bei wertvollen Kunstwerken ist eine Spezialversicherung empfehlenswert

Von Elke Dolle-Helms Kurz nach dem spektakulären Raub von Edvard Munchs “Schrei” und “Madonna” aus der Osloer Nationalgalerie vor einigen Jahren wurde die internationale Kunstszene gleich von der nächsten Schreckensbotschaft erschüttert: die weltberühmten Gemälde waren nicht versichert. Dieses Schicksal trifft auch andere Schätze, vor allem solche, die sich in Privatbesitz befinden. In der deutschen Kriminalstatistik nimmt Kunstraub nach Drogen- und Waffenhandel bereits den dritten Platz ein. Konjunktur für KriminelleJoachim Leuther, ehemaliger Vorstand beim Münchener Spezialversicherer Hiscox, sieht sogar eine besondere Konjunktur für Kunstkriminalität: “Die Aufklärungsquote bei diesen Delikten beträgt nur 40 %, bei Banküberfällen erreicht sie 70 %.” In 54 % aller Fälle würden Kunstwerke aus Privathaushalten gestohlen. “Im Vergleich zu berühmten Ausstellungstücken sind diese Gemälde viel leichter weiterzuverkaufen.”Ob millionenschwere Gemälde, liebevoll zusammengetragene Antiquitäten oder eine teure Briefmarkensammlung – Kunstliebhaber schützen ihren Besitz oftmals nur über die herkömmliche Hausratversicherung. Im Ernstfall ein folgenreicher Fehler. Die Versicherung erstattet für beschädigte oder gestohlene Wertgegenstände nur maximal 20 % der gesamten Versicherungssumme. Eine Höherversicherung ist zwar gegen Extraprämie möglich. Erreicht der Wert des Hausrates jedoch eine Summe von 250 000 Euro und mehr, tun sich die Hausratversicherer generell schwer. Dies gilt auch für den Fall, dass nach einem Schaden der exakte Wert eines besonderen Stückes nachzuweisen ist. Der Schutz der Hausratversicherung ist außerdem nicht umfassend, die Liste der Ausschlüsse lang. Ein besonderer Risikofaktor ist der so einfache Diebstahl. Dringen Diebe ins Haus ein, ohne Einbruchspuren zu hinterlassen, gibt es oftmals kein Geld von der Versicherung. Ein anderes Problem ist die Unterversicherung: Hat etwa ein teurer Orientteppich den Wert der Wohnungsausstattung erhöht, ohne dass gleichzeitig auch die Versicherungssumme nach oben korrigiert wurde, gibt es nach einem Schaden nur anteiligen Ersatz. Nach wie vor bieten jedoch nur wenige Versicherer spezielle Policen für hochwertigen Hausrat und Kunst an, darunter die beiden Marktführer Axa Art und der britische Anbieter Hiscox, außerdem Gothaer, Allianz und Mannheimer. Vor Abschluss eines solchen Vertrages werden die Gegenstände von Kunstexperten bewertet, um eine schnelle Schadenregulierung zu gewährleisten. Alle zwei bis drei Jahre erhält der Kunde einen neuen Bewertungsvorschlag, bei dem er Mitspracherecht hat. Anders als bei der normalen Hausratversicherung handelt es sich bei der Kunstpolice um eine Allgefahrendeckung, die alle Risiken abdeckt, die nicht explizit vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Also auch den einfachen Diebstahl. Ausgeschlossen werden beispielsweise Schäden durch Kriegsereignisse und grobe Fahrlässigkeit, einfacher Verschleiß, etwa von Orientteppichen, Schäden durch Materialfehler, Bedienungsfehler oder Ungeziefer. Bequem sind Policen, die nicht nur edle Stücke, sondern gleich das gesamte Gebäude und den übrigen Hausrat in einem Vertrag mitversichern. Inklusive sind neben dem normalen Hausrat nicht nur Kunstgegenstände und Antiquitäten, sondern auch Waffen, Sammlungen, Schmuck, Musikinstrumente und anderes. Auch die Zweitwohnung samt Inventar und Eigentum im Büro ist mitversichert. Bei Diebstahl werden die Kosten für die Wiederbeschaffung der Werke übernommen. Die Preise und Leistungen dieser Spezialpolicen sind sehr unterschiedlich. Hiscox legt den Schwerpunkt beispielsweise auf