RECHT UND KAPITALMARKT

BGH stärkt Käuferrechte beim Erwerb von GmbH-Anteilen

Gericht schafft Rechtssicherheit für Erwerber - Doch Problemfelder bleiben

BGH stärkt Käuferrechte beim Erwerb von GmbH-Anteilen

Von Henning Löwe *) Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 20. September 2011 (Aktenzeichen II ZB 17/10) die Transaktionssicherheit bei GmbH-Anteilskäufen erhöht. Erwerber müssen nicht mehr befürchten, den bereits gekauften Geschäftsanteil dadurch zu verlieren, dass der Verkäufer den Anteil nochmals an einen gutgläubigen Dritten überträgt.Hintergrund ist der Folgende: Bei den meisten Transaktionen schließen die Parteien den Kaufvertrag, ohne dass der verkaufte Geschäftsanteil sofort auf den Erwerber übertragen wird. Es wird dann vereinbart, dass die Übertragung des Anteils auf den Erwerber von Bedingungen abhängt. Auf diese Weise kann etwa eine kartellrechtliche Genehmigung abgewartet werden. Bei Bedingungseintritt geht der Anteil automatisch über. Unklare RechtslageUrsprünglich war der Erwerber in diesen Fällen ausreichend geschützt. Denn § 161 Abs. 1 BGB ordnet an, dass weitere Übertragungen des Anteils auf Dritte durch den Veräußerer unwirksam sind, sobald die Bedingung eintritt. Mit Änderung des GmbH-Gesetzes im Jahr 2008 wurde die Rechtslage aber unklar. Denn durch den seinerzeit neu eingefügten § 16 Abs. 3 GmbHG wurde die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Geschäftsanteilen geschaffen, d. h., es ist seitdem möglich, dass ein gutgläubiger Käufer einen GmbH-Geschäftsanteil von jemandem erwirbt, dem der Anteil gar nicht gehört.Ziel der Neuregelung im GmbHG war, Unternehmenskäufe zu erleichtern. Denn bisher ist es bei dem Erwerb von GmbH-Anteilen üblich, dass der Erwerber sich die Historie der Geschäftsanteile genau ansieht (“Due Diligence”), um sicherzugehen, dass sie dem Veräußerer wirklich gehören. Diese aufwendige Prüfung sollte durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs abgekürzt werden. Die Änderung führte aber zu Unsicherheit, weil sie überwiegend so verstanden wurde, dass sie dem § 161 Abs. 1 BGB vorgeht. Der Erwerber musste also befürchten, den Anteil an einen Dritten zu verlieren, wenn ihn der Verkäufer in der Schwebezeit bis zum Bedingungseintritt ein weiteres Mal veräußerte und der Dritte gutgläubig war, d. h. von der vorangegangenen bedingten Übertragung nicht wusste. Teure LösungenZur Minimierung dieses Risikos hatte die Beratungspraxis verschiedene Lösungen entwickelt, die aber allesamt zeit- und kostenintensiv waren und deren Anwendbarkeit nicht sichergestellt war, vor allem weil viele Handelsregister die erforderliche Mitwirkung verweigerten.Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Regeln über den gutgläubigen Erwerb von GmbH-Anteilen auf die Fälle der aufschiebend bedingten Übertragung nicht anwendbar sind. Die Entscheidung ist rundherum zu begrüßen, denn sie schafft Rechtssicherheit für den Erwerber und spart den Parteien Zeit und Geld bei Unternehmenskäufen. Der Erwerber, der einen GmbH-Anteil aufschiebend bedingt erwirbt, muss nicht mehr befürchten, dass ein Dritter diesen Anteil erwerben kann. Sämtliche Schutzmechanismen gegen die Gefahr des Verlustes des Anteils an einen gutgläubigen Dritten in der Schwebezeit, wie sie nach Einführung des § 16 Abs. 3 GmbHG diskutiert wurden, sind jetzt überflüssig. Getrübte FreudeUnd noch einen positiven Aspekt enthält die BGH-Entscheidung. Die Richter haben bekräftigt, dass die Geschäftsführer in der Ausgestaltung der Gesellschafterliste, die sie zum Handelsregister einreichen müssen, einen Spielraum haben, solange sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Damit werden hoffentlich die Beanstandungen der Handelsregister weniger werden, und es können insoweit auch Zeit und Kosten gespart werden.Aber die Freude ist getrübt, denn es bleiben viele Problemfelder, die bei GmbH-Anteilskäufen beachtet werden müssen und die auch in Zukunft einer gründlichen Prüfung und eingehenden Beratung bedürfen. Nach herrschender Ansicht ist z. B. der gutgläubig lastenfreie Erwerb von Geschäftsanteilen nicht möglich, ebenso wenig wie der Erwerb eines Geschäftsanteils, der niemals zur Entstehung gelangt ist. Die sorgfältige Überprüfung der Historie des zu erwerbenden Anteils ist daher auch in Zukunft dringend angezeigt. Das gesetzgeberische Ziel, die Parteien von GmbH-Anteilsverkäufen von dieser langwierigen Prüfung der Anteile zu befreien, ist mit der derzeitigen Regelung also trotz der begrüßenswerten Entscheidung des BGH nach wie vor nicht erreicht.—-*) Dr. Henning Löwe ist Rechtsanwalt und Counsel im Hamburger Büro von Hogan Lovells.