Finanzen persönlich

Der Staat macht Spenden und Stiften attraktiver

Signifikante Ausweitung der steuerlich abziehbaren Höchstbeträge - Optionen genau prüfen

Der Staat macht Spenden und Stiften attraktiver

Von Ulrich Stephan *) Die Bundesbürger tun gerne Gutes. Zumindest zeugen die 14 400 Stiftungen bürgerlichen Rechts und die rund 23 Millionen sogenannten bürgerschaftlichen Tätigen in den Vereinen davon. Auch die Spendenbereitschaft steigt stetig. Und wenn es nach dem Willen von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) geht, wird sich dieser Trend noch fortsetzen. Zumindest hat der Minister mit dem “Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements” das Fundament hierfür geschaffen. Die Neuregelung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2007in Kraft.Von den kommenden neuen Verbesserungen hat auch ein vermögender Akademiker in München gelesen. Der Mann, unverheiratet und Mitte fünfzig, überlegt schon lange, Teile seines Vermögens mildtätigen Zwecken zukommen zu lassen. Die Gesamtssumme all seiner Einkünfte beläuft sich auf 200 000 Euro im Jahr. Der Altersruhestand ist durch staatliche, betriebliche und private Vorsorge gut abgesichert. Durch eine Erbschaft ist er zu Kunstgegenständen im Verkehrswert von rund2 Mill. Euro gelangt. Stiften oder spenden?Der Mandant möchte entweder eine eigene gemeinnützige Stiftung zur Förderung der ökonomischen Bildung gründen oder jährlich einen noch zu bestimmenden Betrag an eine Stiftung spenden, die denselben Zweck verfolgt. Im Falle einer Stiftungsgründung würde er sich von einigen Kunstgegenständen trennen und so die Stiftung mit Kapital ausstatten. Dabei ist es ihm wichtig, sowohl im Spenden- als auch im Gründungsfall jeweils den maximalen Betrag steuerlich absetzen zu können. Bestehendes Recht nachteilig Nach bestehendem Recht (siehe “Altes versus neues Recht”) kann der Mandant bei einer Stiftungsneugründung über zehn Jahre maximal 611 500 Euro für die Ausstattung des Vermögensstocks seiner neu zu gründenden Stiftung bei seiner Einkommensteuererklärung anrechnen lassen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den oben genannten 307 000 Euro sowie zehnmal jährlich dem allgemeinen Höchstbetrag für Spenden von 5 % der Gesamteinkünfte, hier also 10 000 Euro jährlich, und dem pauschalen jährlichen Sonderausgabenabzug für Zuwendungen an Stiftungen von 20 450 Euro.Nach neuem Recht kann der Mandant in zehn Jahren 1,4 Mill. Euro voll steuerlich anrechnen lassen. Der Betrag setzt sich zusammen aus der genannten 1 Mill. Euro, die er in die zu gründende Stiftung einbringt und die er über zehnJahre steueroptimiert verteilen kann. Darüber hinaus dürfen dann jährlich 20 % des Einkommens als Spende steuerlich angerechnet werden, was bei dem Mandanten einen Betrag von 40 000 Euro pro Jahr ergibt.Sollte sich der Mann für die Variante des reinen Spendens entscheiden, verringern sich die Beträge erheblich. Nach bestehendem Recht könnte der Mandant bei jährlichen Spenden an eine gemeinnützige Stiftung im Zehnjahreszeitraum 304 500 Euro spenden und voll steuerlich im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung anrechnen lassen (jährlich 5 % von 200 000 Euro plus 20 450 Euro). Nach geplantem Recht würde sich dieser Betrag lediglich auf 400 000 Euro erhöhen (jährlich 20 % von 200 000 Euro).Für die Entscheidung über eine Stiftungsneugründung oder eine regelmäßige jährliche Spende sind aber noch andere Überlegungen notwendig. So wird eine Spende in einer Stiftung anders behandelt als eine Kapitalausstattung im Grundstockvermögen der Stiftung. Die Spende muss “zeitnah” für den jeweiligen Stiftungszweck eingesetzt werden (Gebot der Ertragsverwendung). Die Mittel für die Kapitalisierung des Grundstockvermögens dürfen hingegen nicht angegriffen werden (Gebot der Bestandserhaltung).Somit fließen hier nur die laufenden erwirtschafteten Erträge dem Stiftungszweck zu. Es stellt sich also generell die Frage, ob der Mandant möglichst rasch viel Geld dem Stiftungszweck zukommen lassen will oder ob er es dauerhaft tun möchte. Im ersten Fall bietet sich die Spende an, im zweiten Fall die Neugründung einer Stiftung. Hier muss allerdings ein signifikanter Betrag eingesetzt werden, da es sich ansonsten wirtschaftlich nicht rechnet. Bei durchschnittlich 6 % Rendite im Jahr sollten die Mittel für die Ausstattung einer operativ tätigen Stiftung mindestens bei 500 000 Euro, eher bei 1 Mill. Euro liegen. Andernfalls ist es zielführender, eine reine Förderstiftung über einen Treuhänder zu gründen. Es gilt auch zu bedenken, dass bei Gründung einer eigenen Stiftung der Stifter einerseits nicht mehr Eigentümer des gestifteten Vermögens ist; bei jährlichen Spenden bleibt der Spender Eigentümer seines Vermögens. Andererseits gewährleistet die Stiftungsgründung dem Mandanten die Möglichkeit, auf die Verwendung seiner gestifteten Gelder Einfluss zu nehmen.Nach Abwägung aller Positionen entscheidet sich der Mandant dafür, unter dem neuen Recht eine eigene Stiftung zu gründen. Er möchte sie durch Verkauf einiger Bilder mit einem Kapital von 1 Mill. Euro ausstatten, die er dann über zehn Jahre steuerlich geltend macht. Dazu plant er, jährlich weitere 40 000 Euro über Spenden der Stiftung zuzuführen. Neben dem Wissen, dauerhaft etwas für die ökonomische Bildung in diesem Land getan zu haben, ist es aus seiner Sicht die steuerlich interessanteste Variante. Er unterstellt, noch zehn Jahre über einen jährlichen Einkommensstrom von 200 000 Euro verfügen zu können. Jährlich möchte er durch seine Stiftung und die Spenden 140 000 Euro in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen. Schlecht für SteinbrückMit dem dann noch zu versteuernden Einkommen von 60 000 Euro jährlich liegt er nur noch knapp über der derzeitigen steuerlichen Bemessungsgrundlage von 52 152 Euro, ab der der Spitzsteuersatz von 42 % gilt. Das ist zwar schlecht für Peer Steinbrück, aber gut für die Stärkung des bürgerlichen Engagements in diesem Land. *) Dr. Ulrich Stephan ist Leiter Vermögensmanagement beim Finanzdienstleister MLP.