hochwertigen Hausrat inklusive Kunst, während sich Axa Art in erster Linie als spezialisierter Kunstversicherer versteht. Einige Versicherer bieten den Schutz grundsätzlich erst ab einem festgelegten Mindestbeitrag pro Jahr. Bei Hiscox zahlt der durchschnittliche Kunde zum Beispiel 2 000 Euro im Jahr. Sinnvoll ist es, vor Vertragsabschluss mehrere Angebote in Ruhe zu vergleichen. Wie viel die Versicherung kostet, hängt letztlich auch von einer sorgfältigen Sicherung der Kunstwerke ab. “Der beste Schutz besteht ohnehin in einer ausgewogenen Kombination aus Sicherungskonzept und Versicherung”, so Axa-Art-Chef Ulrich Guntram. Besondere Einrichtungen – von der Alarmanlage über professionelle Bewegungsmelder bis hin zur Standleitung zur örtlichen Polizei – sind häufig sogar Voraussetzung für ein Vertragsangebot. Prävention verstärkenNach Überzeugung von Experten ließe sich jeder zweite Einbruch vermeiden, wenn einfachste Sicherheitsvorkehrungen beachtet würden. Diese These stützt eine Langzeitstudie der Polizei: Danach bleibt rund ein Drittel der Einbrüche im Versuch stecken, nicht zuletzt wegen sicherungstechnischer Einrichtungen. Oder anders ausgedrückt: Werden Einbrecher mit sichtbarer, mechanischer Absicherungstechnik konfrontiert, geben sie vorzeitig auf. Der erste Schritt zur Sicherheit ist die Schwachstellenanalyse durch einen Sicherheitsprofi, empfiehlt die VdS Schadenverhütung (vds.de), ein Unternehmen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dies könne beispielsweise eine kostenlose Beratung durch die örtliche kriminalpolizeiliche Beratungsstelle sein oder speziell qualifizierte Fachbetriebe mit VdS-Anerkennung. Professionelle und qualitativ hochwertige Sicherheitsvorkehrungen dienen nicht nur zur persönlichen Sicherheit, sondern auch als Beweismittel vor Gericht oder bei der Versicherung. Wer beweisen kann, dass korrekt montierte, genormte Produkte im Einsatz waren, kommt vor Gericht zu seinem Recht und bei der Versicherung problemlos an sein Geld. Wichtig ist dabei nicht nur, dass die Sicherungen ein Zertifikat besitzen, sondern dass die Zertifizierung von einem herstellerunabhängigen Institut ausgestellt wurde. In Deutschland sind dies zum Beispiel die VdS Schadenverhütung und DIN Certco. Schwächen genau kennenNur wer die Schwächen seiner vier Wände genau kennt, kann sie beseitigen. Wichtig ist eine maßgeschneiderte Sicherheitslösung, denn die einsam gelegene Villa braucht anderen Schutz als das Penthouse in der City. Die Kripo rät, Haus oder Wohnung immer zuerst mechanisch mit stabilen Türen und Fenstern zu sichern. Ob dann zusätzlicher elektronischer Schutz, also eine Alarmanlage, nötig ist, kommt auf den Wert des Hausrates und das persönliche Sicherheitsbedürfnis an. Der Einbruchsschutz sollte nach Möglichkeit bereits in der Neubauplanung berücksichtigt werden. Denn dann sind Sicherungsmaßnahmen meist kostengünstiger und effektiver als im Zuge einer Nachrüstung. Doch auch im Nachhinein kann der Einbruchsschutz noch deutlich verbessert werden. Herstellerverzeichnisse der Polizei und des VdS helfen bei der Auswahl der richtigen Produkte, entsprechende Listen sind im Internet und bei den polizeilichen Beratungsstellen zu haben.Wenn es um Sicherheitsvorkehrungen geht, hatte die Osloer Nationalgalerie nach dem Aufsehen erregenden Kunstraub vermutlich schlechte Karten. Eine andere Version von Munchs “Schrei” war bereits zehn Jahre zuvor aus denselben Räumen gestohlen worden. Die Täter hatten einen Zettel mit “Danke für die schlechte Sicherung” hinterlassen. Immerhin: Damals war es einem engagierten Scotland-Yard-Mitarbeiter gelungen, das Gemälde wiederzubeschaffen und für hohe Haftstrafen der Täter zu sorgen.