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BVV legt Gelder internationaler an

Nach Hellas-Haircut "fließt das Geld raus aus dem Euroraum" - Größte Pensionskasse verweigert sich auch Deutschland-Anleihen

BVV legt Gelder internationaler an

Der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes investiert seine jährlich rund 1 Mrd. Euro neu anzulegenden Gelder in immer größerem Umfang in Schwellenländer und Fernost. “Wir nehmen bewusst mehr Risiken in die Bücher”, räumt Rainer Jakubowski ein, der Finanzverantwortliche der überbetrieblichen Pensionskasse für die private Kreditwirtschaft.Von Ulli Gericke, BerlinDie Griechenland-Erfahrung einerseits und die vollkommen ungenügenden Renditen sicherer Euro-Anleihen andererseits treiben den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes in die weite Welt. “Das Geld fließt raus aus dem Euroraum”, konstatiert der kaufmännische Vorstand Rainer Jakubowski im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Wir nehmen bewusst mehr Risiken in die Bücher”, räumt der Finanzverantwortliche der überbetrieblichen Pensionskasse für die private Kreditwirtschaft ein – nicht ohne zu betonen, dass auch das Risikomanagementsystem ausgebaut worden sei. Zudem nennt Jakubowski eine lange Liste von Vorteilen in Emerging Markets: Dort gebe es höheres Wachstum, eine junge Bevölkerung und jede Menge Potenzial sowie deutlich weniger Schulden, dafür oftmals hohe Währungsreserven – in einem Wort: “Zukunftspotenzial – Anlagen dort sind vielleicht volatiler, aber nicht riskanter”. Und verglichen mit Griechenland seien die früheren Haircuts in Argentinien oder Russland “weniger furchtbar” gewesen, erinnert der Finanzchef. Entsprechend hat der BVV als Deutschlands größte Pensionskasse sein Engagement auf anderen Kontinenten merklich ausgebaut. Während die Investments in Euro-Anleihen stetig zurückgedreht werden, kamen allein im vergangenen Jahr zwei Aktienmandate für Lateinamerika-Investments und ein Emerging-Market-Debt-Fonds (mit einem Volumen von knapp 300 Mill. Euro) neu hinzu – womit sich die Zahl der Manager, die spezialisierte Fonds im Auftrag und unter Kontrolle des BVV verwalten, auf rund 30 erhöht habe.Umgekehrt kaufe der BVV faktisch keine Euro-Staatsanleihen mehr. “Griechenland steckt mir in den Knochen”, begründet Jakubowski sein Nein. Und deutsche Bonds seien bei einer Rendite von aktuell unter 1,7 % rund 3 Prozentpunkte entfernt vom eigenen Renditeziel. “Bei unserer Verschuldung und dem demografischen Problem ist 1,7 % nicht gerechtfertigt”, weist der Finanzverantwortliche ein anhaltendes Deutschland-Engagement strikt zurück. Stattdessen seien im Vorjahr europäische Unternehmens- oder Bankanleihen, in die 235 Mill. Euro flossen, “ein schönes Thema” gewesen. Etwa die doppelte Summe sei in Euro-Pfandbriefe investiert worden. “Es schlägt aufs Gemüt”Trotz mehr als ausreichender Renditen verweigerte sich Jakubowski auch neuen Anleihen aus PIIGS-Staaten, also Bonds aus Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien. Schon aus optischen Gründen könne man nicht mehr in diesen Ländern zukaufen, sagte der Finanzverantwortliche im Anschluss an die Bilanzsitzung des BVV-Aufsichtsrats. Umgekehrt wurde jede Möglichkeit wahrgenommen, sich von Anleihen aus diesen Staaten zu trennen. Während der Versicherungsverein zum Jahresultimo 2011 noch Spanien-, Italien- und Irland-Bonds im Nominalwert von 801 Mill. Euro in den Büchern hatte, sei diese Summe mittlerweile auf knapp 690 Mill. geschrumpft.Nach guten Anlagemöglichkeiten zu Jahresbeginn 2012 bunkert der BVV zurzeit lieber seine Liquidität, als dass sie in unrentierliche Investments fließt. “Es schlägt aufs Gemüt, wenn einem nichts Gescheites einfällt”, beichtet Jakubowski – “aber es kommt immer eine Chance.” Große Hoffnungen setzt der Finanzchef auf Finanzierungen, egal ob Immobilien oder für Infrastrukturprojekte. Dieses neues Geschäftsfeld öffne sich, weil Banken zunehmend ein Eigenkapitalproblem hätten. Zudem entspreche eine langlaufende Finanzierung der langen Duration von Pensionskassen – “das passt zu uns wie die Faust aufs Auge”.Darüber hinaus sei die Finanzierung einer Immobilie sicherer als die gleiche Immobilien im Eigenbesitz. Da der BVV allerdings weder Expertise bei der Bonitätsprüfung und Finanzierung noch bei der Verwaltung von Häusern habe, suchen die Berliner Partner – Banken beispielsweise oder Fondsanbieter. Weil die Nachfrage nach Finanzierungen riesig sei, sei das noch neue Geschäft “endlos strapazierbar”, ist sich Jakubowski sicher.Daneben will der BVV sein Immobilienengagement ausbauen. Sind aktuell gut 6 % der Gelder in Betongold investiert, liege die strategische Quote bei 8 %. Im Vorjahr spielten deutsche Wohnimmobilien – beispielsweise in München – eine große Rolle bei Neuanlagen. Allerdings “geht der Markt momentan in eine Richtung, die mir nicht mehr behagt”, zeigt sich Jakubowski zunehmend zurückhaltend.Ebenfalls “nicht so bullish” ist der Pensionsverein zurzeit bei Rohstoffen, wo das Investment nicht über das aktuelle Maß von knapp 1 % des gesamten Anlagevolumens von 22,48 Mrd. Euro ausgebaut werden soll. Dagegen sollen die zuletzt leicht rückläufigen Private-Equity-Anlagen kontinuierlich auf bis zu 3 % aufgestockt werden. Auch das Gewicht von Aktien will der Finanzfachmann wieder vergrößern – ist hier jedoch von Stresstest-Kriterien der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abhängig, die ihm “leider” als Zielgröße nur 5 % zugestehen will. Dabei hätten die Berliner im schwachen Aktienjahr 2011, als der Dax um knapp 15 % wegsackte, mit ihrem Engagement knapp 3 % im Plus gelegen, versichert Jakubowski. Gefahr durch Solvency IISollte Solvency II für Pensionskassen genauso gelten wie für Versicherer, sei die betriebliche Altersvorsorge “mausetot”. Die differierenden Laufzeiten zwischen Aktiv- und Passivseite sowie die niedrigen Zinsen würden nach den künftigen Regeln immenses Eigenkapital erfordern. Obwohl Jakubowski durchaus Entwarnungssignale wahrnimmt, traut er den Politikern nach den vielen (später gebrochenen) Griechenland-Versprechungen nicht mehr. Vielmehr stimmt ihn hoffnungsfroh, dass sich die Altersversicherer aus Großbritannien, den Niederlanden, Irlands und Deutschlands, die zusammen etwa 90 % des europäischen Markts repräsentieren, zusammengetan haben, um sich zu wehren – “weil es um ihre Existenz geht”.