Investmentfonds - Interview mit Nick Price, Fidelity

"Das Thema Schwellenländer wird für lange Zeit aktuell sein"

Fondsmanager sieht immenses Wachstumspotenzial in Afrika - Tourismus soll in Emerging Markets florieren - iPhone-Zulieferer im Portfolio

"Das Thema Schwellenländer wird für lange Zeit aktuell sein"

Der Boom der Schwellenländer wird noch mindestens eine Generation weitergehen. Die Industrialisierung Chinas wird sich noch gut 15 Jahre fortsetzen, Indien und Afrika werden noch länger brauchen, um westliche Standards zu erreichen, sagt Nick Price, Manager des Fidelity Emerging Markets Fund.- Herr Price, wo sehen Sie in den Schwellenländern aktuell die großen Wachtumstreiber?Es gibt eine große Nachfrage nach Rohstoffen, und die Preise steigen. Der mit Abstand größte Teil aller Rohstoffe liegt in den Schwellenländern. Die steigende Nachfrage nach Energie wird die Emerging Markets neben anderen Wachstumstreibern beflügeln.- Was halten Sie von der Binnennachfrage der Länder?Da muss man natürlich differenzieren. Im Wesentlichen sehen wir in Asien, aber auch in Russland einen deutlichen Anstieg des verfügbaren Einkommens. Hinzu kommen eine sich stark entwickelnde Mittelschicht und der demografische Vorteil, dass in den Schwellenländern mehr junge Menschen leben als in den Entwicklungsländern. Diese Faktoren zusammengenommen sprechen für eine starke Binnennachfrage, wie wir sie beispielsweise an den steigenden Einzelhandelumsätzen in vielen Staaten schon ablesen können.- Welche Sektoren sind attraktiv?Ich konzentriere mich auf große Trends, beispielsweise im Mobiltelefon-Bereich. Das iPhone ist ein Megatrend, wir glauben daran, dass dieser Trend auch noch eine Weile anhält. Nac h den iPhones werden andere Hersteller auf den Zug aufspringen, was zu fallenden Preisen führen wird. Das trifft die Hersteller aber mehr als die Zulieferer. Deshalb schauen wir, wer neben den Herstellern von Smartphones noch vom Megatrend profitiert, und finden zum Beispiel Largan Precision, den Linsenhersteller für die Kameras im iPhone, der für uns günstig zu kaufen war und dem wir starkes Wachstum zutrauen.- Welche Trends sehen Sie noch?Ein großes Thema wird die Internet-Durchdringung von China sein, die liegt derzeit bei 36 Prozent und wird sich unseren Prognosen zufolge binnen fünf Jahren verdoppeln. Da setzen wir beispielsweise auf Tencent, das ist in etwa das chinesische Pendant zu Facebook. Auch im Agrarbereich sehen wir noch große Chancen, beispielsweise bei Herstellern von Düngemitteln. Weltweit werden die Ackerflächen künftig möglichst ertragsoptimiert bearbeitet werden, das eröffnet Chancen. Außerdem glauben wir, dass der Tourismus in den Schwellenländern in den kommenden Jahren eine zunehmende Rolle spielen wird. Deshalb sind wir beispielsweise in CTrip investiert, die führende chinesische Reiseagentur. Wir erwarten für die kommenden zehn Jahre, dass Tourismus in China überproportional wachsen wird. Das sind aber nur einige Beispiele, es gibt noch zahlreiche mehr.- Wir haben viel über Asien gesprochen, wo sehen Sie weitere Möglichkeiten für gute Performance?Afrika ist sicherlich ein Thema, unabhängig von den aktuellen Unruhen. Dort gibt es viele Chancen, das Wachstumspotenzial ist immens, aber es gibt Investitionshemmnisse wie beispielsweise die mangelnde Liquidität vieler Titel. Wir setzen daher unter anderem auf Südafrika, einem sehr liquiden Markt, und hier vor allem auf Unternehmen, die in anderen afrikanischen Märkten auch aktiv sind. Südafrika ist bei allen Problemen, die es hat, politisch nach wie vor recht stabil, da mache ich mir keine Sorgen. Es ist mein Heimatland, und ich beobachte es sehr genau.- Brasilien ist bei Ihnen verglichen mit vielen anderen Fonds und Indizes eher schwach vertreten.Das hat zwei Gründe: Petrobras und Vale. Das sind die beiden Großkonzerne, die für das Gewicht Brasiliens in den maßgeblichen Indizes verantwortlich sind. Die beiden Werte machen etwa 6 bis 7 Prozent der globalen Emerging-Market-Indizes aus. Beide halten wir für relativ teuer, und daher sind wir verglichen mit der Benchmark massiv untergewichtet. Ansonsten hat Brasilien sehr gute makroökonomische Bedingungen, die Währung ist derzeit vielleicht ein bisschen teuer, aber wir setzen auf Titel, die vom Binnenkonsum leben.- Sie sprachen von der Stärke des brasilianischen Real, wie gehen Sie grundsätzlich mit dem Thema Währungsrisiko um?Wir hedgen uns grundsätzlich nicht gegen Währungsschwankungen: Erstens wollen wir den Banken kein Geld schenken. Zweitens mache ich mir eher Gedanken über meine Aktien als über Währungen. Wenn ich ein Bekleidungsunternehmen kaufe, dann kauft das Unternehmen Baumwolle in Dollar, lässt irgendwo in Asien nähen und verkauft in Afrika. Wenn die lokale Währung am Zielort aufwertet, mag das gut sein, weil der Kunde mehr Kaufkraft hat und sich jetzt zwei T-Shirts statt einem kaufen kann. Es kann auch schlecht sein, weil ich pro verkauftem T-Shirt weniger verdiene. Deshalb machen Währungen nur einen geringen Teil meiner Abwägungen aus. Wichtig ist mir, dass ich die Unternehmen verstehe, der Rest folgt von selbst.- Aktuell hat man den Eindruck, die Emerging Markets können sich vor Investoren kaum retten. Was glauben Sie denn, wie lange die Wachstumsstory anhält?Mehr als eine Generation. Zum Vergleich ist es hilfreich, auf die Industrialisierung von Südkorea und Japan zu schauen. Wenn man diesen Prozess analysiert und sich anschaut, wo China gerade steht, dann wird es bestimmt noch 15 Jahre oder mehr dauern, bis China ein voll industrialisiertes Land ist, bei Indien dauert es noch wesentlich länger, erst dann kommt Afrika. Dieser Prozess wird also insgesamt sehr lange dauern. Und Emerging Markets, auf die eine oder andere Art, wird es sowieso immer geben. Das Thema Schwellenländer wird für lange Zeit aktuell sein.—-Das Interview führte Martin Hampel.