Asset Management - Interview mit Carsten Stendevad

"Denk an die Investoren, bevor sie dich zwingen"

Der Managing Director der Citigroup prophezeit Schwellenländern eine neue Art von Aktionären

"Denk an die Investoren, bevor sie dich zwingen"

Zu den Hintergründen der Konjunktur von Private Equity in Emerging Markets, zum Gebaren der Finanzinvestoren und zu den Konsequenzen für Emittenten hat die Börsen-Zeitung Carsten Stendevad befragt, Managing Director der im Investment Banking von Citigroup angesiedelten Financial Strategy Group. – Herr Stendevad, die von Private Equity in Emerging Markets investierten Mittel sind gesprungen. Warum? Seit drei Jahren nun ist das Wachstum explosiv. Zuvor standen die USA im Fokus, dann kam Europa, und nun haben sich die Private-Equity-Gesellschaften naheliegenderweise Asien zugewandt. Aus zwei Gründen: Zum einen haben sie so viele Mittel eingesammelt, dass sie neue Anlageziele benötigen, und zum anderen sind eine Menge asiatischer Unternehmen großartige Kandidaten für Buy-outs oder Investitionen. Es sind aber ausländische Anleger allgemein, darunter Hedgefonds und Publikumsfonds, die in die Emerging Markets, vor allem aber in Asien investieren. – Was heißt das für die Emittenten dort?Als Emerging-Market-Unternehmen haben Sie plötzlich diese neue Art von Aktionär, der andere Ansichten hinsichtlich Wachstum, Dividenden, Transparenz und vieler weiterer Dinge vertritt. Also müssen Sie sich auf diese neuen Aktionäre einstellen. Den Emittenten, die wir beraten, sagen wir: Wenn Sie mit diesen neuen Investoren umzugehen wissen, gibt es für Sie ein großartiges Aufwärtspotenzial, denn Sie können eine höhere Bewertung sowie Zugang zu einem weitaus größeren Pool an Kapital bekommen. Die schlechte Nachricht ist: Wenn Sie dies nicht tun, können ausländische Investoren manchmal ein bisschen bestimmender werden. In extremen Fällen kann dies zu Aktionärsaktivismus führen, aber auch allgemein kann die Bewertung leiden. Deshalb sagen wir ihnen: Denk an die Investoren, bevor sie dich dazu zwingen. – In Asien werden viele Unternehmen von Familien kontrolliert, die ihre Mehrheit nicht abgeben wollen. Wie passt das zum Ansatz von Finanzinvestoren, die ganze Unternehmen kaufen wollen, um sie zu restrukturieren?Wenn Sie ein Familienunternehmen sind, dann tun Sie sich gewöhnlicherweise mit einem Private-Equity-Fonds zusammen. Es ist eine freundschaftliche Situation, in der entweder die Familie das ganze Unternehmen verkaufen möchte, oder sie tut sich mit einem Finanzinvestor zusammen, um die übrigen Aktionäre abzufinden. Feindliche Übernahmen sind selten, ich weiß von keiner einzigen. Das ist ganz anders als die Art, wie Private Equity in Europa oder in den USA arbeitet. – Welche Sektoren bevorzugt Private Equity in Asien und in den Emerging Markets allgemein?In der Vergangenheit haben sich Private-Equity-Fonds eher auf Unternehmen konzentriert, die einen stabilen Cash-flow haben, aber nicht besonders stark wachsen. Demnach wären in Asien derzeit Unternehmen der Telekommunikation oder einige Anbieter der Verbraucherelektronik in Taiwan oder in Singapur attraktiv, deren Wachstumskurve verflacht. Inzwischen werden aber Gesellschaften aller Branchen, sogar volatiler, kapitalintensiver, zu Kandidaten für Private-Equity-Fonds. Es gibt nicht eine einzige Branche mehr in der Welt, die kein Kandidat für eine schuldenfinanzierte Übernahme sein könnte. Wir werden daher Vorstöße in neue Sektoren sehen, etwa die Luftfahrt. – In den USA haben Spekulationen auf Buy-outs in den vergangenen Monaten die Bewertungen am Aktienmarkt getrieben. Steht den Emerging Markets dasselbe bevor? In den vergangenen Jahren hat vor allem ein allgemeiner Optimismus der Anleger hinsichtlich der Region die Bewertungen in den Emerging Markets getrieben. In einer Reihe von Fällen können Spekulationen auf Buy-outs die Kurse treiben, wie wir zum Beispiel in Taiwan gesehen haben. Aber dies ist ein unternehmensspezifisches und kein marktübergreifendes Phänomen. Die Fragen stellte Bernd Neubacher.