Recht und Kapitalmarkt

Chance für modernes Private-Equity-Gesetz verpasst

Geschaffen wird ein schwer durchschaubares Gestrüpp, auf das sich jede steuerliche Außenprüfung mit offenem Ausgang stürzen kann

Chance für modernes Private-Equity-Gesetz verpasst

Von Uwe Steininger *) Über den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingung für Kapitalbeteiligungen, das sich wesentlich aus dem Wagniskapitalbeteiligungsgesetz sowie dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften zusammensetzt, hat das Kabinett am 15. August 2007 beschlossen. Dieses Gesetzesvorhaben soll mit dem Risikobegrenzungsgesetz und der Unternehmensteuerreform 2008 zum 1. Januar 2008 in Kraft treten. Der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums greift Überlegungen der Industrie und des Verfassers auf, lässt jedoch die empfohlene, erfolgversprechende Schaffung eines einheitlichen Regelwerks für nicht-börsennotiertes Eigenkapital vermissen. Leider ist es erklärtes Ziel des Finanzministeriums, nur ein Rahmengesetz für Venture Capital und den kleineren und jüngeren Mittelstand zu schaffen, wobei im Einzelnen aufzuzeigen sein wird, dass im Rahmen der steuerlichen Regelungen absichtlich auch insofern keine Klarheit bestehen wird. Großteil ausgegrenzt Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften sind Kapital- oder Personengesellschaften, die von der BaFin als solche anerkannt sind. Begrüßenswert ist die Zuständigkeit der BaFin für Aufsicht und Anerkennung, da dies die bundeseinheitliche Rechtsanwendung im Rahmen der regulatorischen Bedingungen gewährleistet. Die Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft darf Wagniskapitalbeteiligungen erwerben, halten, verwalten und veräußern. Kernpunkt ist die Definition der Beteiligungen.Wagniskapitalbeteiligungen sind Kapitalgesellschaften, deren Sitz und Geschäftsleitung in der EU oder in einem Vertragsstaat der EWR liegen, die ein Eigenkapital von nicht mehr als 20 Mill. Euro aufweisen, deren Gründung bei Erwerb nicht länger als zehn Jahre zurückliegt und die nicht börsennotiert sind.Mit dieser Definition wird nicht nur der Großteil der Private Equity Industrie ausgegrenzt, sondern auch Investitionen von Venture Capital Fonds in die für sie wichtigen Märkte der USA, der Schweiz, Teile von Osteuropa und der immer wichtiger werdende asiatische Markt, und Investitionen von Small/Mid-Cap-Buy-out-Fonds in den traditionellen deutschen Mittelstand, der in der Regel älter als zehn Jahre ist und auch über mehr als 20 Mill. Euro Eigenkapital verfügt.Ganz wesentlich ist die steuertransparente Behandlung der Private Equity Fonds, wie dies seit Jahren gefordert wird. Diesbezüglich hat das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 16. 12. 2003 Fragen offen gelassen. Nach dem jetzigen Referentenentwurf ist eine Personengesellschaft einkommensteuerrechtlich als vermögensverwaltend einzustufen, wenn sie als Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft durch die BaFin anerkannt worden ist, und ausschließlich in Wagniskapitalbeteiligungen und andere Beteiligungen im EWR-Raum investiert. Sind diese Bedingungen erfüllt und entfällt der vermögensverwaltende Status nicht unter besonderen Bedingungen, auf die noch eingegangen wird, gilt folgendes: der als Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) ausgestaltete Fonds unterliegt selbst nicht der Gewerbesteuer. Inländische und ausländische institutionelle sowie private Investoren werden so besteuert, als wenn sie unmittelbar an den Portfoliounternehmen beteiligt wären (Transparenz). Ohne Not aufgeweichtDiese sehr klare gesetzliche Regelung wird nun allerdings ohne Not aufgeweicht. Der vermögensverwaltende Status entfällt nämlich “insbesondere” dann, wenn bestimmte näher beschriebene oder “ähnliche” Tätigkeiten durch den Fonds ausgeübt werden. Dazu zählen der Erwerb und die “kurzfristige” Veräußerung von Beteiligungen. Unklar ist, ob mit kurzfristig die in dem erwähnten Traktat des Bundesfinanzministeriums genannte Dreijahresfrist gemeint ist. Des Weiteren entfällt der vermögensverwaltende Status, wenn der Fonds das Portfoliounternehmen berät. Dies entspricht der gegenwärtigen