"Der Investor bestimmt den Referenzschuldner"
– Herr Geiger, welche Vorteile bringt dem Anleger die Kombination eines Cosi-Produktes mit einem Referenzschuldner?Vontobel hat in der Schweiz inzwischen über 200 Produkte mit Referenzschuldner emittiert. Investoren können dadurch Kreditrisiken in ihrem Portfolio gezielter bewirtschaften und zusätzliche Renditechancen realisieren. Dies führt ökonomisch betrachtet zu einer Diversifikation von Gegenparteien im jeweiligen Gesamtportfolio. Außerdem können Anleger zusätzliche Renditechancen realisieren, da sie erstmals Kreditrisiken frei wählen können.- Was unterscheidet diese Produkte von den seit längerem bekannten Credit Linked Notes?Diese Produkte beinhalten ein doppeltes Schuldnerrisiko. Anleger kaufen diese Produkte, um gezielt auf das Kreditrisiko eines Unternehmens zu setzen, und müssen gleichzeitig noch das Ausfallrisiko des Emittenten in Kauf nehmen. Diese Produkte dienen nicht wirklich zur Verbesserung des Chance-Risiko-Profils. Zudem leisten sie keinen Mehrwert bei der Bewirtschaftung des Schuldnerportfolios, da Anleger bei Credit Linked Notes immer auch den Finanzdienstleister als Gegenpartei mit ins Portfolio kaufen. Bei den Vontobel-Produkten gibt es nur ein Gegenparteirisiko.- Bekommt das Produkt durch einen Referenzschuldner nicht wieder ein Gegenparteirisiko, das durch Cosi eigentlich minimiert werden sollte?Mit Cosi wird über eine Pfandbesicherung das Ausfallrisiko des Emittenten nahezu vollständig eliminiert. Diese zusätzliche Sicherheit geht allerdings auf Kosten der Renditemöglichkeiten. Ist der Anleger allerdings bereit, ein alternatives Kreditrisiko zu tragen, bieten sich Zertifikate oder Aktienanleihen mit Referenzschuldner an. Mit einem bewusst eingegangenen alternativen Gegenparteienrisiko kann so gezielt die Rendite erhöht werden. Wichtig hierbei: Der Anleger trägt lediglich ein Kreditrisiko.- Was passiert mit dem Geld des Anlegers bei einem Default des Referenzschuldners?Tritt ein Kreditereignis beim Referenzschuldner ein, entscheidet der Restwert der Referenzanleihe über die Rückzahlung. Hat die Anleihe des Referenzschuldners beispielsweise einen Restwert von 50 % und beträgt der Marktwert der Optionsstrategie noch 5 % des investierten Kapitals, so ergibt sich ein Rückzahlungswert von 55 %. Dem Anleger droht also im Falle eines Kreditereignisses beim Referenzschuldner ein weitgehender Kapitalverlust, bis hin zum Totalverlust.- Was passiert mit dem Geld des Anlegers, wenn der Emittent, also Vontobel, insolvent wird?Ist ein Verwertungsfall eingetreten, wird das pfandbesicherte Produkt vorzeitig fällig und SIX Swiss Exchange stellt die aktuellen Werte sämtlicher pfandbesicherter Zertifikate des betreffenden Emittenten in der jeweiligen Handelswährung der Zertifikate verbindlich fest. Mit dem Eintritt der Fälligkeit der pfandbesicherten Zertifikate nach den Bestimmungen des Rahmenvertrages entstehen gegenüber SIX Swiss Exchange automatisch die Ansprüche der Anleger auf Auszahlung des anteilsmäßigen Netto-Erlöses aus der Verwertung der Sicherheiten.- Welche Anleihen kommen als Referenzschuldner infrage?Es gibt verschiedene Unternehmen und Staaten, welche vom Markt mit höheren Credit Spreads eingeschätzt werden, aber für einen Investor durchaus “investierbar” sind und deshalb als Referenzschuldner infrage kommen. So gibt es beispielsweise viele Industrieunternehmen, die im Verhältnis zum Finanzsektor als sehr solide gelten, deren Anleihen aber mit einem höheren Aufschlag auf den risikolosen Zins (das heißt einem höheren Credit Spread) gehandelt werden.