Beraterkosten oft Streitpunkt beim Unternehmenskauf
Von Jörn-Christian Schulze *) Der Verkäufer eines nicht börsennotierten Unternehmens darf grundsätzlich die Kosten für seine Berater nicht ohne Zustimmung des Käufers auf die Zielgesellschaft übertragen. Das hat in einer rechtskräftigen Entscheidung das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entschieden (Aktenzeichen: I-6 U 130/06). In Unternehmenskaufverträgen sind fast standardisiert Kostentragungsregelungen enthalten, welche Partei anfallende Kosten etwa des Notars oder notwendiger Kartellrechtsanmeldungen zu übernehmen hat. In der Kostenklausel wird regelmäßig der klarstellende Hinweis enthalten sein, dass jede Partei die Gebühren der sie im Rahmen der Transaktion beratenden Finanz-, Steuer- und Rechtsberater zu tragen hat. Natürlich beruht diese Klausel auf dem Verständnis, dass der Unternehmenskaufvertrag grundsätzlich eine Vereinbarung zwischen dem Verkäufer der Zielgesellschaft und dem potenziellen Käufer, also ein zweiseitiger Vertrag ist. Komplexe Transaktionen Dieses Verständnis greift dann zu kurz, wenn die Komplexität der Transaktion die Mitwirkung der Zielgesellschaft selbst erfordert, etwa wenn vor dem Vollzug der Transaktion Pensionsverbindlichkeiten zu übertragen sind. In diesem Fall mag der Verkäufer der Meinung sein, dass die erwartete Mitwirkung der Zielgesellschaft eine “eigene” Beratung des verkauften Unternehmens erfordert. Wird die Kostentragung durch die Gesellschaft nicht aufgedeckt, ist sie für den Käufer in zweifacher Weise überraschend: Zum einen findet er nach Übernahme der Zielgesellschaft eine um die Beraterkosten im Wert geminderte Gesellschaft vor. Zum anderen hat er keine Möglichkeit, nachzuvollziehen, inwieweit die der Gesellschaft gestellten Rechnungen nicht auch dem Verkäufer direkt erbrachte Beratungsleistungen abdecken, wenn “zufällig” der Berater des Verkäufers, den der Käufer vom Verhandlungstisch gut kennt, verdeckt auch die Gesellschaft beraten hat. Veröffentlichte Rechtsprechung bezüglich Streitigkeiten im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen findet sich verhältnismäßig selten. Wenn überhaupt werden diese Dispute häufig vor privaten Schiedsgerichten unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Soweit erkennbar, hat nunmehr das OLG Düsseldorf das erste höhergerichtliche Urteil zur Tragung von Beraterkosten erlassen. Nach Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist das Urteil seit Anfang Januar 2008 rechtskräftig.Der vom OLG Düsseldorf zu entscheidende Fall war typisch für “verdeckte” Beraterkosten. Der Verkäufer nahm den Käufer auf Restkaufpreiszahlung aus einem Unternehmenskaufvertrag in Anspruch, weil dieser von der verkauften Gesellschaft getragene Kosten von insgesamt fünf Beraterfirmen vom Kaufpreis abgezogen hatte, die im Zusammenhang mit der Übertragung von nur einer einzigen Pensionszusage an eine Unterstützungskasse entstanden sein sollen.Der Verkäufer war der Meinung, dass er für die Kosten nicht zur Verantwortung gezogen werden könne. Zunächst sei er nicht Vertragspartner der Berater. Die Gesellschaft selbst (vertreten durch den Verkäufer als deren damaligen Geschäftsführer) habe sie beauftragt. Zudem seien die erbrachten Dienstleistungen erforderlich gewesen, da die Gesellschaft selbst angesichts der Komplexität von Übertragungen von Pensionszusagen Beratungsbedarf gehabt habe. Dem ist das OLG Düsseldorf richtigerweise entgegengetreten. Es wies die Berufung mit der Begründung zurück, dass die Gesellschaft selbst kein wirtschaftliches Interesse an der Übertragung ihrer Anteile und somit auch nicht an der mit dieser Übertragung unmittelbar zusammenhängenden Übertragung des Pensionsversprechens gehabt habe. Für die Gesellschaft ist es ohne Bedeutung, ob die Pensionszusage monatlich gegenüber den Pensionsberechtigten erfüllt oder im Wege einer Einmalzahlung an eine Unterstützungskasse abgelöst wird. Mit den Beraterkosten hat die Gesellschaft daher Verbindlichkeiten übernommen, die ausschließlich im Interesse des Verkäufers lagen. Ohne die