INVESTMENTFONDS - IM INTERVIEW: LUTZ RÖHMEYER, LBB INVEST

"Dem Benchmarkgedanken folgen wir nicht"

Experte beobachtet Indexeffekte auf Lokalmärkte - Chancen bei Bonds von Serbien und Sri Lanka

"Dem Benchmarkgedanken folgen wir nicht"

Dank der guten Fundamentaldaten der Schwellenländer stehen deren Anleihen im Fokus des Anlegerinteresses. Im Interview der Börsen-Zeitung erklärt Lutz Röhmeyer, Fondsmanager des Weltzins-Invest von LBB Invest, wieso er Schwellenländeranleihen in lokaler Währung bevorzugt. – Herr Röhmeyer, Staatsanleihen von Emittenten guter Bonität bieten nur noch Magerzinsen. Sind die Anleihen in den Emerging Markets eine Alternative?Gemessen am Erfolg der Anlageklasse kann die Frage ganz klar bejaht werden. Anleihen aus den Schwellenländern bieten nicht nur ein Mehr an Rendite. Diese Zinspapiere verbessern ein Rentenportfolio auch auf der Risikoseite, da sie sich hervorragend zur Diversifikation eignen. Zudem sprechen die Fundamentaldaten klar für Schwellenländerbonds: Die aufstrebenden Volkswirtschaften sind geringer verschuldet und bieten ein viel höheres Wirtschaftswachstum als die Industriestaaten.- Welche Schwellenländer finden Sie attraktiv?Aktuell bevorzugen wir hochverzinsliche Staatsanleihen in lokalen Währungen, die noch nicht in jedem Portfolio gewichtet sind. Beispielhaft sind hier Serbien und Sri Lanka zu nennen. Attraktiv ist auch der afrikanische Kapitalmarkt, der sich in den letzten Jahren spürbar weiterentwickelt hat. Dem Benchmarkgedanken folgen wir nicht.- Welche Chancen sehen Sie in Osteuropa?Osteuropa wurde aufgrund seiner Nähe zur Eurozone emotional sehr mit Verschuldungsproblemen in Verbindung gebracht. Großanleger haben in den vergangenen Jahren Mittel abgezogen und sind in Osteuropa nun stark untergewichtet. Dieser Trend scheint seit dem beherzten Eingreifen der Europäischen Zentralbank und der Beruhigung der Eurolandkrise zu drehen. Den höheren Risiken stehen damit auch höhere Ertragschancen gegenüber.- Bringen Hartwährungsanleihen der Schwellenländer noch einen Renditevorteil für Anleger?Hartwährungsanleihen rentieren aktuell auf Indexebene mit weniger als 5 %, und das bei einer unverhältnismäßig langen Laufzeit von mehr als 13 Jahren. Anleger sollten daher die Lokalmarktpapiere in einheimischer Währung den klassischen Anlagen in Dollar oder Euro eindeutig vorziehen.- Wie groß ist die Abhängigkeit der dollardenominierten Anleihen der Schwellenländer von der Zinsentwicklung in den USA?Dollaranleihen haben zuletzt extrem viel Geld angezogen, da sie US-Investoren im derzeitigen Niedrigzinsumfeld ein Renditeplus ohne Währungsrisiko liefern. Aufgrund der Duration von rund acht Jahren ist jedoch Skepsis angebracht, ob der Spread dieser Papiere die Zinsänderungsrisiken noch ausreichend vergütet. Je niedriger der Zinsaufschlag aus der Bonität ausfällt, desto weniger Puffer besteht, um Anleihekursverluste aufgrund von Zinssteigerungen zu kompensieren.- Welchen Einfluss haben passive Indexfonds (ETF) auf die Rentenmärkte im Allgemeinen und auf die Anleihen in den Schwellenländern im Speziellen?An den Lokalmärkten haben ETF noch keine große Bedeutung erlangt. Allerdings haben die Indexeffekte signifikant zugenommen. Aktiv verwaltete Fonds orientieren sich an den Rentenindizes von J. P. Morgan. Sie managen inzwischen mehr als 200 Mrd. Dollar und weichen im Regelfall nicht deutlich von ihrer Benchmark ab. Somit haben selbst gering gewichtete Indexneuaufnahmen von Lokalmärkten starke Zuflüsse von Auslandskapital zur Folge. Von diesem Effekt profitierten zuletzt die Rentenmärkte Nigerias und Rumäniens.