RECHT & KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: NEIL GEORGE WEIAND

Chinesische Kredite als attraktive Finanzquelle

Mittelaufnahme vor Ort fördert Verwurzelung ausländischer Konzerne - Anlagenbauer Voith als Pionier

Chinesische Kredite als attraktive Finanzquelle

– Herr Dr. Weiand, der Anlagenbauer Voith hat sich, rechtlich beraten von Allen & Overy, als einer der ersten Mittelständler einen syndizierten Kredit in chinesischer Landeswährung gesichert. Bislang finanzierten deutsche Konzerne die Expansion in China primär im Wege der Eigenkapitalausstattung ihrer lokalen Töchter über bilaterale Kredite und Anleihen. Für welche Unternehmen kommt ein lokaler syndizierter Kredit in Betracht?Ein lokaler syndizierter Kredit kommt vor allem für Unternehmen in Betracht, deren lokale chinesische Tochtergesellschaften signifikanten Mittelbedarf haben, der wegen des bestehenden regulatorischen Umfeldes entweder nur schwerlich oder zu kaufmännisch nicht attraktiven Konditionen im Wege der Fremdfinanzierung oder Konzern-Innenfinanzierung dargestellt werden kann. Bislang erfolgte die Aufnahme chinesischer Währung überwiegend im Wege bilateraler Kredite und, in jüngerer Zeit, durch die Begebung von Anleihen außerhalb Chinas, zumeist in Hongkong, den sogenannten Dim-Sum-Bonds. So haben in jüngerer Vergangenheit etwa Volkswagen, BMW, Bosch Siemens Hausgeräte und Lanxess Dim-Sum-Bonds begeben. Die Finanzierung über einen syndizierten Kredit bietet jedoch gegenüber der Finanzierung durch einen Dim-Sum-Bond einige Vorteile.- Welche Vorteile sind das?Zunächst die grundsätzlich stets geltenden Vorteile: Geschwindigkeit, Vertraulichkeit, flexible Inanspruchnahme sowie die Möglichkeit, den jeweiligen Gläubigerkreis jederzeit zuverlässig feststellen und seine Zusammensetzung kontrollieren zu können. Außerdem sind die Gestehungskosten häufig niedriger.- Inwiefern?Ein lokal in China aufgenommener syndizierter Kredit bietet darüber hinaus den Vorteil, dass er in Onshore-Renminbi (CNY) aufgenommen und zurückgeführt wird. Das bei der Begebung eines Dim-Sum-Bonds gegebene Erfordernis, die in Hongkong aufgenommenen Offshore-Renminbi (CNH) zu repatriieren, entfällt.- Und das ist vorteilhaft?Ja, weil für diese Repatriierung nur begrenzt Instrumente zur Verfügung stehen, genannt sei etwa die Zurverfügungstellung der aufgenommenen Mittel im Wege von Eigenkapital oder als Gesellschafterdarlehen. Beide unterliegen bestimmten regulatorischen Anforderungen. Außerdem dürfen die so repatriierten Mittel nur für begrenzte Zwecke verwandt werden. Auch die Tilgung des Kredites fällt leichter, da sie direkt aus dem Cash-flow der lokalen Kreditnehmer erfolgen kann. Das aufwendige Expatriieren von Onshore-Renminbi zu Zwecken der Tilgung der Dim-Sum-Anleihe, etwa im Wege einer Dividendenzahlung oder der Rückführung eines Gesellschafterdarlehens, entfällt daher.- Kann der Kreditbedarf nicht auch über lokale bilaterale Kredite gedeckt werden? Welche Entwicklungslinien sehen Sie?Lokale bilaterale Kredite bieten die gleichen Vorteile. Allerdings ist die Kreditkapazität pro Bank aufgrund lokaler Vorgaben, einschließlich externer und interner Kreditlimiten, erheblich beschränkt. Grundsätzlich besteht für Konzerngesellschaften außerhalb Chinas auch die Möglichkeit, Kredite in Offshore-Renminbi aufzunehmen. Diese müssen jedoch zur Verwendung in China wiederum wie dargestellt re- bzw. expatriiert werden und sind somit aufwendiger als die Kreditaufnahme vor Ort. In diesem Markt dominieren derzeit bilaterale Kredite.