Deutsche Bank will im Asset Management zulegen
– Die Deutsche Bank hat ambitionierte Ziele für ihren Bereich Asset Management. Nach 268 Mill. Euro 2010 soll die Vermögensverwaltung im laufenden Jahr zwischen 600 und 700 Mill. Euro zu dem geplanten Konzernergebnis von 10 Mrd. Euro beitragen. Dies erläutert der Chef des Asset Managements, der Amerikaner Kevin Parker, im Interview der Börsen-Zeitung. Für Deutschland setzt Parker, der dem Bereich seit 2005 vorsteht, verstärkt auf Hedgefonds-ähnliche Retailprodukte.- Herr Parker, die Märkte sind volatil. Wo investieren Sie persönlich Ihr Geld?- Da mein Leben wegen meines Jobs seit 30 Jahren mit dem Finanzsektor eng verbunden ist, lege ich mein Geld, um der Diversifikation willen, außerhalb des Aktienmarktes an. Also investiere ich in Immobilien, in Energie und Rohstoffe und andere Dinge, die antizyklisch sind oder zumindest nicht mit dem Aktienmarkt korrelieren.- Sind auch DWS-Produkte inbegriffen?Ja, natürlich. Einige Mittel aus meiner betrieblichen Altersversorgung der Deutschen Bank sind beispielsweise in DWS-Produkte investiert.- Der Geschäftsbereich Asset and Wealth Management der Deutschen Bank hat im vergangenen Jahr Nettoabflüsse von 2,5 Mrd. Euro verbucht. Warum?Die Zahlen weisen immer ein gewisses Maß an Volatilität auf. Das liegt vor allem an Zu- und Abflüsse bei Geldmarktfonds, die Anleger zum Teil kurzfristig als Einlagenkonto nutzen. Deshalb sind die Bewegungen bei Geldmarktfonds und Bankkonten letztlich austauschbar. Im Zuge der Krise sind sie aber volatiler geworden. Hinzu kommt, dass die zurückliegenden Jahre vertrackt waren: Die Investoren hatten keine einheitliche Meinung zum Markt, und es gab kein übergeordnetes Thema, in das man hätte investieren können, zumindest nicht ohne hohes Risiko, allenfalls vielleicht die Entwicklung der Emerging Markets. Doch selbst China verlor zuletzt in der Wahrnehmung wegen der Angst vor einer Überhitzung an Dynamik. Immer wenn es an solcher Klarheit fehlt, zögern private Anleger mit Investitionen.- Was kann die Deutsche Bank tun, um die privaten Gelder wieder hereinzuholen?Ich glaube nicht, dass wir das Marktumfeld ändern können. Wir haben uns aber auf die Altersvorsorge fokussiert, und dieser Markt gibt schon von der Definition her einen langfristigen Horizont vor. Und wenn man diesen Wechsel einmal vollzogen hat, werden kurzfristige Marktveränderungen weniger relevant. Die vergangenen Jahrzehnte haben ja gezeigt, dass Beständigkeit bei Investitionen im Laufe der Zeit in höheren Anlageerträgen resultiert. Außerdem erzählt ein Blick auf die demographischen Verschiebungen Ihnen eine Menge darüber, wo Sie sich im Markt positionieren sollten – 20-Jährige haben schließlich einen anderen Anlagehorizont und andere Bedürfnisse hinsichtlich Produkten als 60-Jährige. Es überrascht mich immer wieder, dass Leute der Demographie und ihren Folgen nicht mehr Beachtung schenken. Denn es lohnt sich. 2005 identifizierten wir als einen Mega-Trend unserer Branche die Notwendigkeit für kapitalgedeckte Altersvorsorge. Und heute sind wir in Deutschland mit einem Marktanteil von 70 % am Neugeschäft der größte Anbieter von Altersvorsorgeprodukten. Neun der größten zehn Versicherer in Deutschland vertreiben unsere Produkte.- Dessen ungeachtet hat sich 2010 der Vorsteuergewinn der Sparte Asset and Wealth Management auf rund 100 Mill. Euro halbiert. Schon im laufenden Jahr soll sie aber 1 Mrd. zu einem Konzern-Segmentergebnis von 10 Mrd. Euro beitragen. Was soll denn das von Ihnen verantwortete Asset Management beisteuern?600 bis 700 Mill. Euro.- Das wäre mehr als das Doppelte der 268 Mill. Euro im Jahr 2010. Wie wollen Sie diese Lücke schließen?Das Ergebnis von 268 Mill. Euro enthält Einmalbelastungen von rund 50 Mill. Euro, von denen ein großer Teil auf die Integration von Sal. Oppenheim entfällt, ferner Abschreibungen auf Immobilien im Volumen von 25 Mill. Euro. Wir starten also von einer Basis bei ungefähr 350 Mill. Euro. Für 2011 haben wir den Ergebnisbeitrag unseres Immobiliengeschäfts, das 2005, 2006 und 2007 jeweils 40 bis 50 % zu unserem Gewinn beisteuerte, angesichts eines nach wie vor schwachen Umfelds mit null angesetzt. Dennoch hoffen wir natürlich darauf, positiv überrascht zu werden. Zudem haben die Aktienmärkte seit vergangenem Jahr eine Rally hingelegt. Und mit steigenden Assets nehmen auch die Gebühreneinnahmen zu. Asset Management hat da einen nachlaufenden Ertragseffekt.