Carmignac muss kämpfen
Lange Zeit galt er als Wunderkind in der Branche. EdouardCarmignac, der Gründer derfranzösischen Fondsboutique Carmignac Gestion, konnte selbst im Fonds-Krisenjahr 2008 sein verwaltetes Vermögen konstant halten. Danach legte die Gesellschaft den Turbo ein und zog bewundernde Blicke auf sich. Doch jetzt ist der Lack ab. Was ist passiert?Von Julia Roebke, ParisInnovationskraft, Teamarbeit und Produkte, die keiner ausufernden Erklärung bedürfen – dafür steht nach Aussage von Edouard Carmignac seine Fondsboutique. “Und an was erinnert Sie das? Natürlich an Apple”, fügt der Unternehmensgründer nonchalant an, als er sich auf der jährlichen Pressekonferenz in Paris den Fragen der Journalisten stellt.Doch während der Lifestyle-Konzern aus Kalifornien erst vor wenigen Tagen selbst die optimistischsten Prognosen schlagen konnte und das Vorjahresergebnis im vierten Quartal mehr als verdoppelte, sprechen die Zahlen bei Carmignac eine andere Sprache. Erstmals seit Gründung der Boutique 1989 musste die Gesellschaft 2011 einen starken Einbruch bei den Assets under Management vermelden. Nachdem die Anleger der Gesellschaft 2009 (+ 15 Mrd. Euro) und 2010 (+ 16 Mrd. Euro) die Gelder schon nahezu aufdrängten, zogen sie 2011 netto 6 Mrd. Euro ab. Hinzu kommen Wertverluste bei den verwalteten Vermögen. Die Assets sackten auf diesem Wege um mehr als 9 Mrd. auf knapp 46 Mrd. Euro zum Jahresende ab (siehe Grafik).”Das vergangene Jahr war ein schwieriges für die gesamte Branche”, so Carmignac. Doch die eigenen Abflüsse seien kein Grund zur Besorgnis, betont der 64-Jährige. “Einige unserer Fonds haben nicht so performt, wie sie sollten, doch das wird auch wieder anders werden”, gibt er sich zuversichtlich. Viel lieber spricht Carmignac über seinen neuesten Fonds, ein weiteres Kind der Patrimoine-Reihe, das Ende März 2011 das Licht der Welt erblickte. Der “Emerging Patrimoine” ist ein diversifizierender Schwellenländer-Mischfonds und hat im ersten Jahr 54 Mill. Euro eingesammelt. Schwacher StartDoch was ist 2011 genau passiert, was hat die Anleger dazu gebracht, der Gesellschaft zumindest zum Teil das Vertrauen zu entziehen? “Etwa 80 % der gesamten Mittelabflüsse 2011 mussten wir im ersten Halbjahr verbuchen”, erläutert Eric Le Coz, stellvertretender Generaldirektor. Als Grund nennt er eine leichte Underperformance im Jahr 2010 und einen schwierigen Start 2011.Die Gesellschaft hatte schon sehr früh im Jahr 2011 auf einen fallenden Euro gewettet. Doch statt Abwertung kam es bis zur Jahresmitte 2011 erst einmal zu einer Aufwertung der Gemeinschaftswährung. Von unter 1,30 Euro je Dollar kletterte der Kurs auf nahe 1,50 Euro im Mai des vergangenen Jahres. Das machte insbesondere den beiden Flaggschiff-Fonds, dem globalen Mischfonds “Carmignac Patrimoine” und dem globalen Aktienprodukt “Carmignac Investissement”, zu schaffen. Auch das relativ hohe Exposure in den Schwellenländern hat Carmignac 2011 Verluste beschert, und beim Kursplus der europäischen Banken zu Jahresanfang 2011 ist man ebenfalls nicht dabei gewesen.Rund 2 Mrd. Euro an Nettomittelabflüssen hatte allein der “Carmignac Sécurité”. Der Rentenfonds mit Papieren kurzer Laufzeit habe insbesondere in Italien und Spanien starke Konkurrenz durch Banken bekommen, die im Kampf um Einlagen hohe Zinsen boten, berichtet Le Coz.Doch im laufenden Jahr soll alles besser werden. “Das Potenzial, die Assets wieder auf das Niveau von 2010 zu heben, haben wir auf jeden Fall”, sagt Le Coz, dem jedoch eine langfristige Kundenbeziehung wichtiger ist als der kurzfristige Mittelzufluss, wie er betont. Den Fokus will Carmignac dabei weiterhin auf den Retailkunden richten. Vor allem in Deutschland und in Großbritannien verspricht man sich Wachstum durch die gerade neu gegründeten Niederlassungen. Fonds bleiben zurückDoch die Aufgabe für den neu eingestellten Vertriebschef Deutschland, Kai Volkmann, ist keine leichte. Denn ein Blick auf die Jahresperformance der verschiedenen Carmignac-Fonds zeigt, dass ein Großteil der Produkte 2011 hinter der Benchmark zurückgeblieben ist. So hat der “Carmignac Investissement” fast 10 % verloren, der Referenzindex lediglich 6 %. Auch der “Grande Europe” oder der “Global Bond” schnitten schlechter ab als die Benchmark. Doch Carmignac selbst ist positiv gestimmt, für seine Fonds wie auch für Europa, wo man die wirtschaftliche Talsohle inzwischen durchschritten habe.