Asset Management

Der Do-it-yourself-Vermögensverwalter

Die Bundesbank managt Eigenanlagen von rund 10 Mrd. Euro und eine Reihe von Pensionsportfolios

Der Do-it-yourself-Vermögensverwalter

Von Bernd Wittkowski, Frankfurt Nach diesem Mandat dürften sich die Verantwortlichen von Banken und Kapitalanlagegesellschaften die Finger lecken, und viele haben sich auch schon unaufgefordert darum beworben: die Verwaltung eines kontinuierlich wachsenden zweistelligen Milliarden-Euro-Betrages für einen höchst reputierlichen Vorzeigekunden. So ein Mandat schmückt ungemein, ganz abgesehen von den üppigen Provisionserträgen, die es einbringt. Nur leider: Das Mandat ist nicht zu vergeben. Die Bundesbank, die diverse Pensionsvermögen für den Bund und eine Reihe von Bundesländern sowie das allein 10 Mrd. Euro schwere Eigenportfolio zu verwalten hat, ist ihr eigener Asset Manager und will das auch bleiben.Die Vermögensverwaltung für den Bund, dessen Sondervermögen, die Länder und andere öffentliche Verwaltungen gehört zu den der Bundesbank gesetzlich zugewiesenen oder ermöglichten Aufgaben, die sie eher hinter den Kulissen wahrnimmt und über die sie in der Regel kaum ein Wort verliert. Von den 165 Seiten des Geschäftsberichts 2008 sind diesen in der Rolle als Fiskalagent erbrachten Leistungen ganze eineinhalb Seiten gewidmet, auf denen die entsprechenden Aktivitäten zudem nur in sehr allgemeiner Form gestreift werden. Hans-Helmut Kotz, für die Bereiche Finanzstabilität, Märkte und Statistik zuständiges Vorstandsmitglied, der in seiner Funktion auch das Asset Management der Währungsbehörde verantwortet, äußerte sich im Gespräch mit der Börsen-Zeitung nun erstmals etwas detaillierter zur Anlagestrategie der Bundesbank. Auch Länder als KundenDas Eigenportfolio der Zentralbank bildet den bilanziellen Gegenposten zu den Pensionsrückstellungen für Bundesbankbeamte, zum Grundkapital, zur gesetzlichen Rücklage und zur Rückstellung für allgemeine Wagnisse – alles in allem sind das die erwähnten rund 10 Mrd. Euro. Die Vermögensverwaltung für den Bund umfasst mehrere Pensionsportfolios und das Portfolio der Stiftung “Geld und Währung”. Bereits mit Inkrafttreten des Versorgungsrücklagegesetzes des Bundes 1999 wurde die Bundesbank als Verwalterin dieses Portfolios eingesetzt. Die Rücklage wird, wie der Geschäftsbericht erläutert, aus Teilen von Besoldungserhöhungen gespeist und dient zum Ausgleich erhöhter Pensionsbelastungen, die in den Jahren 2018 bis 2032 auf den Bund zukommen. 2007 wurde das Mandat auf die Verwaltung des neuen Versorgungsfonds des Bundes erweitert, der die Pensionsansprüche der seit jenem Jahr neu eingestellten Bundesbeamten, Bundesrichter und Berufssoldaten mit dem entsprechenden Kapital unterlegen soll.Vermögensverwalterin ist die Bundesbank seit Anfang 2008 ferner für die damals vom Bund separierte Pensionsvorsorge der Bundesagentur für Arbeit. Und auch das Kapital für die Pensionen der Beamten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird von der Notenbank angelegt. Hinzu kommen Dienstleistungen unterschiedlichen Ausmaßes bei der Verwaltung einer Reihe von Versorgungsrücklagen und Versorgungsfonds einer stetig gestiegenen Zahl von Bundesländern. Nicht zum Asset Management in dem hier beschriebenen Kontext zählt die Bundesbank die spezifischen Notenbankaufgaben, die Devisenreserven zu verwalten und anzulegen und den Goldschatz von 110 Mill. Feinunzen zu hüten. Ausgesprochen risikoaversDie Bundesbank und das sehr überschaubare Team der für diese Aufgaben zuständigen Mitarbeiter im Bereich Märkte werden wohl nicht beleidigt sein, wenn man die von Kotz seit seinem Eintritt in den Vorstand im Mai 2002 durchgezogene Anlagestrategie, zumindest was das Eigenportfolio angeht, als “langweilig” und “erzkonservativ” bezeichnet. Die eigenen Anlagen (das sogenannte Europortfolio) werden nach Maßgabe einer vom Vorstand definierten Benchmark passiv verwaltet. Die erworbenen Wertpapiere werden in aller Regel bis zur Endfälligkeit gehalten, und bei ihren Investments verhält sich die Behörde ausgesprochen risikoavers. Angelegt wird ausschließlich in gedeckte Schuldverschreibungen – “Wertpapiere, die besonders hohen Sicherheitsanforderungen genügen”, sagt Kotz.Das Vorstandsmitglied beschreibt die Anlagestrategie der Bundesbank so: “Ziel der Verwaltung des Eigenportfolios ist es, die finanzielle Robustheit der Bank abzusichern, das Kapital zu erhalten und auf mittlere Sicht die Marktrendite zu erzielen. Wir bilden den Markt ab und versuchen mithin nicht, die Benchmark zu schlagen. Das heißt auch, dass wir weder Wetten relativ zur Zinsstruktur noch zur Duration eingehen.” Das Risikoprofil sei entsprechend konservativ.Als Benchmarks dienen Indizes für gedeckte Schuldverschreibungen. Die Asset Allocation orientiert sich an der Zusammensetzung des Index, der freilich von Zeit