- Spricht die niedrige Liquidität generell nicht gegen Lokalwährungs-Schwellenländeranleihen?Nein, Lokalmarktemissionen stehen inzwischen für rund 85 % der ausstehenden Schwellenländeranleihen und mehr als 70 % des gesamten Handelsvolumens. Da aktuell Knappheitspreise für Dollaranleihen gezahlt werden, finden Anleger im Bereich der Lokalmärkte die besseren Investitionschancen. Viele Investoren haben diese Tatsache noch nicht verinnerlicht, weil sie sich den traditionellen Hartwährungsrenten verbunden fühlen.- Kaufen Sie die für Sie interessanten Anleihen im Primär- oder auch im Sekundärmarkt?In weniger marktgängigen Anleihesegmenten bietet der Primärmarkt regelmäßig die günstigsten Einstiegskonditionen. Da dies allein nicht ausreicht, arbeiten wir global mit mehr als 50 lokalen Handelspartnern in den Sekundär-Zielmärkten zusammen. Fallweise lassen wir auch Emissionen für den Weltzins-Invest maßschneidern.- In ihrem Portfolio befinden sich Anleihen aus Ghana, Nigeria oder auch Sri Lanka. Werden die Analysen zu Ländern, Emittenten und Devisen im eigenen Haus erstellt?Bei den Länderanalysen greift die LBB-Invest auf ein weltweites Netzwerk von vor Ort tätigen Analysten zurück. Dies ist der Erfahrung nach erkenntnisreicher als die Ergebnisse von den in Finanzzentren wie London gebündelten Researcheinheiten der Großbanken.- Sichern Sie das Depot gegenüber Währungsrisiken ab?Dauerhafte systematische Absicherungen sind nicht mit dem Investmentkonzept des Fonds vereinbar. In den Lokalwährungsanleihen steckt der erwünschte Zinsvorsprung – und genau diese Mehrrendite würde durch die Absicherungskosten verloren gehen. Taktische und auf kurze Dauer angelegte Währungssicherungen werden jedoch fallweise vorgenommen, insbesondere bei politischen Events.- Wie sieht Ihr Risikomanagement aus?Die Derivatemärkte bieten bislang kein ausreichendes Angebot an wirtschaftlich sinnvollen Absicherungsinstrumenten des überwiegenden Währungsrisikos. Daher streuen wir das Risiko auf der obersten Portfolioebene in den Einzelvaluten extrem breit auf aktuell 56 unterschiedliche Märkte. Das Kreditrisiko wird durch eine granulare Anleihegewichtung minimiert, die sich über fast 500 Einzeltitel erstreckt.- Wann verkaufen sie Positionen?Zur Minimierung der noch hohen Handelskosten in den Schwellenländeranleihen bevorzugen wir einen Ansatz als strategischer Investor und halten Rentenpapiere idealtypisch bis Laufzeitende. Aus der Portfolioüberwachung wird nur dann ein Eingreifen notwendig, wenn sich im Rahmen des Fondsmanagementfilters qualitative Risikofaktoren für einzelne Länder verschlechtern, insbesondere auf der politischen Ebene.- Gibt es eine Absicherung gegenüber einer kräftigen Korrektur an den Rentenmärkten?Absicherungen gegenüber einer Korrektur im Rahmen von steigenden Zinsniveaus sind nach unserem Investitionsansatz nicht notwendig. Der Weltzins-Invest ist strategisch eher in kurzen Laufzeiten mit einer Abwandlung des Leiterprinzips investiert und damit bei einer Duration von nur rund zwei Jahren praktisch kaum zinsreagibel.—-Das Interview führte Armin Schmitz.