- Und grenzüberschreitende Darlehen in Offshore-Renminbi?Die hat es meines Wissens bislang nur in Ausnahmefällen gegeben. Hier bestehen derzeit noch diverse Unsicherheiten und Barrieren. Dieser Markt wird sich aber künftig möglicherweise entwickeln.- Was ist in der Ausgestaltung des lokalen syndizierten Kredits als Besonderheiten zu beachten?Chinesische Banken haben traditionell kurze Kreditdokumentation verwandt. Bilaterale Kredite dominieren derzeit auch den lokalen Kreditmarkt. Der Öffnungsprozess Chinas sowie der Eintritt ausländischer Institute in den lokalen Markt haben jedoch in den vergangenen Jahren eine schrittweise Anpassung der Dokumentation von Transaktionen mit internationalem Element an westliche Dokumentationsgepflogenheiten zur Folge gehabt. Der Ablauf des Dokumentationsprozesses und die Kreditdokumentation internationaler syndizierter Transaktionen reflektieren zwischenzeitlich häufig die in den europäischen und angloamerikanischen Kreditmärkten bestehenden Gepflogenheiten und Dokumentationsstandards.- Aber die Kredite unterliegen chinesischem Recht?Ja. Die Konsortialbanken sind häufig die chinesischen Tochtergesellschaften oder Filialen internationaler Banken sowie zunehmend auch lokale chinesische Banken. Letzteres ist reizvoll, da die Kreditaufnahme vor Ort die Verwurzelung des betreffenden ausländischen Konzerns im zunehmend wichtig werdenden chinesischen Markt fördert. Bei der Ausgestaltung des Kredites gilt es naturgemäß, den teils komplexen lokalen regulatorischen Vorgaben und Gepflogenheiten Rechnung zu tragen. Dies wirft bei Einschaltung damit vertrauter, vor Ort präsenter Berater jedoch in der Praxis keine Probleme auf.- Ist davon auszugehen, dass künftig weitere Unternehmen syndizierte Kredite in chinesischer Landeswährung aufnehmen?Das Interesse an der Transaktion legt dies nah. Dafür spricht auch, dass der Kredit im Gegensatz zum Bond, der in einem Betrag platziert werden muss, sehr flexibel aufgenommen werden kann. Die Finanzierung durch Anleihen bietet sich daher vor allem an, wenn kurzfristig ein definierter Mittelbedarf besteht. Ist dies nicht der Fall, so erhöhen sich Verschuldungsgrad und Finanzierungskosten, ohne dass die Mittel unmittelbar eingesetzt werden können. Der Kredit ist zwar auch mit gewissen Carrying Costs verbunden, diese sind jedoch überschaubar. Für Anleihen spricht allerdings, dass das Konditionengefüge häufig attraktiver ist.- Was heißt das?Sogenannte Panda-Bonds, Anleihen also, die im chinesischen Festlandsmarkt in Onshore-Renminbi emittiert werden, haben bislang trotz des Drängens der chinesischen Behörden nur supranationale Organisationen dargestellt. Bis auf Weiteres dürfte diese Option mithin nicht für Unternehmen bestehen. Diese haben vielmehr die Wahl zwischen Dim-Sum-Bonds oder bilateralen Offshore-Renminbi-Krediten, kleineren lokalen chinesischen bilateralen Krediten und lokalen chinesischen syndizierten Krediten. Es ist daher davon auszugehen, dass Unternehmen künftig nicht nur den Kapitalmarkt in Hongkong, sondern auch den lokalen syndizierten Kreditmarkt in China anzapfen werden.—-Neil George Weiand ist Senior Partner von Allen & Overy in Frankfurt. Die Frage stellte Walther Becker.