zu Zeit angepasst wird. Die Papiere, die in das Portfolio hineingenommen werden, genügen besonderen Sicherheitsanforderungen. Sie werden nicht individuell, sondern im Portfoliozusammenhang verwaltet. Deshalb spielt auch die Liquidität eines Papiers eine bedeutsame Rolle. Im Eigenportfolio werden, unabhängig von der Bonität, keine Staatspapiere gehalten, weil dies als eine verdeckte Staatsfinanzierung gedeutet werden könnte. Passive AusrichtungDie Fremdmandate werden auf der Basis einer passiven Grundausrichtung des Anlagemanagements verwaltet. Zur Begründung dieses Ansatzes stützt sich Kotz auf empirische Untersuchungen, wonach aktive Strategien – jedenfalls in Märkten, für die hinreichende Informationseffizienz unterstellt werden darf – nur in Ausnahmefällen in der Lage sind, die Performance der Benchmark nachhaltig, das heißt über längere Zeiträume, zu schlagen. Dies gelte sowohl für die Einzeltitelauswahl bzw. Branchengewichtung als auch für Timing-Entscheidungen bei Aktienvermögen sowie für die Vorhersage des Zinsniveaus, des Verlaufs der Zinsstrukturkurve und der Ausfallrisikoprämien bei festverzinslichen Wertpapieren als belegt.Hinzu kommt, dass ein aktiver Anlagestil typischerweise mit höheren Transaktions- und sonstigen Kosten (etwa für Research) verbunden ist. Maßgabe der passiven Verwaltung ist für die Bundesbank aber gerade, die vorgegebene Benchmark nicht nur möglichst präzise hinsichtlich ihres Rendite/Risiko-Profils, sondern auch zu möglichst geringen Kosten nachzubilden. Bund lässt auch Aktien zuEtwas bunter als beim Eigenportfolio ist die Palette der Anlageinstrumente bei den Fremdmandaten. Der Bund lässt neben Bundeswertpapieren auch andere in Euro denominierte Schuldverschreibungen bester Bonität zu, und für den Versorgungsfonds hat der Gesetzgeber zudem sogar die Möglichkeit einer Anlage von bis zu 10 % des Vermögens in Aktien vorgesehen. Ähnlich verhält es sich bei den Ländern und anderen Mandaten. Auch hier setzt der Do-it-yourself-Vermögensverwalter Bundesbank, der den Kunden sein Know-how und seine Technologie anbietet und somit durch die Mandate Stückkostenvorteile erzielen kann, allerdings auf passives Asset Management. Bei Aktienanlagen ist Richtschnur der Euro Stoxx 50, Stock Picking wird mithin nicht betrieben.Das Anlagemanagement erfolgt immer auf der Basis von Richtlinien des Mandatgebers, dem die Bundesbank auf Wunsch in der Konzeptionsphase beratend zur Seite steht. Ansonsten aber setzt sie nur das operativ um, was in den gewöhnlich sehr rigiden Anlagerichtlinien festgeschrieben ist.Nicht nur beim eigentlichen Anlagemanagement, sondern auch bei der Organisation der Vermögensverwaltung, etwa was die Trennung der Funktionen angeht, ist die Bundesbank “state of the art”. So überwacht das bankinterne Risikocontrolling die Einhaltung der Anlagerichtlinien durch das Portfoliomanagement und berechnet laufend die Ertrags- und Risikokennzahlen. Handel und Controlling sind wiederum organisatorisch und personell strikt vom Anlagemanagement getrennt. Funktionale Abschottung”Chinese Walls” bestehen noch in anderer Hinsicht: Vermögensverwaltung und Bankenaufsicht seien operativ strikt voneinander abgeschottete Einheiten, betont Kotz. Vor einigen Wochen war der Bundesbank (ebenso wie der BaFin) im Zusammenhang mit der Krise des Immobilien- und Staatsfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) ein Interessenkonflikt unterstellt worden, weil die Behörde vor knapp einem Jahr einerseits als Bankenaufsicht in die Gespräche über die Rettungsaktion für die taumelnde Münchener Bankengruppe eingeschaltet war, andererseits in ihrer Rolle als Vermögensverwalter ein milliardenschweres Engagement in HRE-Pfandbriefen hielt, einen kleinen Teil davon für die BaFin. Schon Ende Juli hatten die Währungshüter den angeblichen Interessenkonflikt vehement bestritten, eben weil sie die Vorgaben der Mandatgeber auf der Basis eines passiven, nichtdiskretionären Managements operativ umsetzten (vgl. BZ vom 31. Juli).Zentral ist, wie Kotz betont, dass das Asset Management, neben der funktionalen Abschottung der verschiedenen Abteilungen, einer Vielzahl von Kontrollen durch ganz unterschiedliche Instanzen unterliegt: Risikocontrolling (für die Einschätzung des Marktrisikos), betriebswirtschaftliches Controlling, Wirtschaftsprüfer und Bundesrechnungshof.Gegen einschlägige Interessenkonflikte ist die Bundesbank aber nicht zuletzt schon dadurch gefeit, dass ihr Asset Management nun mal so “langweilig” ist wie hier beschrieben: Als passiver Vermögensverwalter hat sie, wenn ein Emittent bzw. eine Emission in einem Index enthalten ist, gar keine andere Wahl, als in die entsprechenden Papiere zu investieren. Verdächtig wäre vielmehr umgekehrt gewesen, wenn die Behörde ihre Finanzanlagen aktiv gemanagt – und im vergangenen September HRE-Pfandbriefe abgestoßen hätte.