ANLAGEPRODUKTE

Der Risikoappetit der Investoren nimmt zu

Mittelzuflüsse in Passivprodukte liegen bereits über dem Wert des gesamten Vorjahres - Hohe Nachfrage nach Aktien-ETF

Der Risikoappetit der Investoren nimmt zu

Die Maßnahmen der Notenbanken in den USA, Europa undJapan haben im September die Zuflüsse in Indexfonds und anderen Produkten stark wachsenlassen. Die Anbieter von sogenannten Exchange Traded Produkts (ETP) verzeichnen die dritthöchsten Zuflüsse, die der Markt jemals verzeichnet hat. Dank der Notenbankenaktionen nahm der Risikoappetit der Anleger stark zu. Besonders hohe Zuflüssehatten die Aktienprodukte.Von Armin Schmitz, FrankfurtPassivprodukte sind trotz aller Kritik beliebter denn je. Die ETP verzeichneten im September Nettozuflüsse von 43,3 Mrd. Dollar. Ein so hohes Anlegerinteresse wurde zuletzt im Dezember 2008 beobachtet. Unter ETP verstehen die Experten Exchange Traded Funds (ETF), Exchange Traded Commodities (ETC) und Exchange Traded Notes (ETN). Ende September lagen die Assets under Management bei 1,85 Bill. Euro. Das geht aus einer aktuellen Analyse des ETP-Marktes im September von BlackRock hervor.Seit dem Jahresanfang haben die ETP 182,6 Mrd. Dollar eingesammelt, das entspricht einem Wachstum von 42 % gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres. Im Gesamtjahr 2011 flossen 173,4 Mrd. Dollar in ETF, ETC und ETN.Eine Zurückhaltung wegen der im vergangenen Jahr aufgekommenen Kritik der Regulatoren an der Transparenz und den Risiken von ETF war in den vergangenen Monaten nicht mehr zu spüren. Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) oder der Finanzstabilitätsrat (FSB) hatten im letzten Jahr Befürchtungen geäußert, dass ETF auch systemische Risiken in Bezug auf die Kapitalmärkte haben. Erst durch die Richtlinien für börsennotierte Indexfonds (ETF) der EU-Finanzaufsicht ESMA (European Securities and Markets Authority) ist die Diskussion zur Ruhe gekommen. Lediglich in Europa sind die Anleger wegen der Staatsschuldenkrise nur zögerlich an den Markt zurückgekehrt. Stimuli der NotenbankenDie geldpolitischen Stützungsmaßnahmen in den USA, Europa und Japan Anfang September haben den Risikoappetit der Anleger gesteigert, sodass sie mittels ETF in unterschiedliche Assetklassen investierten. Marktkenner sind optimistisch, dass der Markt seinen Wachstumstrend in den kommenden Monaten fortsetzt. Da im vierten Quartal die Zuflüsse in der Regel noch einmal anziehen, prognostizieren Experten, dass der Rekord von 259,7 Mrd. Dollar aus dem Jahr 2008 zum Ende des laufenden Jahres getoppt wird.Auf den Kauflisten der Anleger standen insbesondere Aktien-ETF, was nach Ansicht von BlackRock die erhöhte Risikobereitschaft der Anleger widerspiegelt. Die Aktienindexfonds zogen im September Anlegerkapital in Höhe von 34,7 Mrd. Dollar an. Davon fokussierten sich mehr als 23,4 Mrd. Dollar auf Produkte, die die Wertentwicklung des US-Aktienmarktes abbildeten. Das war mehr als die Hälfte der weltweiten Zuflüsse der Industrie. Im August waren es lediglich 0,3 Mrd. Euro, die insgesamt in Aktien-ETP flossen.Unterstützt wurden die Käufe durch die Ankündigung der US-Notenbank, Anleihenkäufe im Rahmen eines weiteren Quantitative Easing vorzunehmen, um die Wirtschaft zu unterstützen. Besonderes Interesse der Anleger bestand