Immobilien

Bundeseigene Vivico macht sich schön für den Verkauf

Im Zentrum steht Mehrwert durch Entwicklung von Konversionsflächen - Gespräch mit Geschäftsführer Dirk Grosse-Wördemann

Bundeseigene Vivico macht sich schön für den Verkauf

Von Christoph Ruhkamp, FrankfurtDie bundeseigene Immobiliengesellschaft Vivico Real Estate wird privatisiert. “Der Bund hat dazu bereits Sal. Oppenheim als Berater eingeschaltet”, sagt Geschäftsführer Dirk Grosse-Wördemann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Derzeit mache die Kölner Privatbank eine Bestandsaufnahme und bereite für den Eigentümer verschiedene Verkaufsszenarien vor. Erst danach treffe der Bund eine Entscheidung, in welcher Form und in welchem Zeitraum die nächsten Schritte in Angriff genommen werden, so Grosse-Wördemann. Im Umkreis der BahnhöfeVivico, deren Hauptsitz Frankfurt ist, befasst sich mit Konversionsflächen im gesamten Bundesgebiet, die meist im Umkreis von Bahnhöfen gelegen sind – insbesondere in Berlin, Frankfurt, Köln und München. Vor neun Jahren war sie als eine reine Verwertungsgesellschaft unter dem Namen “Eisenbahn Immobilien Management” angetreten, die nur Brachflächen verkaufte, ohne weitergehende Wertschöpfung zu betreiben. “Das haben wir geändert”, sagt Grosse-Wördemann.Seit vier Jahren betreibt die Vivico unter ihrem neuen Namen auch Projektentwicklung, Objektmanagement und Vermarktung. Im Unterschied zu einer reinen Verwertungsgesellschaft gehören auch Investment- und Portfoliomanagement zum Geschäft: “Der Hauptaspekt dabei ist, dass wir versuchen, den Anteil an Konversionsflächen zu wandeln in Cash-flow produzierende Immobilien”, sagt der Vivico-Chef.Das Portfolio besteht aus 218 Grundstücken, die von 150 Mitarbeitern betreut werden. Die Konversionsflächen sind größtenteils Bahnliegenschaften größeren Ausmaßes. Ein Beispiel ist das Frankfurter Europaviertel, also der ehemalige Güterbahnhof – ein Gelände von fast 200 000 Quadratmetern, von der Emser Brücke bis zur Friedrich-Ebert-Anlage. Auch in München gehören zum Vivico-Portfolio ehemalige zentrale Bahnflächen. Das Gebiet erstreckt sich über Hauptbahnhof, Leimen und Pasing mit rund 50 Hektar und gehört jeweils zur Hälfte Vivico und Aurelis.In Berlin befindet sich der ehemalige Containerbahnhof in einer der ersten Entwicklungsphasen – ebenfalls ein innerstädtisch gelegenes Gebiet mit rund 200 000 Quadratmetern Grundfläche. Auf dem Gelände des Arnulfparks in München entsteht ein Quartier, das unter Führung und auch mit Investitionen der Vivico entwickelt und umgesetzt wird. Hinzu kommt in Berlin das Lehrter Stadtquartier, also das gesamte Gelände um den Lehrter Bahnhof herum. In Köln bearbeitet Vivico ein Areal am Hauptbahnhof, das sich “Rheintriadem” nennt, ein Gebäude-Ensemble am Konrad-Adenauer-Ufer.Nach Ansicht Grosse-Wördemanns gibt es in Deutschland ansonsten keine vergleichbaren Konversionsflächen – “sowohl von der Qualität als auch von der Größe her”. Deswegen sei die Aufgabe der Vivico “einzigartig” unter dem Aspekt, dass man solche Flächen schwer en bloc verkaufen könne. “Wir müssen nicht nur städtebaulich, sondern auch wirtschaftlich Szenarien abbilden, die dann vom Markt aufgenommen werden”, sagt Grosse-Wördemann. Vivico habe die Aufgabe, nicht nur einen reinen Abverkauf zu tätigen, sondern durch eigene Arbeit die Flächen wertvoll zu machen im Sinne einer Vermögensbildung und von Cash-flow-Generierung.Die Zusammensetzung aus Nutzungsarten ist im Vivico-Portfolio breit gestreut. Außerdem gleichen sich regionale Marktrisiken – Berlin entwickelt sich anders als Frankfurt – teilweise aus. “Wir können durch die