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Das Geschäft mit der Schwerhörigkeit

Demografischer Wandel macht Hörsysteme zum Zukunftsmarkt - Branche ist relativ konjunkturresistent

Das Geschäft mit der Schwerhörigkeit

Von Armin Schmitz, Frankfurt Apple hat mit dem iPod den erfolgreichsten MP3-Player dieser Zeit geschaffen. Vielen Nutzern der “Generation iPod” wird es allerdings ähnlich wie Ludwig van Beethoven ergehen. Sie werden wegen der Dauerbeschallung bereits früh eine Schädigung des Gehörs erleiden. War die Taubheit bisher ein Problem der Generation zwischen 60 und 70 Jahren, könnte sich diese Behinderung durch die intensive Nutzung der MP3-Player auf den Altersbereich von 40 bis 50 Jahren verschieben. Die Schallempfindungsschwerhörigkeit lässt sich sehr gut durch Hörgeräte kompensieren. Die Zeiten des Hörrohrs sind schon lange vorbei. Je nach Gerät ähneln die Hörsysteme heute Kleincomputern, die in der Größe der Anatomie des Ohres und der Schallempfindungsstörung optimal angepasst sind und sich zudem an die Schallbedingungen anpassen können. Das enge Segment der Akustikgeräteproduzenten hat innerhalb des Medizintechnologiesektors in den vergangenen Jahren wegen des großen technologischen Fortschritts und der Überalterung der Bevölkerung einen starken Aufschwung erlebt. Soziale GründeEs zeigt sich, dass die Branche wesentlich resistenter gegenüber dem aktuellen wirtschaftlichen Abschwung ist als beispielsweise das Segment der Zahnimplantate. Hörgeräte sind nicht nur aus sozialen, sondern auch aus medizinischen Gründen notwendig. In Deutschland, Großbritannien und Skandinavien werden die Kosten für die Hightech-Utensilien zumindest zum Teil von den Krankenkassen getragen. In anderen Ländern wie den USA rekrutiert sich die Patientenklientel für die höherwertigen Geräte aus älteren Menschen mit hohen, regelmäßigen Pensionszahlungen, die sie unabhängiger von wirtschaftlichen Schwankungen machen. Die Gruppe der reinen Produzenten von sogenannten “Hearing Aid Playern” und der Akustik-Einzelhandelsketten ist recht überschaubar. Nach einer Analyse von Exane BNP Paribas werden die Aktien von Herstellern wie Sonova, der früheren Phonak, William Demant und Einzelhändlern wie Amplifon und Audika mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 bewertet, was dem Durchschnittswert des Medtech-Sektors entspricht. Zu den bekanntesten Unternehmen gehört Sonova Holding, nicht zuletzt durch ihr Engagement für den Radsport. Die frühere Phonak Holding ist nach Siemens der weltweit zweitgrößte Produzent im Bereich Hörtechnik. Der Akustikgeräteproduzent zeichnete sich in den vergangenen Jahren durch ein regelmäßiges zweistelliges Umsatzwachstum aus. Das in Stäfa in der Schweiz beheimatete Unternehmen hat unlängst seine Ertragsprognose für das im kommenden März endende Geschäftsjahr 2008/09 bestätigt. Es stellt ein internes Umsatzwachstum von rund 10 % in Lokalwährungen in Aussicht und eine Verbesserung der Gewinnmarge um rund 50 Basispunkte. Das Unternehmen möchte bis 2013 nicht zuletzt durch Innovationen wie Exélia, ein First-Class-Hörsystem, und Naída, ein Hörsystem für Menschen mit hochgradiger Hörminderung, die zweite Umsatzmilliarde erreichen Die Gesellschaft wird von den Analysten positiv eingeschätzt. Die Schweizer hätten im Vergleich zu Konkurrenten wie William Demant die operativen Kosten besser im Griff. Darüber hinaus habe Sonova die bessere Produktpalette und eine größere Erfolgsgeschichte aufzuweisen. Nach der kräftigen Kurskorrektur scheinen die Aktien von Sonova ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis zu bieten. Das KGV liegt mit geschätzten 18,1 leicht unter dem Branchendurchschnitt. Die Aktien des dänischen Konkurrenten William Demant werden mit einem für 2008 taxierten KGV von 18 so hoch wie Sonova bewertet. Allerdings hat sich in den vergangenen Monaten offenbar gezeigt, dass die Premiumprodukte des Unternehmens wie etwa das teure Gerät Epoq bei den Kunden nicht gut ankamen. Darüber hinaus werden negative Währungseffekte der dänischen Krone gegenüber dem Euro befürchtet, die das Unternehmensergebnis schmälern könnten. Positiv werden dagegen die Aussichten von Amplifon gesehen. Es handelt sich bei dem italienischen Unternehmen um eine Einzelhandelskette, die Hörgeräte in ihren Fachfilialen vertreibt. Die Aktie hat in den vergangenen Monaten rund 70 % an Wert verloren. Anleger straften das Unternehmen für die Übernahme der Ultravox-Kette in Großbritannien, die das Ergebnis verwässerte, und die Veränderungen im Geschäftsmodell in den USA ab. Die von dem Unternehmen durchgeführte Umstrukturierung dürfte nach Ansicht der Analysten von Exane BNP Paribas im zweiten Halbjahr 2008 greifen. Nach der kräftigen Kurskorrektur in den vergangenen Wochen hat die Aktie in den Augen von Exane-Analysten trotz einer hohen Nettoverschuldung vom 2,6-Fachen des Ebitda ein günstiges Chance-Risiko-Verhältnis. Das KGV der Aktie wird für Ende 2008 mit 11,2 eingestuft, für Ende 2009 wird gar ein Wert von 8,6 angegeben.