Sicherstellung der Übertragung der Pensionsversprechen wäre die Transaktion nicht zustande gekommen. Der Verkäufer hätte daher – wie vertraglich vorgesehen – die Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung der Pensionsverbindlichkeiten dem Käufer anzeigen müssen. Da er dies unterlassen hat, war der Käufer berechtigt, einen entsprechenden Betrag vom Kaufpreis abzuziehen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich in diesem Verfahren nur mit den zivilrechtlichen Aspekten von “verdeckten” Beraterkosten zu beschäftigen. Jedoch hatte bereits das Landgericht in erster Instanz richtigerweise festgestellt, dass die Gegenansprüche des Käufers auch aus unerlaubter Handlung berechtigt sein dürften. Dies bedeutet, dass eine fehlende Offenlegung “verdeckter” Beraterkosten ebenfalls ein Betrug am Käufer sein dürfte. Schließlich erwirbt der Käufer das Unternehmen in der Erwartung, dass der Verkäufer die Kosten sämtlicher seiner Berater tragen wird. Wird nun aber die Zielgesellschaft, also die vom Käufer erworbene Vermögensmasse, um die Beraterkosten belastet, so wird anzunehmen sein, dass dem Käufer ein Vermögensschaden in entsprechender Höhe entsteht. Dieses Risiko wird sich nur durch eine volle Offenlegung der Kostentragung durch die Gesellschaft vermeiden lassen. Kein generelles VerbotDem Urteil des OLG Düsseldorf kann selbstverständlich nicht ein generelles Verbot entnommen werden, Zielgesellschaften im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen Beraterkosten tragen zu lassen. Jedenfalls aber wird es erforderlich sein, dass die Zielgesellschaft ein eigenes Interesse an der Transaktion hat, welches unabhängig von dem Interesse des Verkäufers ist, die von ihm gehaltenen Anteile zu veräußern.Dies ist unzweifelhaft im Bereich des öffentlichen Übernahmerechts der Fall. Hier treffen den Vorstand und den Aufsichtsrat der Gesellschaft, für deren Aktien ein öffentliches Übernahmeangebot gemacht wird, umfangreiche Prüfungs- und Informationspflichten gegenüber den außenstehenden Aktionären. Die anknüpfenden Haftungsrisiken der handelnden Personen machen eine eigene Rechts- und gegebenenfalls Finanzberatung erforderlich, deren Kosten die Zielgesellschaft zu tragen hat. Hieran wird sich auch durch das Urteil des OLG Düsseldorf nichts ändern. Gleiches gilt für die Rechts-, Steuer- und Finanzberatung im Zusammenhang mit Börsengängen oder sonstigen kapitalmarktorientierten Finanzierungen. Hier überwiegt das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft persönliche Interessen der Aktionäre, so dass diese Kosten zumindest zu einem gewissen Teil von der Emittentin getragen werden können.Soweit nicht börsennotierte Unternehmen verkauft werden, dürfte nunmehr im Grundsatz geklärt sein, dass – ohne Zustimmung des Käufers – die Zielgesellschaft nicht berechtigt ist, transaktionsbezogene Beraterkosten zu tragen. In diesem Fall wird das Interesse des Verkäufers am Zustandekommen des Unternehmensverkaufes regelmäßig ein Interesse der Zielgesellschaft an der Beratung übersteigen. Für den Fall, dass der Verkäufer eine Tragung dieser Kosten durch die Zielgesellschaft erreichen möchte, wird er dies dem potenziellen Käufer offenbaren müssen und in Kauf nehmen, dass dieser die zu erwartenden Kosten bei der Kaufpreisfindung berücksichtigt. Besteuerung beim VerkäuferSteuerlich werden von der Gesellschaft getragene Beraterkosten allerdings auch dann als verdeckte Gewinnausschüttungen an den Verkäufer zu bewerten sein, wenn sie offengelegt sind. Denn in jedem Fall ist die Beratungsleistung im Interesse des Verkäufers erfolgt und gesellschaftsrechtlich motiviert. Selbst bei einer Offenlegung wären daher die von der Gesellschaft getragenen Beraterkosten vom Verkäufer zu versteuern. Auch auf Ebene der Gesellschaft würden sie gewinnerhöhend wirken, so dass eine Steuerfreistellung die entsprechenden Nachteile des Käufers ausgleichen müsste.*) Dr. Jörn-Christian Schulze ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Simmons & Simmons in Düsseldorf. Er hat den Käufer in dem Verfahren vertreten.