Lage der Immobilien auf die Entwicklungen Rücksicht nehmen und neben regionalen Risiken auch Produktrisiken ausgleichen. Unsere Gestaltung der Quartiere folgt der aktuellen Nachfragesituation”, sagt Grosse-Wördemann. Das heißt etwa in München, dass die Vivico beim Arnulfpark einen sehr großen Wohnanteil im Quartier konzipierte. Das spielt für die Wertschöpfung eine besondere Rolle, weil es in München eine höhere Nachfrage nach Wohnungen gibt als in Berlin.Grosse-Wördemann rechnet indes für Büroflächen nicht nur kurzfristig in Form eines normalen Zyklus, sondern auch längerfristig mit einem gesättigten Markt: “Das heißt, wir reden nicht von Wachstum, sondern es gibt einen Verdrängungswettbewerb.” Kunden bindenBei der Umsetzung von Büroprojekten könne die Vivico deshalb nur dann erfolgreich sein, wenn es gelinge, Kunden zu binden, das sei der Hauptaspekt. Bei der Nutzungsidee für die Quartiere legt Vivico deshalb viel Wert darauf, dass sich die Produkte bei der Ausgestaltung – also von der vertraglichen Seite bis hin zu Mieterstrukturen in einem Haus – von denen der Wettbewerber abheben. “Das versuchen wir dadurch zu erreichen, dass wir uns bei den bestehenden Kunden Gedanken machen, wie sich deren Geschäfte entwickeln, und bei zu gewinnenden Kunden vorausschauen, das Geschäftsmodell des Kunden zu verstehen versuchen und das dann übersetzen in die Immobilie”, sagt Grosse-Wördemann.Es geht darum, das Geschäft der Mieter möglichst gut zu verstehen: Wie werden etwa Rechtsanwaltskanzleien zukünftig ihr Geschäft machen, je nach Ausrichtung? Wenn sie im M & A-Geschäft oder bei Schadenersatzklagen aktiv sind, welche Art von Rechtsanwalt brauchen sie? Wie wird dieser arbeiten und wie Vivico für das Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem sich dessen Mitarbeiter wohl fühlen? Die Antworten fließen neben den “normalen” harten Faktoren, die ohnehin stimmen müssen, in die Immobilienentwicklung ein.”Wir beschäftigen uns heute also nicht damit, dass das Haus im Sommer kalt und im Winter warm ist – das müssen Sie ohnehin beherrschen -, sondern wir überlegen uns in der Tat, was für ein Geschäftsmodell unser Kunde fährt und wie wir ihn dabei begleiten können”, so der Vivico-Chef. Auch die Kompetenz der Mitarbeiter werde darauf ausgerichtet.Bei der Entwicklung der Immobilien kennt die Vivico also die Zielgruppe mit ihren Eigenarten schon sehr genau. Beispiel Köln: Dort baut Vivico eine Büroimmobilie, die sie als Investor im eigenen Portfolio behält. Als einer der größten Kunden zieht dort der Unternehmensberater Pricewaterhouse Coopers ein.”Wir haben in einem Wettbewerb von 20 Immobilien gewonnen. PwC hat sich für uns entschieden, weil wir als einer von wenigen in der Lage waren, zu verstehen, wie sich das Geschäft eines Wirtschaftsprüfers in Zukunft entwickeln wird”, sagt Grosse-Wördemann. Vivico unterstütze PwC beim Anbieten zahlreicher Service-Leistungen – vom Bank-Service bis zu Kommunikationsplattformen. All dies fließe in das Immobilienmodell ein, um zu zeigen, dass man das Geschäftsmodell des Mieters verstanden habe.Insgesamt hat Vivico im Portfolio zwei Drittel Vorratsflächen und ein Drittel fertig entwickelte Flächen. “Wir haben also zwei Drittel Immobilien, die Geld brauchen, und ein Drittel, die Geld produzieren”, fasst Grosse-Wördemann zusammen. Die Entwicklung von Konversionsflächen binde zunächst einmal Kapital, etwa für die Baurechtschaffung. Die Bewältigung von “Altlasten” – bei Bahn-Immobilien sind dies Technik, Gleise, Schienen und Ähnliches – erfordere zunächst Mittel, die Vivico aufbringen müsse, um überhaupt in den Genuss eines Baurechts zu kommen.