RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: HARTWIN BUNGERT

Der Referentenentwurf Arug II setzt neue Akzente im Aktienrecht

Bundesjustizministerium wählt Umsetzung mit einer geringeren Intensität

Der Referentenentwurf Arug II setzt neue Akzente im Aktienrecht

– Herr Bungert, die Kapitalmarkt-Community hat lange auf den Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie – Arug II – gewartet, soeben wurde er Ländern und Verbänden mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Birgt er Überraschungen?Die Aktionärsrechterichtlinie (RL) ließ zu den meisten Themen verschieden intensive Umsetzungen durch den nationalen Gesetzgeber zu. Das Bundesjustizministerium hat dankenswerterweise eine Umsetzung mit geringerer Intensität gewählt, die zudem möglichst wenig in die dogmatische Struktur des deutschen Aktiengesetzes eingreift.- Um was geht es eigentlich in dem Gesetzesentwurf?Es werden vier Bereiche geregelt: Mitspracherechte der Hauptversammlung (HV) bei der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung (Say on Pay), Zustimmung und Bekanntmachung hinsichtlich von Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen der Gesellschaft (Related Party Transactions), Identifikation und Informationen von Aktionären durch börsennotierte Unternehmen (Know your Shareholder) und Verbesserung der Transparenz bei institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern und Stimmrechtsberatern.- Einer der wesentlichen Diskussionspunkte war im Vorfeld der Umgang börsennotierter AGs mit nahestehenden Personen. Was sieht der Entwurf hierzu vor?Hier wurde im Vorfeld der stärkste Eingriff in das deutsche Recht befürchtet. Der Gesetzesentwurf versucht eine behutsame Einfügung. Alle bislang bestehenden aktienrechtlichen Regelungen zu diesem Themenkreis gelten fort. Alle von der Richtlinie zugelassenen Ausnahmen werden genutzt.- Worum geht es dabei?Insbesondere um marktübliche Geschäfte, Geschäfte mit Tochterunternehmen, Geschäfte mit Hauptversammlungszustimmung, Geschäfte innerhalb eines Vertragskonzerns. Wesentliche Neuerung ist, dass künftig im faktischen Konzern – ebenso wie für sonstige Related Parties – die Berichtspflichten und Zustimmungspflichten für Related Party Transactions gelten. Der Schwellenwert für solche Transaktionen wurde vom deutschen Gesetzgeber auf 2,5 % der Summe aus Anlage- und Umlaufvermögen gesetzt, eine akzeptable Größenordnung. Der Entwurf nutzt die Möglichkeit, dass nicht die Hauptversammlung, sondern der Aufsichtsrat dem Geschäft zuzustimmen hat.- Und Fehler bei der Behandlung?Die führen nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts, jedoch handelt der Vorstand gesetzeswidrig und ist dementsprechend unter Umständen zum Schadenersatz verpflichtet. Zusätzlich ist nach dem neuen §48 a WpHG-E eine unverzügliche Bekanntmachung der Related Party Transaction erforderlich. Verstöße werden mit einem Bußgeld von bis zu 500 000 Euro geahndet.- Trifft die Hauptversammlung künftig die Entscheidung über die Höhe der Vorstandsvergütung?Nein. Das sah auch die Richtlinie nicht vor. Künftig wird mindestens alle vier Jahre der HV die Vorstandsvergütungspolitik zur Billigung vorgelegt. Bislang stellte es das Aktiengesetz ins Ermessen von Vorstand und Aufsichtsrat, ob die Vorlage erfolgt. Außerdem sind die erforderlichen Angaben detaillierter geregelt. Auch nach dem Entwurf ist die HV-Entscheidung zu Recht nicht mittels Anfechtungsklage angreifbar.- Ist das Votum ist für den Aufsichtsrat bindend?Nein. Doch muss er bei Ablehnung im Folgejahr eine überprüfte Vergütungspolitik vorlegen. Interessant sind die Regelungen zur Vergütung des Aufsichtsrats. Hier beschließt nach heutigem Recht die Hauptversammlung, üblicherweise mittels Satzungsregelung, alternativ durch einfachen Beschluss. Die Vorgabe der Richtlinie ist für das deutsche Recht daher eigentlich überflüssig. Dennoch musste der deutsche Gesetzgeber es umsetzen. Vorgesehen ist, dass mindestens alle vier Jahre ein HV-Beschluss über die Aufsichtsratsvergütung zu fassen ist. Rettungsanker ist, dass ein bestätigender Beschluss zulässig ist. Dabei muss auch eine Vergütungspolitik vorgelegt werden.—-Dr. Hartwin Bungert ist Partner bei Hengeler Mueller in Düsseldorf.Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.