Recht und Kapitalmarkt

Beteiligung an Übernahmefinanzierungen als Investment

Einstieg in Akquisitionsdarlehen mit unterschiedlichen Strategien - Anleger müssen auf Fallstricke in der Kreditdokumentation achten

Beteiligung an Übernahmefinanzierungen als Investment

Von Tom Oliver Schorling und Clemens Niedner *) Behalten die Volkswirte mit ihrer eher negativen Einschätzung der Entwicklung der deutschen Konjunktur recht, drohen enorme Probleme bezüglich der großvolumigen Akquisitionsdarlehen der vergangenen drei Jahre. Das Volumen der Übernahmefinanzierungen ist in ungeahnte Höhen geklettert. Parallel dazu ist die Belastung der Unternehmen kräftig gestiegen. Es ist wahrscheinlich, dass einige der übernommenen Gesellschaften die Schuldenlast nicht mehr werden tragen können. Eine nachlassende Konjunktur reduziert den Cash-flow, und das steigende Zinsniveau lässt die Belastung aus dem Schuldendienst wachsen. Mit AbschlägenInvestoren wollen von einem solchen Marktumfeld profitieren. Einige Banken haben ihre Übernahmekredite bereits mit deutlichen Abschlägen veräußert. Die Motivation auf Seiten der finanzierenden Banken ist vielfältig. Fast alle Institute sind aufgrund der Abschreibungen an einer Reduzierung der Bilanzpositionen im Kreditgeschäft interessiert. Viele Finanzierungen sind jedoch “auf Kante genäht”. Die Banken rechnen in einer konjunkturellen Schwächephase mit einigen Ausfällen und möchten durch Verkäufe der entsprechenden Darlehensforderungen ihr Risiko reduzieren.Investitionswillige Käufer fragen sich, in welcher Tranchengattung (Senior, Second Lien oder Mezzanine) finanziert werden soll bzw. in welchem Zustand (Distressed Debt oder Performing Loans) sich die Finanzierung befinden soll oder unter welchen Voraussetzungen ein gewisses Maß an Kontrolle erreicht werden kann. So sind derzeit deutliche Abschläge bei der Syndizierung von Kreditforderungen zu beobachten. Bei Senior-Darlehen betragen diese bis zu 20 %, und bei Mezzanine sind die Preise zum Teil ins Bodenlose gefallen. Die Kontrolle wiederum kann z. B. durch eine Blockadestrategie oder durch Druck auf Gläubigergruppen sichergestellt werden. In Akquisitionsfinanzierungen gibt es Gläubigergruppen, die zueinander in einem zeitlichen und in einem vertraglichen Rangverhältnis stehen. Als Fremdkapitalgeber fungieren vorrangig Senior-Banken, diesen nachgeordnet zweitrangige Second-Lien-Gläubiger, die nachrangigen Mezzanine-Gläubiger und schließlich die mit vollständigem Rangrücktritt versehenen Gesellschafter. Unterschiedliche RisikenWährend der Laufzeit der Darlehen werden nur einzelne Tranchen der Senior-Kredite als Annuitätendarlehen getilgt. Second-Lien- und Mezzanine-Kredite werden endfällig zurückgezahlt erst ein bzw. zwei Jahre nach vollständiger Rückführung der Senior-Kredite. Die unterschiedlichen Risiken machen sich in parallel steigenden Zinsmargen bemerkbar. Mezzanine-Gläubigern werden daneben häufig Bezugsrechte an den Geschäftsanteilen eingeräumt. Fällt ein Darlehensnehmer während der Laufzeit aus und kommt es zur Sicherheitenverwertung, so partizipieren die jeweils nachrangigen Gläubiger einer Gruppe nur bei voller Befriedigung aller vorrangigen Gläubigergruppen in Form einer Erlöskaskade.Die Gläubigervereinbarung und der Kreditvertrag regeln das Verhältnis der Gläubiger untereinander. Das generelle Quorum für Beschlüsse der Gläubiger ist in der Regel eine Mehrheit von zwei Dritteln. Beantragt der Darlehensnehmer dagegen die vorzeitige Freigabe von Sicherheiten oder die Anpassung von Finanzkennzahlen, so ist hierfür ein Quorum von 90 % erforderlich, in Einzelfällen sogar eine einstimmige Entscheidung aller Gläubiger. Sind Entscheidungen zu treffen, die nur die vertragliche Position einer Gläubigergruppe betreffen, so ist meist nur die entsprechende Gläubigergruppe stimmberechtigt. Strategie und EinflussSteigt ein Investor in eine bestehende – eventuell angeschlagene – Finanzierung ein, so gibt es unterschiedliche Strategien. Manche erwerben Kreditforderungen nur aus Arbitrage-Gesichtspunkten. Mit der gesicherten Rückzahlung sorgt