Recht und Kapitalmarkt

BFH gestattet Umwandlungsmodell

Bewertungswahlrechte bei M & A bestätigt

BFH gestattet Umwandlungsmodell

Von Ingo Kleutgens und Patrick Sinewe *) Mit der Novellierung des Umwandlungsgesetzes und den flankierenden Maßnahmen des Umwandlungssteuergesetzes im Jahre 1995 sollten betriebswirtschaftlich sinnvolle Unternehmensumstrukturierungen innerhalb eines rechtssicheren Rahmens steuerneutral möglich sein. Im Grundsatz blieb die Systematik der Gesetze bis zum heutigen Tag unverändert, sieht man von den punktuellen Änderungen durch den Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren und der Beseitigung ungewollter Umwandlungsmodelle ab. Mit seinem Schreiben aus dem Jahre 1998 hatte das Bundesfinanzministerium das Umwandlungssteuergesetz von 1995 einschränkend ausgelegt. Betroffen waren insbesondere die Bewertungswahlrechte, die das Gesetz den Unternehmen ausdrücklich gestattet hatte. In der Folge wurden Umstrukturierungen in der Unternehmenspraxis gerade unter steuerlichen Gesichtspunkten deutlich erschwert. Dieser Verwaltungspraxis tritt das kürzlich veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs nun entgegen (Urteil vom 19. 10. 2005, Az. 38/04). “Step-up” rechtensEntgegen dem gesetzlichen Wahlrecht zum Buch-, Zwischen- oder Teilwertansatz von übergehenden Wirtschaftsgütern gestattete die Finanzverwaltung in den Fällen des Formwechsels sowie von Verschmelzungs- und Spaltungsfällen grundsätzlich nur den Ansatz des gegenüber dem Teilwert häufig niedrigeren Buchwertes.Zwar ist meistens der Buchwertansatz gewollt, um keine stillen Reserven aufdecken zu müssen und keine Ertragsteuerbelastung auszulösen, in manchen Konstellationen sind aber Gestaltungen erwünscht, bei denen die Wirtschaftsgüter mit einem höheren Wert übertragen werden sollen. Hierdurch wird erreicht, dass das aufnehmende Unternehmen ein erhöhtes Abschreibungspotenzial (sog. Step-up) zur Senkung der zukünftigen Steuerlast erzielt. Im Jahr der Aufstockung der übertragenen Wirtschaftsgüter können in einem bestimmten Umfang bestehende Verlustvorträge der erlöschenden Gesellschaft steuermindernd eingesetzt werden, die nur unter gewissen Voraussetzungen auf die aufnehmende Gesellschaft übergehen können. Dieses Umwandlungsmodell hat der Bundesfinanzhof in dem zitierten Urteil nunmehr bestätigt und dem gesetzlichen Wahlrecht seine volle Geltung verliehen. AnwendungDie Urteilsbegründung lässt darauf schließen, dass das Modell nicht nur auf einen Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft, sondern auch bei Fusionen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften Anwendung finden soll. Somit kann in Fällen des Unternehmenskaufs eine teilweise Abschreibung des Kaufpreises ohne Berücksichtigung eines Geschäfts- und Firmenwertes (Goodwill) erreicht werden, wenn das gekaufte Unternehmen auf die Käufergesellschaft verschmolzen werden soll. Soweit Unternehmen in der Vergangenheit solche Modelle angewendet haben, sind die Urteilsgründe auf alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Sachverhalte anzuwenden. GesetzesentwurfWas zukünftige Umstrukturierungen anbelangt, ist zu beachten, dass im Zusammenhang mit der Umsetzung von EG-Richtlinien das Bundesfinanzministerium derzeit an einem grundlegenden Gesetzesentwurf zum Umwandlungssteuergesetz arbeitet. Hierbei kann es auch zu Änderungen bei den Bewertungswahlrechten kommen. Eine völlige Abschaffung der Bewertungswahlrechte in Form eines Zwangs zur Buchwertverknüpfung ist allerdings nicht zu erwarten. *) Dr. Ingo Kleutgens ist Partner, Dr. Patrick Sinewe Rechtsanwalt und Steuerberater im Frankfurter Büro von Mayer, Brown, Rowe & Maw LLP.