- Der reicht aus, um die Vorgabe zu erfüllen?Das ist ja nicht alles: Verglichen mit seinem Höhepunkt im Jahre 2008 hat sich unser globaler Personalbestand im Asset Management um 35 % reduziert. Das drückt die Personalkosten, auf die im Asset Management rund zwei Drittel der Gesamtkosten entfallen. Die Einsparungen fanden schon 2009 und 2010 außerhalb Deutschlands statt. 2011 ist aber das erste Jahr, in dem wir ihren vollen Effekt spüren. Ich bin zuversichtlich, das Ziel zu erreichen.- Von Nettozuflüssen sprechen Sie nicht. Spielen die keine Rolle?Von Nettomittelzuflüssen habe ich nicht gesprochen, weil sie immer sehr schwer abzusehen sind. Denn viel hängt dabei vom Sentiment des Marktes und vom Risikoappetit der Anleger ab. Nettomittelzuflüsse sind zwar zum führenden Indikator in der Branche für die Verfassung eines Asset Managers geworden, für mich sind sie aber nur ein Parameter von mehreren. Ebenso wichtig ist für mich die risikogewichtete Performance, die wir für unsere Kunden erzielen.- Warum?Nettomittelzuflüsse sind sicher hilfreich, aber man muss schon tiefer schauen, etwa darauf, wie sich der Mix der Assets verändert und welche Gebühren auf diese Assets gezahlt werden. Es kommt auch darauf an, wie langfristig diese Assets zur Verfügung gestellt werden und wie deren Performance ist. Einfluss hat auch, ob man seine Kunden zufriedenstellt, ob man Vertrauen und Loyalität aufbaut. Das ist von außen natürlich sehr schwer zu beurteilen. Man kann zum Beispiel Assets verlieren, und dennoch steigen die Erlöse…- …weil man Zuflüsse hat in Produkten, die höhere Gebühren bringen……korrekt.- Sie sprechen Kostensenkungen an. Wie haben Sie das Asset Management in den vergangenen Jahren umgebaut?Als ich 2005 den Auftrag bekam, das Asset Management der Deutschen Bank zu restrukturieren, stimmte die Performance nicht, und es gab zum Teil gegeneinander laufende Strategien. Es hat eine Weile gedauert, die Sparte neu auszurichten.- Können Sie etwas konkreter werden?Wir hatten ein Portfolio aus Aktivitäten, von denen manche entweder keine ausreichende Performance für die Kunden zeigten oder nicht unseren Stärken bzw. den von uns identifizierten Mega-Trends in unserer Branche entsprachen. Wir brauchen auch nicht in jedem Land ein eigenes Fonds-Management, sondern können vieles aus Frankfurt heraus besser machen. Deshalb haben wir Aktivitäten in einigen Ländern verkauft oder geschlossen. In anderen Ländern wie Russland haben wir uns neu aufgestellt und in China kauften wir hinzu.- Probleme gab es insbesondere bei Immobilien-Engagements, oder?Ja, leider mussten wir Abschreibungen auf Immobilien vornehmen, die wir gekauft hatten, um sie in Fonds verpackt weiter zu veräußern an Institutionelle, die zunächst ihr Interesse signalisiert hatten, nach Beginn der Krise dann aber nicht mehr investieren wollten. Geschäfte dieser Art werden heute nicht mehr getätigt.- Nach welchen Gesichtspunkten kauften Sie hinzu?Ein Mega-Trend, den wir 2005 erkannten, war die Schaffung und Aktivierung von Wohlstand in den Wachstumsmärkten. In China etwa schätzte die Regierung, dass in dem Land auf Grund historisch verankerten Misstrauens in Banken rund 1 Bill. Dollar in Kaffeedosen verwahrt wurden. Wir beteiligten uns deshalb an dem chinesischen Vermögensverwalter Harvest, einem von damals nur 60 lizensierten Asset Managern in China. Harvest verwaltete damals 2 Mrd. Dollar. Heute sind es 37 Mrd. Dollar. Harvest wächst mit einer Rate von 62 % pro Jahr und ist der einzige der größten fünf Vermögensverwalter in China, der in ausländischer Hand ist. Inzwischen ist die Neuausrichtung an Hand der Mega-Trends abgeschlossen. Heute sind wir bei Altersvorsorgeprodukten die Nummer eins, im Asset Management für Versicherer die Nummer eins, in China die Nummer zwei, im Immobiliengeschäft sind wir die Nummer zwei, und beim Thema Klimawandel sind wir Nummer eins. Die Gültigkeit dieser Trends überprüfen wir jedes Jahr, und sie sind heute relevanter als damals.- Sie haben also keine Pläne mehr, Bereiche zu veräußern?Nein, damit sind wir durch.