der Abschlag bereits für einen ordentlichen Gewinn oberhalb der vertraglich vereinbarten Margen.Die aggressivere Gruppe möchte sich durch den Erwerb der Forderungen den größtmöglichen Einfluss auf das Konsortium und den Darlehensnehmer sichern. Dies reicht bis zu einer “Loan to own”-Strategie, mit der der Investor die Übernahme des Unternehmens aus seiner Gläubigerposition heraus anstrebt. Um sich als Investor einen ausreichenden Einfluss zu sichern, ist die Überschreitung der Schwellen von 10 bzw. 33 % ratsam, um sich ein Vetorecht bei den zu erwartenden Verzichtsanfragen (Waiver) zu sichern.Steht ein Verkauf des Unternehmens (Change of Control) an, kann ein mit Vetorecht ausgestatteter Gläubiger den Darlehensnehmer zur vorzeitigen Rückzahlung oder zur Abkehr von seinen Verkaufsplänen zwingen. Dies kann ein scharfes Schwert sein, da der Verzicht auf die vorzeitige Rückzahlung im Fall eines Eignerwechsels oft nur mit einer einstimmigen Entscheidung der Gläubiger ausgesprochen werden kann. Bereits eine kleine Beteiligung an den Krediten gewährt hier ein effektives Vetorecht, da eine Refinanzierung zur Rückzahlung oft unmöglich ist.Vor jeder Investition ist die jeweilige Kreditdokumentation zu prüfen, um eventuelle Hindernisse bei der Umsetzung der Strategie aufzudecken. Einige Finanzierungen der vergangenen zwei Jahre weisen extensive Heilungsrechte der Finanzinvestoren bei Vertragsverletzungen und sogenannte Covenant-Lite-Strukturen auf. Darin sind den Darlehensnehmern erhebliche Erleichterungen in der Erfüllung der Finanzkennzahlen zugestanden worden. Im Fall von wirtschaftlichen Schwierigkeiten kann der Einfluss der Gläubiger auf ein Minimum reduziert werden und die Strategie neuer Investoren erheblich erschwert werden. Unachtsamkeiten in den Vorschriften der Vereinbarungen können den nachrangigen Gläubigern Druckmittel auf die vorrangigen Gläubiger an die Hand geben. Mehr als ArbitrageSo kann bereits der Gläubiger einer relativ kleinen Mezzanine-Kreditforderung z. B. durch Kündigungsandrohungen die Senior-Darlehensgeber zu Verwertungshandlungen zwingen. Gläubigerstruktur und Abstimmungsmodi sind genau zu prüfen. Ist all dies begutachtet und wurde eine entsprechende Strategie entworfen, können Investitionen in Übernahmefinanzierungen neben dem Arbitrage-Effekt noch enorme Vorteile bieten.Die Investoren sin häufig auf notleidende Kredite spezialisiert. Neuerdings kommen Beteiligungsgesellschaften ins Spiel, die durch eine mit Abschlägen erworbene Finanzierung die Erlöse, die sie aus der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung erwarten, erhöhen: das “Debt-Buy-back”. Investoren, die mit dem Darlehensnehmer gesellschaftsrechtlich verbunden sind, werden in aktuellen Transaktionen von den Abstimmungen und der Erlösverteilung im Fall der Verwertung der Sicherheiten vertraglich ausgeschlossen. Banken vermeiden das Risiko, Beteiligungsgesellschaften der eigenen Darlehensnehmer mitspracheberechtigt und gleichrangig ins Konsortium zu holen. Auch Veto-Positionen Es wird insbesondere diskutiert, ob dies Auswirkungen auf die Berechnung der Finanzkennzahlen haben sollte. Sollte nicht veräußernden Gläubigern ein Optionsrecht zum proratarischen Verkauf ihrer Kreditforderungen zustehen oder Finanzinvestoren nur zu pari erwerben können? Im Fall eines Debt-Buy-back wird häufig eine Weiterveräußerung nur an bestehende Gläubiger und an mit dem Finanzinvestor verbundene Unternehmen erlaubt.Die Dokumentationen der vergangenen zwei Jahre enthalten keine derartigen Beschränkungen. Die gesellschaftsrechtlich beteiligten Finanzinvestoren können als neue Gläubiger durchaus Veto-Positionen im Konsortium belegen. Über vorzeitige Rückzahlungen können sie auch ihr Risiko außerordentlich verringern. Der Finanzinvestor partizipiert in einem solchen Fall laut Gläubigervereinbarung als vorrangiger Gläubiger aus der Finanzierung. Diesen Investoren kommt natürlich auch der Arbitrage-Effekt der mit Abschlägen gehandelten Kredite zugute. *) Dr. Tom Oliver Schorling ist Partner, Clemens Niedner Rechtsanwalt bei White & Case.