Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Rüdiger Malaun

Der hochverzinsliche Bond als Alternative zum Bankkredit

Erste Emissionen nach deutschem Recht - Gutes Anleihejahr 2011 erwartet

Der hochverzinsliche Bond als Alternative zum Bankkredit

– Herr Malaun, in den vergangenen Monaten gab es eine bemerkenswerte Zunahme von Anleiheemissionen von Unternehmen im Non-Investment-Grade-Bereich. Sehen Sie hier einen Trend?Die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sprechen nach unserer Einschätzung für eine weiter zunehmende Bedeutung der Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt. In den letzten Jahren ist für viele Unternehmen der Zugang zu Bankkrediten schwieriger geworden, und im Hinblick auf die anstehende Umsetzung von Basel III dürfte sich diese Situation nicht verbessern. Anleihen im “Non-Investment-Grade”-Bereich, also High-Yield-Bonds, stellen eine echte Alternative zur klassischen Bankfinanzierung dar.- Worin liegt der Hauptunterschied zwischen Bankfinanzierung und einem High-Yield-Bond aus Sicht des Unternehmens?Neben den Finanzierungskosten ist insbesondere die Ausgestaltung des Kataloges von Beschränkungen und Verhaltenspflichten maßgeblich. Bei traditionellen Krediten ist dieser Katalog in der Regel sehr umfassend. Insbesondere wird der Kreditnehmer verpflichtet, Financial Covenants quartalsmäßig einzuhalten. Der Handlungsspielraum ist damit stark beschränkt. Bei High-Yield- Bonds besteht größere Flexibilität.- Inwiefern?Unter den Anleihebedingungen gibt es keine Pflicht des Emittenten, quartalsmäßig Financial Covenants einzuhalten. Es gibt also keine “Maintenance Covenants”, wie bei Bankkrediten, sondern es wird ausschließlich anlassbezogen die Einhaltung von bestimmten Financial Covenants unter den Anleihebedingungen geprüft. Man spricht daher bei High-Yield-Bonds von sogenannten “Incurrence Covenants” und “wartungsfreiem Fremdkapital”.- Welche Zwecke verfolgen Unternehmen mit einer Anleiheemission? Gibt es typische High-Yield-Emittenten?High-Yield-Bonds wurden ursprünglich überwiegend zur Finanzierung von Unternehmenskäufen durch Private Equity, also bei Leveraged Buy-outs eingesetzt. Dabei bildeten High-Yield-Bonds meist neben einem vorrangigen Bankkredit den nachrangigen Teil der Akquisitionsfinanzierung. In den letzten Jahren hat sich der Einsatzbereich stark verbreitert. High-Yield-Bonds wurden häufig zur Refinanzierung von Krediten begeben.- In welchem Ausmaß?Einige Emittenten, wie zum Beispiel Grohe, haben mit vorrangigen, besicherten High-Yield-Bonds ihre langfristigen Bankkredite vollständig abgelöst. High-Yield-Bonds können auch einen Teil einer umfangreichen Refinanzierung bilden, wie zum Beispiel bei Hapag-Lloyd, Versatel und Heidelberg Cement, oder, wie bei Fresenius und Tui, zur Finanzierung von Käufen durch den Emittenten dienen. Auch Rekapitalisierungen mit teilweiser Rückführung von Gesellschafterfinanzierungen wurden, wie bei TMD Friction, über die Ausgabe von High-Yield-Bonds finanziert. High-Yield-Bonds haben sich somit von ihrem originären Zweck im Rahmen der LBO-Finanzierung emanzipiert und sind ein breit einsetzbares Instrument im Finanzierungsbaukasten.- Was sind die interessanten Entwicklungen 2010?In diesem Jahr sahen wir die ersten High-Yield-Bond-Emissionen nach deutschem Recht. In der Vergangenheit wurden sie traditionell nach New Yorker Recht begeben. Durch die Reform des deutschen Schuldverschreibungsgesetzes 2009 wurde die Grundlage geschaffen, High-Yield-Bonds auch nach deutschem Recht zu begeben. Das New Yorker Recht als die für High-Yield-Bonds seit Jahrzehnten bewährte und etablierte Rechtsordnung hatte schon immer hinreichende Flexibilität bei der nachträglichen Anpassung der Anleihebedingungen geboten. Diese Flexibilität wurde im deutschen Recht erst durch das reformierte Schuldverschreibungsgesetz geschaffen.- In welcher Form?Eine Restrukturierung von Anleiheverbindlichkeiten durch Mehrheitsentscheidung der Gläubiger ist nun grundsätzlich auch nach deutschem Schuldverschreibungsgesetz möglich. Bei den High-Yield-Bond-Emissionen nach deutschem Recht ist interessant zu beobachten, dass die von Heidelberg Cement und Continental begebenen Anleihen noch kein für High-Yield-Bonds typisches Covenant-Paket vorsehen. Die Anleihebedingungen bei Phoenix und zuletzt bei Kuka High Yield Bond orientieren sich hingegen sehr stark an dem traditionellen Covenant-Paket nach New Yorker Recht.- Was ist besser?Nach unserer Einschätzung können High-Yield-Bonds nach deutschem Recht für bestimmte Unternehmen eine Alternative zu den traditionellen High-Yield-Bonds nach New Yorker Recht darstellen.- Wie ist Ihr Ausblick für die Anleihemärkte 2011?Ein solcher Ausblick ist naturgemäß schwierig. Ich gehe aber davon aus, dass vor dem Hintergrund eines anhaltend niedrigen Zinsniveaus und aufgrund der Fälligkeiten 2011 ein sehr gutes Jahr wird.—-Rüdiger Malaun ist Partner bei Latham & Watkins. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.