Rechtslage, jedoch besteht die Gefahr, dass durch die Erweiterung auf “ähnliche Tätigkeiten”, fondstypische Tätigkeiten wie z. B. Mitgliedschaften in Bei- und Aufsichtsräten den Fonds gewerblich infizieren. Schließlich sind die Ausnahmetatbestände nicht abschließend geregelt, womit bewusst ein nicht kalkulierbares Steuerrisiko geschaffen wird. Die steuertransparente Behandlung anderer Fonds als Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften folgt wohl weiterhin den bisherigen Regelungen; aber auch das wird bewusst zu Lasten der Steuerpflichtigen nicht klargestellt. Insofern wird durch das Gesetz, seine “offenen” Ausnahmeregelungen, dem 2003 von Holger Fromann, Geschäftsführer des BVK, gepriesenen, kurzsichtigen Erlass und dem geänderten Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (das keine volle Transparenz herstellt, sondern lediglich von der Gewerbesteuer befreit) systematisch ein nur schwer durchschaubares Gestrüpp geschaffen, auf das sich jede steuerliche Außenprüfung mit offenem Ausgang stürzen kann. Umsatzsteuer fraglichWeiterer wesentlicher Punkt in der Praxis ist die Frage, ob auf die Managementgebühr, die je nach Größe des Fonds zwischen 1,5 % und 2,5 % liegt, Umsatzsteuer anfällt. Die bisher geltende Praxis hat von der Umsatzsteuer abgesehen, wenn die Managementvergütung als Gewinn vorab aus dem Bilanzgewinn gezahlt worden ist. Der Referentenentwurf sieht keine europarechtstaugliche Regelung vor. Stattdessen schreibt das BMF-Schreiben vom 31.5.2007 vor, dass zumindest für jene Fonds, die vom 1.1.2008 an ins Leben gerufen werden, Umsatzsteuer auf die Managementgebühr anfallen wird. Manager von Private-Equity-Fonds bekommen üblicherweise einen so genannten erhöhten Gewinnanteil, den Carried Interest, der in der Regel 20 % des Gesamtgewinns des Fonds ausmacht. Soweit der steuerlich im Inland ansässige Fonds als vermögensverwaltend gilt, unterliegt dieser Carried Interest dem Halbeinkünfteverfahren, nach der vorgesehenen Neuregelung des Referentenentwurfes, dem Teileinkünfteverfahren (Steuerfreiheit 40 %), wenn die vermögensverwaltende Gesellschaft nach dem 31. Dezember dieses Jahres gegründet worden ist. Soweit Fonds gewerblich tätig sind, ist der Carried Interest nach bestrittener Auffassung der Finanzverwaltung voll zu versteuern. Die emotionsgeladene Diskussion zur Carried Interest Besteuerung hat das Bundesfinanzministerium – mit Ausnahme der technischen Anpassung auf das Teileinkünfteverfahren – durch den Referentenentwurf bewusst nicht mehr angestoßen. Das steht auch im Zusammenhang mit der internationalen Diskussion. In den USA wurde, ausgelöst durch die durch Mega-Buyout-Fonds realisierten Veräußerungsgewinne, die “Levin Bill” in den Senat eingebracht, wonach der Carried Interest statt mit 15 % mit 35 % besteuert werden soll. Eine ähnliche Diskussion wird gegenwärtig in England geführt, wonach der Carried Interest statt mit 10 % mit 40 % der Einkommensteuer unterworfen werden soll. Der Gesetzesentwurf hat diesbezüglich leider nicht die Chance ergriffen, eine wie in Frankreich gleichmäßige Besteuerung des Carried Interest (dort 26,5 %) für inländische Manager aller Private-Equity-Fonds zu schaffen. Viel zu engZusammenfassend muss man leider festhalten, dass das geplante Gesetz im Hinblick auf die regulatorischen Bestimmungen entgegen der Koalitionsvereinbarung, ein Private-Equity-Gesetz zu schaffen, viel zu eng geraten ist. Des Weiteren bleibt die steuerliche Behandlung selbst für solche Fonds, die dem neuen Gesetz unterliegen, von der Finanzverwaltung beabsichtigt, unsicher. Denn: BaFin-Anerkennung schützt vor Besteuerung nicht! Die Neuregelung zur Umsatzsteuerbarkeit der Managementgebühr steht im krassen Gegensatz zum “Fördergedanken” des Gesetzesentwurfes. Das Gesetz wird deshalb kaum die Gründung der doch so dringend benötigten und von der Politik ante publico gewünschten Fonds initiieren, die Eigenkapital für Spitzen- und Hochtechnologie und den Mittelstand zur Verfügung stellen, wenn der Entwurf nicht doch noch im Gesetzgebungsverfahren wesentlich geändert wird. Dr. Uwe Steininger ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Hogan & Hartson Raue in München.