Der Trend geht zum langfristigen Investment
Exchange Traded Funds (ETF) wandeln sich zunehmend vom Futures-Ersatz zum Investmentprodukt, mit dem Anleger langfristige Anlagestrategien umsetzen. Die abgebildeten Indizes haben aber oft große Nachteile. Simon Klein, Leiter des ETF-Geschäfts von Lyxor in Europa, erklärt im Interview der Börsen-Zeitung die Vorteile von risikooptimierten Indexkonzepten.- Herr Klein, warum kommen Sie jetzt mit ETF auf Indexvarianten?Nach der Zusammenführung unserer Indexeinheit mit Lyxor zur Einheit “ETF & Indexing” Investment Solutions im Mai nutzen wir jetzt auch die Expertise unserer Indexspezialisten für die Entwicklung neuer Produkte. So machen wir Strategien, die vorher nur institutionellen Investoren vorbehalten waren, auch Privatanlegern zugänglich. Mit diesem gebündelten Know-how können wir die klassischen Indizes so weiterentwickeln, dass sie für die Investoren einen noch höheren Mehrwert liefern. Wir reagieren damit aktiv auf die Wünsche der Anleger, die nach den Turbulenzen in den vergangenen Jahren bei ihren Investments eine niedrigere Volatilität bei höheren Returns anstreben. Nicht zuletzt ist der ETF-Markt in den vergangenen Jahren gereift. Die Produkte werden nicht mehr nur zum taktischen Investment genutzt. Der Trend geht vermehrt zum langfristigen Investment mit den passiv gemanagten Indexfonds.- Wie funktionieren die neuen Risikokonzepte bei den beiden neuen Indizes?Beim MSCI Risk Weighted Index werden die Indexwerte entsprechend der Volatilität gewichtet. Der Risikobeitrag jedes einzelnen Indexmitglieds ist also gleich gewichtet. Die historischen Daten zeigen, dass auf mittelfristige Sicht die Performance bei dem Index höher ist als bei dem klassischen Indexkonzept – bei niedrigerer Volatilität.Beim Euro iStoxx 50 Equal Risk kommt unsere intern entwickelte ERC-Indexing-Methode zum Tragen. Bei der zugrunde liegenden Equal-Risk-Contribution-Methode werden bei der Risikogewichtung der Indexwerte noch die Korrelationen der Titel untereinander berücksichtigt. Dabei wird der Einfluss des Risikobeitrages jedes einzelnen Aktienwertes – bei zeitgleicher Berücksichtigung seiner Korrelation zu den anderen Werten – auf das Gesamtportfolio untersucht. Beide Optimierungsprozesse, Risikobeitrag und Korrelation, laufen parallel, um das optimale Portfolio zu bestimmen. In der historischen Simulation zeigt sich, dass der Index mittel- bis langfristig eine bessere Wertentwicklung erzielt.- Wie entwickeln sich diese Indizes dann in den schnellen Aufwärtsphasen?Bei einem kurzfristigen Rebound liefern die klassischen Indizes wie der Euro Stoxx 50 naturgemäß bessere Erträge als die risikogewichteten Varianten. Der Grund: Im Vorfeld stark gefallene Werte erholen sich nach einer Trendwende häufig schneller. Auf mittlere bis längere Sicht gesehen bringen unsere Indexprodukte allerdings die besseren Erträge bei einem niedrigeren Risiko – sprich: Volatilität.- Was unterscheidet die Indizes von dem Minimum-Varianz-Konzept?Beim Minimum-Varianz-Konzept könnten in einem entsprechenden Umfeld auch nur wenige Aktien enthalten sein. Im Unterschied dazu liefert der ERC-Ansatz eine breite Marktabdeckung mit optimierten Gewichtungen und bestmöglicher Diversifizierung.- Wer nimmt die Berechnung der Indizes vor?Wir legen hohen Wert darauf, dass die Indizes von einem neutralen Provider, wie es MSCI und Stoxx sind, berechnet werden. Wir stellen zudem Stoxx unser ERC-Konzept zur Verfügung. Beide Ansätze sind regelbasierte Konzepte, es gibt keine diskretionären Elemente.- Liegen die Verwaltungsgebühren wegen der häufigen Anpassung nicht höher als bei den klassischen Indizes?Nein. Wir bieten die Indexfonds zu den gleichen Gebühren an, wie die klassischen Ursprungsvarianten. Sie liegt beim Euro iStoxx 50 Equal Risk bei 0,25 % und beim MSCI Risk Weighted bei 0,45 % jährlich.- Die Volumina in den Produkten auf Indexvarianten sind in Deutschland eher unterdurchschnittlich. Warum sind Amerikaner daran mehr interessiert?In Deutschland kommen ETF erst jetzt richtig als Investmentprodukte in der breiten Masse an. Es braucht mehr Zeit, um über eine umfassende “Consumer Education” Anlegern die Vorteile passiver Produkte als Langfristinvestment bewusst zu machen. Die USA sind hier sicher Vorreiter: Schätzungsweise 40 % aller Pensionsgelder in den USA sind passiv angelegt. Der ETF-Anteil liegt dabei bei rund 5 %. In Deutschland sind es gerade mal 2 % der Anleger, die Indexfonds zum längerfristigen Investment nutzen.- Haben sich die Diskussionen um das Gegenparteirisiko von swapbasierten ETF gelegt?Die Aufregung ist schnell verebbt. Der Anleger hat verstanden, dass die Risikostruktur von physisch abbildenden Indexfonds mit der von swapbasierten ETF fast identisch ist. Er hat auch gelernt, dass die ETF Ucits-III-reguliert sind. Ein großer Vorteil ist die Transparenz der ETF. Sie ist um ein Vielfaches größer als bei aktiv gemanagten Publikumsfonds.—-Das Interview führte Armin Schmitz.