- Wer bestimmt den Anleihenemittenten?Der Investor bestimmt den Referenzschuldner. Vontobel stellt einen Katalog an möglichen Referenzschuldnern zusammen, die verschiedene Kriterien erfüllen müssen. Aus diesem Pool können Anleger dann wählen und sich maßgeschneiderte Zertifikate und Aktienanleihen mit Referenzschuldner entwickeln lassen. Alternativ kann der Investor ein bereits emittiertes Produkt erwerben, hierbei ist der Referenzschuldner aber schon unveränderbar bestimmt durch die Emissionsbedingungen.- Kommt der Anleger in den vollen Genuss des Credit Spread des Referenzschuldners?Der Credit Spread des Referenzschuldners fließt als Renditebeitrag in die Konditionen des strukturierten Produktes mit Referenzschuldner ein. Allerdings kann es hier zu Abweichungen kommen, da die Laufzeiten des Zertifikats von den Laufzeiten des Referenzschuldners abweichen können. Neben den allgemeinen Absicherungskosten generiert die Cosi-Struktur Kosten.- Was unterscheidet die Cosi-Absicherung von den in Deutschland genutzten Compartments bzw. dem Xemac-System?Bei Cosi handelt es sich um ein System der Pfandbesicherung, das für den Zertifikatemarkt maßgeschneidert wurde und sich in der Schweiz als Marktstandard etabliert hat. Xemac ist nur ein Collateral Management System, das börsentäglich die Sicherheiten überprüft und bewertet.- Warum stehen deutsche Anleger den pfandbesicherten Produkten so kritisch gegenüber?Ich könnte mir vorstellen, dass die individuellen Compartment-Strukturen in Deutschland nicht gerade zur Transparenz dieses Mechanismus beitragen. Jedes funktioniert für sich genommen anders. Bei Cosi konnte die SIX Swiss Exchange einen Marktstandard etablieren, der von allen Teilnehmern genutzt wird. Zudem tritt hier eine Plattform für die Pfandbesicherung ein, die unabhängig vom Emittenten ist. Die Bewertung des Pfandes wird darüber hinaus ebenfalls von dritten unabhängigen Stellen übernommen.- Ist das Verhalten in bestimmten Marktphasen anders als bei Produkten ohne Referenzschuldner?Ja, sicher. Stellen Sie sich vor, wir haben ein Produkt mit einem Aktienindex als Basiswert. Der Index tendiert seitwärts, gleichzeitig tritt aber ein Kreditereignis beim Referenzschuldner ein. Dann würde der Preis des Zertifikates ohne Referenzschuldner seitwärts tendieren, der Preis des Zertifikates mit Referenzschuldner aber fallen. Auch auf den Märkten auftretende Zweifel über die Bonität des Referenzschuldners können einen Einfluss auf die Preisbildung während der Laufzeit haben.- Für wen eignen sich diese Cosi-Produkte?Zertifikate und Aktienanleihen mit Referenzschuldner eignen sich grundsätzlich nur für Anleger, die vertiefte Kenntnisse über den Umgang mit und die Einschätzung von Kreditrisiken von Unternehmen und Staaten haben. Typische Anleger suchen die Diversifikation von Kreditrisiken im Gesamtportfolio und eine Beimischung zum Übergewicht des Finanzsektors. Darüber greifen Anleger zu Referenzschuldnern, um ihre Renditechancen zu erhöhen. Wichtig ist, dass der Anleger von der Kreditwürdigkeit des Referenzschuldners überzeugt ist.—-Das Interview führte Armin Schmitz.