Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Michael Schlitt

Block Trades im Verbund mit Anleihen attraktiv für Investoren

Platzierung größerer Aktienpakete in kurzer Zeit wird erleichtert

Block Trades im Verbund mit Anleihen attraktiv für Investoren

– Herr Dr. Schlitt, gerade in der letzten Zeit ist zu beobachten gewesen, dass Unternehmen Investmentbanken mit dem Verkauf größerer Pakete börsennotierter Aktien beauftragt haben. Wie erfolgt der Verkauf solcher Beteiligungen? Wegen möglicher negativer Marktreaktionen ist es erforderlich, Aktienpakete börsennotierter Gesellschaften möglichst schnell am Markt zu platzieren. Im Zuge eines sog. beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens können auch größere Aktienblöcke schnell an eine Vielzahl institutioneller Investoren verkauft werden. Block Trades ermöglichen eine schnelle und attraktive Monetisierung größerer Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften. Denn da die Aktien nur institutionellen Investoren angeboten werden, kann die Platzierung ohne Prospekterfordernis bei gleichzeitiger Reduzierung des Risikos einer nachteiligen Beeinflussung des Börsenkurses erfolgen. – Die Veräußerung von Aktienpaketen läuft aber doch häufig nicht ausschließlich im Zuge eines Block Trade. Welche Transaktionsstrukturen sind in der Praxis anzutreffen?In der jüngeren Vergangenheit wird zunehmend von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Block Trades nicht mehr nur als reine Veräußerung von Aktien zu strukturieren, sondern sie mit Transaktionen mit einem aktienverwandten Produkt (“equity-linked product”) zu kombinieren. Denkbar ist etwa, dass es neben dem Verkauf von Aktien zur Emission einer Umtauschanleihe kommt. Häufig sehen die Anleihebedingungen der Umtauschanleihe eine Pflicht des Anleihegläubigers zum Umtausch vor. Im Falle einer solchen Pflichtumtauschanleihe kann man wirtschaftlich von einem gestreckten Verkauf der Aktien sprechen. – Was sind die Gründe für eine solche Kombination?Investmentbanken und Emittenten versprechen sich von diesem Vorgehen, eine breitere Investorenbasis zu erreichen. Die Unterbringung auch größerer Aktienpakete in kurzer Zeit wird merklich erleichtert, wenn sowohl auf Aktien fokussierte Anleger als auch an Wandel- und Umtauschanleihen interessierte Investoren angesprochen werden können. Eine Platzierung an Privatanleger kommt grundsätzlich nicht in Frage, da es andernfalls eines Prospekts bedürfte. – Würde die Gesellschaft mit dem Verkauf der Aktien warten, könnte sie an möglichen Kurssteigerungen partizipieren. Wird dieser Aspekt bei der Emission einer Pflichtumtauschanleihe von Emittenten nicht als nachteilig empfunden?Grundsätzlich nein. Die Struktur von Pflichtumtauschanleihen ermöglicht es Emittenten gerade, zumindest teilweise an einem zukünftigen Kursanstieg der Aktien zu partizipieren. Denn die Anleihebedingungen sehen in der Regel ein variables, kursabhängiges Umtauschverhältnis vor. Der Emittent profitiert daher innerhalb einer gewissen Bandbreite von steigenden Kursen, weil er beim Umtausch weniger Aktien an die Anleihegläubiger liefern muss und die übrigen Aktien im Markt veräußern und den Erlös behalten kann. – Wer wäre Emittent der Umtauschanleihe? Das kann zum einen die veräußernde Gesellschaft selbst sein. Will sich die Gesellschaft von ihrer Beteiligung, etwa aus bilanziellen Gründen, sofort trennen, kann die Emission der Anleihe aber auch durch eine sog. Zweckgesellschaft (sog. “special purpose vehicle”) erfolgen, die nicht zur Unternehmensgruppe des Emittenten gehört. In diesem Fall würde die Gesellschaft die Aktien zunächst an die Zweckgesellschaft verkaufen. – Aber entgeht der veräußernden Gesellschaft dann nicht der Vorteil eines möglichen Kursanstiegs?Nicht notwendigerweise. Um teilweise von einem möglichen Kursanstieg profitieren zu können, kann die Gesellschaft mit der Zweckgesellschaft auch ein sog. Call Spread Agreement abschließen, das rechtlich in unterschiedlicher Weise ausgestaltet werden kann. Auf diese Weise lassen sich wirtschaftlich ähnliche Ergebnisse erreichen. – Lassen sich diese Vorteile auch bei der Emission von Wandelschuldverschreibungen erreichen? Grundsätzlich ja. Auch Wandelschuldverschreibungen können als Pflichtwandelanleihen ausgestaltet werden. Anders als bei Umtauschanleihen begibt der Emittent dann aber eigene, zumeist neue Aktien. Wandelschuldverschreibungen sind damit eine reines Finanzierungs- und kein Desinvestitionsinstrument.*) Dr. Michael Schlitt ist Partner der internationalen Anwaltsgesellschaft Allen & Overy LLP und Lehrbeauftragter an der Universität zu Köln.Die Fragen stellte Walther Becker.