im laufenden Jahr bei den dividendenstarken Aktien, die ihnen offensichtlich einen risikoarmen Ersatz für Anleihen bieten soll. Auf Jahressicht sind mehr als 11 Mrd. Dollar in US-Dividendentitel geflossen, meldete BlackRock jüngst. Interesse an EuropaDie Ankündigung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, unlimitierte Käufe von Anleihen vorzunehmen, um die notleidenden Staaten Südeuropas zu unterstützen, steigerte auch wieder das Interesse am europäischen Kapitalmarkt. Paneuropäische Indexfonds sammelten 3,1 Mrd. Dollar ein. Das waren die höchsten Zuflüsse seit Oktober 2008.Das Interesse der Anleger an Emerging Markets blieb auch im September anhaltend hoch. Die Nettozuflüsse betrugen in den ersten neun Monaten 26,9 Mrd. Dollar. Im vergangenen Jahr waren es im vergleichbaren Zeitraum lediglich 5,8 Mrd. Dollar. Im Gesamtjahr 2011 waren es sogar nur 9,7 Mrd. Dollar. Hohe Nachfrage wurde auch in den Goldprodukten beobachtet. Im September investierten die Anleger 3,8 Mrd. Dollar in ETF und ETC, die die Wertentwicklung des Edelmetalls abbilden. Im August waren es bereits 3,6 Mrd. Dollar. Die Notenbanken werden als wichtigste Stütze für die Goldpreisentwicklung gesehen. “Historisch war die wichtigste Antriebskraft für die Rohstoffentwicklung das Niveau der Leitzinsen. Dabei hat Gold am meisten von niedrigen realen Zinsniveaus profitiert, die die Opportunitätskosten für die Gold-Investoren deutlich reduzieren”, sagt Dodd Kittsley, Analyst von BlackRock. Der zunehmende Risikoappetit war auch bei den Rentenprodukten zu verspüren. So entzogen die Anleger den Produkten, die US-Staatsanleihen abbilden, 2,2 Mrd. Dollar. Stattdessen legten sie 3,7 Mrd. Dollar in ETF an, die die Performance von Investmentgrade-Unternehmensanleihen und High-Yield-Bonds wiedergeben. Insgesamt flossen seit Januar 54,1 Mrd. Dollar in Renten-ETP. Das entspricht rund 30 % der Gesamtzuflüsse im laufenden Jahr. Starkes Wachstum erwartetDie Anleihen-ETF waren damit einer der Wachstumsmotoren des ETF-Marktes. Im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres sammelten die Anbieter in dieser Kategorie rund 35,2 Mrd. Dollar ein. Im Gesamtjahr waren es 49,9 Mrd. Dollar. In den vergangenen Jahren wuchs das Interesse an Anleihen-ETF überproportional. So nahm das verwaltete Volumen in den Bondprodukten jährlich um durchschnittlich 57 % zu. Ende August waren rund 310 Mrd. Dollar in Anleihen-ETF investiert, also rund 18 % der in den Passivprodukten verwalteten Anlegergelder.Damit sind allerdings lediglich 0,3 % des weltweiten Gesamtvermögens in festverzinslichen Papieren in den Depots der ETF. Das Volumen des globalen Bondmarkts wird von BlackRock auf 98 Bill. Dollar geschätzt. Aktiv gemanagte Publikumsfonds verwalten einen Anteil von rund 5 % an dem weltweiten Vermögen in Anleihen.Nach Einschätzung von Kittsley wird das Wachstum des Anleihensegments auch in den kommenden Jahren deutlich wachsen. In den kommenden fünf Jahren soll sich das Volumen in den Bond-ETF auf gut 1 000 Mrd. Dollar mehr als verdreifachen. Im Jahr 2022 erwartet er gar ein Vermögen von 2 000 Mrd. Dollar in Rentenindexfonds. Antriebsmotor für das hohe Wachstum des Anleihensegments ist die demografische Entwicklung. Geht es nach Kittsley, werden Anleihen-ETF verstärkt zur Altersvorsorge genutzt.