Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Benedikt von Schorlemer

Brüssel macht bei Neuregelung des Rahmens für Private Equity Dampf

Nach MoRaKG-Entscheidung - Koalition will Bedingungen attraktiver machen

Brüssel macht bei Neuregelung des Rahmens für Private Equity Dampf

Die EU-Kommission fordert Nachbesserungen am deutschen Wagniskapitalgesetz, weil sie einzelne Passagen des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) für nicht vereinbar mit dem EU-Vertrag hält. Im Koalitionsvertrag bekennt sich die neue Regierung zur Schaffung eines einheitlichen und attraktiven Wagniskapitalmarktes.- Herr Dr. von Schorlemer, was sind zurzeit die wesentlichen steuerlichen und rechtlichen Hindernisse für Private Equity hierzulande?Anders als für bestimmte Investment- und Immobiliengesellschaften existiert für Private Equity in Deutschland kein einheitliches Regelwerk. Insbesondere die einkommensteuerrechtliche Einordnung der Fondsaktivitäten als vermögensverwaltend und damit nichtgewerblich ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht rechtssicher gewährleistet. Um den Standort für Private Equity, vor allem für ausländische Investoren, attraktiv zu machen, ist diese Einordnung und damit die Gewährleistung steuerlicher Transparenz jedoch erforderlich. Nur so wird sichergestellt, dass nicht der Fonds selbst besteuert wird, sondern nur dessen Anleger und somit das Risiko einer Doppelbesteuerung für ausländische Investoren entfällt.- Da kommt das MoRaKG ins Spiel.Ja, für Wagniskapitalgesellschaften hatte der Gesetzgeber mit dem MoRaKG versucht, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Brüssel hält das Gesetz jedoch in Teilen für unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt, da einige der von der Regelung erfassten Wagniskapitalgesellschaften bevorzugt würden und das Gesetz die Nutzung von Verlustvorträgen nur selektiv gewähre. Zudem äußerte die Kommission Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des MoRaKG mit der Niederlassungsfreiheit, da Steuerbefreiungen und -vergünstigungen allein Gesellschaften mit Sitz in Deutschland zugute kämen.- Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) hat die Entwicklung unlängst kritisch bewertet und seinerseits Vorschläge unterbreitet. Was ist davon zu halten?Die Vorschläge des BVK setzen an dessen Bedeutung als besonderem Segment des Kapitalmarktes an. Er fordert deshalb ein selbständiges Kapitalmarktgesetz bzw. die Fortentwicklung bestehender Gesetze hin zu einem umfassenden einheitlichen Regelungsrahmen für Private Equity in Deutschland. Auch mit Blick auf die Kritik an einer vermeintlich nicht nachhaltigen Anlagestrategie von Private-Equity-Gesellschaften erscheint neben der geforderten Transparenz für Anlagetätigkeiten der Managementgesellschaften durch einheitliche Berichterstattung und Bewertungsgrundsätze auch der Vorschlag zu branchenspezifischen Corporate-Governance-Regeln sinnvoll. Gleiches gilt für die Bündelung von Überwachungs- und Sanktionsmöglichkeiten in der Zuständigkeit einer Aufsichtsbehörde. Zu vermeiden ist aber, dass bei vergleichsweise geringem Investitionsvolumen der gleich bleibende Betreuungsaufwand ein Investment in den Mittelstand unattraktiv werden ließe. Insoweit besteht Klärungsbedarf.- Ist damit ein Mehr an Regulierung angezeigt?In meinen Augen geht es weniger um ein Mehr an Regulierung als vielmehr um die Schaffung eines einheitlichen, klaren Rechtsrahmens. Die Interessen bewegen sich dabei im Spannungsfeld zwischen der Ausstattung von Unternehmen mit Eigenkapital, der Steigerung der Attraktivität deutscher Fondsstrukturen für ausländische Investoren sowie Harmonisierung des Rechtsrahmens mit internationalem Recht. Letzteres ist auch mit Blick auf die bevorstehende Umsetzung der künftigen Richtlinie zu den Managern alternativer Investmentfonds der EU angezeigt.- Welche Anstöße des Gesetzgebers sind zu erwarten?Gerade vor dem Hintergrund der ablehnenden Entscheidung der EU-Kommission gewinnt die Diskussion um eine Neuregelung der Rahmenbedingungen für die gesamte Private- Equity-Branche – und nicht nur für Wagniskapitalgesellschaften – wieder an Brisanz. Zudem werden im Koalitionsvertrag die Stärkung des Marktes für Beteiligungsunternehmen und die Schaffung eines einheitlichen und attraktiven Wagniskapitalmarktes als Ziel formuliert. Damit ist angedeutet, dass die Mehrheit im neu gewählten Bundestag die europäischen Vorgaben zum Anlass nimmt, den ganzen Private-Equity-Sektor einer einheitlichen Neuregelung zu unterziehen und zu stärken.—-Dr. Benedikt von Schorlemer ist Partner von Dewey & LeBoeuf. Die Fragen stellte Walther Becker.