Berufsunfähigkeitsversicherung wird teurer

Garantiezinssenkung und Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre wirken sich aus

Berufsunfähigkeitsversicherung wird teurer

Von Uwe Schmidt-Kasparek Der Schutz vor Arbeitskraftverlust ist unerlässlich. Daher gilt der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung als Pflichtübung. Die Policen werden teurer. Vor allem für Menschen, die bis zum 67. Lebensjahr arbeiten müssen.Nach Angaben des Finanzdienstleisters MLP sind die Beiträge für Berufsunfähigkeitsversicherungen seit Jahresanfang bundesweit um bis zu knapp 8 % gestiegen. Große Anbieter, wie Gerling HDI oder R + V bestätigen diese Entwicklung. “Bei uns beträgt die Steigerung bei Laufzeiten zwischen 30 und 35 Jahren zwischen 3 und 5 %”, heißt es bei der R + V Versicherung.Vor allem jüngere Menschen sind betroffen. Ursache ist die Senkung des Garantiezinses von 2,75 auf 2,25 %. Für den Fall einer Berufsunfähigkeit müssen die Versicherer ein Finanzpolster in Höhe der voraussichtlichen Leistungen aufbauen. Diesen Kapitalstock verzinsen sie ausschließlich mit dem Garantiezins – je höher der Zinssatz, desto weniger Kapital ist notwendig. Oder andersherum: Je niedriger die Verzinsung, desto höher der Beitrag. Absicherungsquote geringTrotzdem gilt bei der Berufsunfähigkeitsversicherung weiterhin der Rat: Je jünger der Einstieg, desto günstiger der Beitrag. So zahlt ein 30-Jähriger schätzungsweise 30 % weniger Beitrag als ein 40-Jähriger. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass die Absicherungsquote bei den 20- bis 29-Jährigen laut einer Studie nur bei rund 16,5 % liegt. Natürlich ist auch der Anteil älterer Jahrgänge mit rund 20 % noch zu gering. Arbeitnehmer müssen sich stets vor Augen führen, dass die Arbeitskraft ihr kostbarster Besitz ist und eine staatliche Absicherung für jüngere Menschen nicht mehr existiert. Staat zahlt unzureichend Durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Erwerbsminderungsrenten am 01.01. 2001 wurden auch die Ansprüche für alle, die vor dem 02. 01. 1961 geboren wurden, um rund 25 % gekürzt. Generell gilt: Die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht ausreichend, um bei Berufsunfähigkeit den Lebensstandard zu halten.Für alle nach dem 01. 01. 1961 Geborenen haben sich die staatlichen Leistungen sogar extrem verschlechtert. Für sie gibt es nur noch eine Erwerbsminderungsrente. Diese zahlt erst, wenn der Betroffene seinen Kopf mehr oder weniger unter dem Arm trägt. So gibt es die volle Erwerbsminderungsrente nur, wenn man täglich weniger als drei Stunden arbeiten kann. Besonders problematisch an der neuen Regelung ist die uneingeschränkte Verweisungsmöglichkeit. Anders als bei den privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen – bei hochwertigen Policen ist die Verweisungsmöglichkeit ausgeschlossen – können die Betroffenen hier auf jede denkbare Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Der erlernte Beruf spielt keine Rolle. Die Leistungen aus der gesetzlichen Versicherung sind in keinem Fall ausreichend, um bei Berufsunfähigkeit den Lebensstandard zu halten. Eine ausreichende private Absicherung ist deshalb unerlässlich. Die vereinbarte Rente sollte 75 % des letzten Nettoeinkommens entsprechen und bis zum Ende des Arbeitslebens halten. Damit wird er aber nochmals deutlich teurer. Dies zeigt eine Stichprobe bei verschiedenen Berufsunfähigkeitsversicherern. So müssen alle heute 43-Jährigen bis 67 Jahre arbeiten, um sich den vollen Rentenanspruch zu