RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MARTIN KRAUSE

Bond-Rückkäufe sollten frühzeitig vorbereitet werden

Zahlreiche rechtliche Vorgaben - Alternativen möglich

Bond-Rückkäufe sollten frühzeitig vorbereitet werden

– Herr Dr. Krause, was ist beim Rückkauf von Bonds aus rechtlicher Sicht zu beachten?Beim Rückkauf von Schuldverschreibungen sind verschiedene rechtliche Aspekte des Aufsichtsrechts, des Gesellschaftsrechts sowie auch vertragliche Aspekte zu berücksichtigen. Im Falle der Zulassung des Emittenten der Anleihe zu einem organisierten Markt müssen Insiderhandelsverbote, unter Umständen die Ad-hoc-Publizität, das Marktmanipulationsverbot und nicht zuletzt die wertpapierhandelsrechtliche Gleichbehandlung beachtet werden.- Geht es nicht auch ums Kleingedruckte?Ja, es kommt auf den konkreten Inhalt der Anleihebedingungen an, welche nach dem reformierten Schuldverschreibungsgesetz gegebenenfalls durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger nachträglich in einer Reihe von Punkten geändert werden können. Nicht selten haben sich Emittenten von Schuldverschreibungen Gläubigern gegenüber verpflichtet (Borrower Covenants), andere Gläubiger nicht bevorzugt zu behandeln, beispielsweise diesen nicht einseitig Sicherheit zu leisten (Negative-Pledge-Klauseln) oder Tilgungen vorzunehmen. Dann können auch vertragliche Beschränkungen des Rückerwerbs von Anleihen bestehen, da der Rückerwerb eine Schuldentilgung gegenüber dem Anleiheinhaber darstellt und diesen gegebenenfalls gegenüber anderen Gläubigern bevorzugt.- Was kann den Rückkauf behindern?Insbesondere die vorgenannte wertpapierhandelsrechtliche Gleichbehandlungspflicht kann ein Rückkaufprogramm administrativ sehr aufwendig machen. Noch häufiger führen in der Praxis aber die Verpflichtungen gegenüber anderen Gläubigern dazu, dass ein Anleihenrückerwerb praktisch scheitert. Schließlich muss auch eine etwaige Steuerbelastung einkalkuliert werden, wenn Anleihen unter ihrem Emissionsbetrag zurückgekauft werden. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Phasen, in denen im Rahmen von Umschuldungen Schulden unter dem Nennwert zurückgekauft werden, kommt zu dem Mittelabfluss an die Gläubiger eine Steuerbelastung hinzu. Ob die Voraussetzungen des Sanierungserlasses greifen, ist dann eingehend zu prüfen.- Wie sollte ein Rückerwerb strukturiert werden?Nach der unternehmerischen Entscheidung sind im ersten Schritt die rechtlichen Grundlagen zu prüfen. Am zweckmäßigsten dürfte das Tenderverfahren sein. Für das öffentliche Angebot ist eine Angebotsunterlage erforderlich. Die erworbenen Anleihen werden dann zunächst beim Unternehmen aktiviert und später eingezogen. Häufig wird der Rückerwerb mit der Ausgabe neuer Schuldverschreibungen im Rahmen einer Umschuldung kombiniert.- Können Unternehmen bei der Ausgabe einer Anleihe Vorkehrungen treffen, um einen späteren Rückkauf zu erleichtern?Um die genannten rechtlichen Beschränkungen in den Griff zu bekommen, sollte die Emission gleich durch eine spezielle Emissionsgesellschaft und gegebenenfalls in einer Jurisdiktion mit entsprechend flexiblem Wertpapierhandels-, Gesellschafts- und Steuerrecht erfolgen. Auf diese Weise kann ein späteres Rückkaufprogramm ausschließlich von betriebswirtschaftlichen Erfordernissen abhängig gemacht werden.- Gibt es Alternativen zum Bondrückkauf?Wenn ein tatsächlicher Bondrückkauf an den rechtlichen Voraussetzungen scheitert, ist vor allem ein synthetischer Rückkauf oder eine Investition in die eigene Bonität zu erwägen. Im Kern wird beim synthetischen Rückkauf mit einem Dritten ein Austauschvertrag (Total Return Swap) abgeschlossen, unter welchem dieser Zahlungen wie ein Anleiheinhaber und das rückkaufwillige Unternehmen eine Zahlung wie den Ankaufpreis zu leisten hat. Möglich ist auch, dass das rückkaufwillige Unternehmen in Anleihen investiert, die auf sein eigenes Kreditrisiko referenzieren. In beiden Fällen ist eine potenzielle Abwärtsspirale im Auge zu behalten, da bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation zugleich die Vermögensgegenstände in Mitleidenschaft gezogen werden, was die Abwärtsbewegung beschleunigt.—-Dr. Martin Krause ist Partner im Frankfurter Büro von Norton Rose. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.