sichern. Wollen sie bis zu diesem Termin eine Berufsunfähigkeitsversicherung aufrechterhalten, dann müssen sie je nach Anbieter zwischen 20,5 und 22 % mehr bezahlen. Etwas günstiger kommen jüngere Menschen davon. Hier liegt die Beitragssteigerung in den Beispielrechnungen zwischen 17,5 und 18,6 %. Die gute Botschaft: Jeder Arbeitnehmer in Deutschland kann – vorausgesetzt er ist bei Antragsstellung weitgehend gesund – sich bis zum Rentenalter von 67 Jahren einen privaten Berufsunfähigkeitsschutz erhalten. Das gilt selbst für Risikoberufe, wie Lehrer, Dachdecker, Busfahrer oder Feuerwehrmann. Für bestehenden Berufsunfähigkeitsschutz sieht es hingegen düster aus: Wer seinen Vertrag auf das neue Endalter 67 verlängern möchte, muss sich einer erneuten Gesundheitsprüfung unterziehen. “Haben sich die Risikoverhältnisse des Kunden verschlechtert, versuchen wir im Einzelfall, individuelle Lösungen zu finden”, heißt es bei der Allianz. Für Betroffene bedeutet dies Zuschläge oder Ausschlüsse. Statt teuren oder abgespeckten Schutz hinzunehmen, sollten diese Kunden besser für die zwei letzten Arbeitsjahre privat vorsorgen, beispielsweise mit dem Kauf sicherer Rentenpapiere. Preis wird wichtigerAngesichts der deutlichen Preisanhebungen für Berufsunfähigkeitspolicen gilt der alte Tipp “Es kommt nur auf die Leistung an” so wohl nicht mehr. Die Versicherungspolice muss bezahlbar sein. Daher müssen die Kunden ihren Schutz individuell auswählen. Auch wenn beispielsweise das Softwarehaus Morgen & Morgen in einem Produkt- und Unternehmensrating 94 Berufsunfähigkeitstarifen mit fünf Sternen die höchste Auszeichnung verleiht, können je nach Beruf und persönlichem Anspruch Tarife mit einer geringeren Bewertung, die leistungsschwächer, aber günstiger sind, für manchen Kunden besser geeignet sein. An einem fachkundigen Gespräch kommt der Kunde daher nicht vorbei. Dabei sollte auf das Verhältnis zwischen aktuellem Zahlbetrag und Höchstbetrag geachtet werden. Ob die Überschüsse aus Kosten- und Kalkulationsgewinnen, die als Sofortrabatt mit den Beiträgen verrechnet werden, in Zukunft noch stabil sind, darf angesichts einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die über längere Laufzeiten immer stärker ins Risiko geht, bezweifelt werden. Derzeit liegen die Unterschiede zwischen Höchstbeitrag und aktuellem Zahlbeitrag zwischen rund 70 und 0 %. Möglich, dass die Wahl einer kleineren Differenz sicherer ist. Fallen nämlich die Überschüsse weg, steigt die Prämie. Möglich ist dies bis zum kalkulierten Höchstbeitrag. Diesen sollten Kunden beim Abschluss eines Vertrags daher genau beachten. Wichtig ist die Beratung beim Abschluss auch deshalb, weil es beim Leistungsbezug immer wieder Ärger gibt. “Die private Berufsunfähigkeitsversicherung ist immer noch ganz problematisch”, warnt Knut Höra, Fachanwalt für Versicherungsrecht in der Kanzlei Busse & Höra, Frankfurt. Es gehe immer um die Existenz, wenn der Versicherer beispielsweise behauptet, der Kräfteverfall oder die Krankheit sei noch nicht ausreichend, um die notwendige 50 %-Schwelle zu überschreiten. “Beim Streit um die wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen findet sich oft ein Versicherungsvermittler, der nicht richtig aufgeklärt hat”, sagt Höra. Dann müsse die Versicherung zahlen. Verbraucherschützer empfehlen dringend, die Antragsfragen akribisch genau zu beantworten. So könne man sich davor schützen, dass der Versicherer später, wegen eines Verstoßes gegen die vorvertragliche Anzeigepflicht, die Leistung verweigert.