- Sie haben über die Stärken im Asset Management gesprochen. Wo liegen denn die Schwächen?Einer der Trends, die wir 2005 erkannten, war die einsetzende Abkopplung von Alpha und Beta. Das 21. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Individualisierung. Die Stiftungsfonds von Harvard und Yale waren an der Speerspitze der Portfoliotheorie mit einem neuen Ansatz, der sich als sehr erfolgreich erweist und zunehmend Akzeptanz findet. Und das ist eine recht radikale Abkehr vom traditionellen Modell der Asset-Allokation, welches die Art und Weise dominiert, in der Retail-Investoren und Pensionsfonds an die Konstruktion ihres Portfolios herangehen. Diese Verschiebung fordert jeden heraus, der sein Geschäft anhand der traditionellen Methode ausgerichtet hat. Wir hatten zwar alle Teile des Puzzles, aber wir waren zögerlich, diese Erkenntnis umzusetzen. Wenn sie sich aber die Entwicklung der Aktienfonds in den vergangenen zehn Jahren anschauen, dann sehen Sie eine Stagnation oder einen Rückgang der Nettoflüsse. Passive Produkte, börsengehandelte Indexfonds etwa oder Absolute-Return-Produkte, wachsen aber stark.- Ist dies der Grund für den jüngsten Wechsel in der Führung der DWS?Die DWS ist zur Nummer eins geworden, weil sie in den 55 Jahren seit ihrer Gründung eine Menge richtiger Entscheidungen getroffen hat und auch immer wieder neue Mitarbeiter in die Führung geholt hat.- Ist die Ausweitung des Hedgefonds-analogen Geschäfts auch der Grund, warum mit Wolfgang Matis als Nachfolger von Klaus Kaldemorgen nun ein Investmentbanker an der Spitze der DWS steht?Wolfgang Matis kommt aus dem Investment Banking, vom Anleihehandel. Er hat auch sehr viel Ahnung vom Absolute-Return- und vom Hedgefonds-Geschäft. Ich bin davon überzeugt, dass wir unsere Anstrengungen verstärken müssen, diese neue Sprache zusätzlich zu lernen.- Wie wird sich die “neue Sprache” bei der DWS von der “alten” unterscheiden?Wissen Sie, Absolute Return war die Spielwiese der Hedgefonds. In Deutschland aber ist Hedgefonds ein Schimpfwort. Bereits der Internet-Crash aber hat uns gezeigt, dass Hedgefonds in fallenden Märkten eine Outperformance entwickeln können. Die zurück liegende Dekade hat eine neue Ära eingeläutet, und die DWS reagiert auf diese Veränderungen. Wir wollen uns nun an die Spitze setzen – und Wolfgang Matis passt zu diesem Stil.- Wo werden die neuen Produkte denn angeboten, bei der Deutschen Bank oder der DWS?Bei beiden. Es gibt eine wachsende Retail-Nachfrage, die in unserem Geschäft unter das DWS-Label fällt. Gleichzeitig zeigen aber auch Institutionelle zunehmend Interesse an Investments nach dem Modell der Yale-Stiftung. Auch für sie werden wir Produkte auflegen. Hedgefonds bieten nun einmal ein asymmetrisches Ertragsprofil, und diese Asymmetrie beinhaltet etwas überaus Wichtiges: Kapitalerhalt. Wenn sie 50 % ihres Kapitals verlieren, brauchen sie sehr lange, um das wieder aufzuholen. 2000, 2001 und 2002 sanken jeweils die Aktienkurse. Hedgefonds entwickelten sich dagegen positiv.- 2008 aber war das nicht der Fall.Im jüngsten Crash haben Hedgefonds etwa 15 % verloren, aber welche Asset-Klasse, ausgenommen Staatsanleihen, hatte denn keine Verluste? Die Hedgefonds aber haben ihre Verluste aus der jüngsten Krise schnell wett gemacht, während Aktien ihre Höchststände noch nicht wieder erreicht haben.- Wenn Sie sich die Performance im vergangenen Jahr anschauen, sehen Sie aber, dass Hedgefonds, gemessen an den einschlägigen Indizes, schlechter abschnitten als Aktien.Es gibt eben auch schlechte Hedgefondsmanager, die in den Index einfließen. Ich sage ja nicht, dass es einfach ist, einen Hedgefonds erfolgreich zu verwalten, oder dass jeder Hedgefondsmanager auf der Welt gute Arbeit macht. Ich glaube aber, dass die Märkte langsam verstehen, dass der Absolute-Return-Ansatz einen Wert hat.- Ein anderer Megatrend, den Sie identifiziert haben, ist der Trend hin zu ökologisch verträglichen Anlagen. Im Asset Management der Deutschen Bank aber ist der Anteil der nach diesem Ansatz investierten Gelder mit etwa 1 % noch immer sehr gering. Gibt es Pläne, die Gelder, die “grün” investiert sind, auszuweiten?Dieser Megatrend ist der einzige, den ich vorgegeben habe, die übrigen wurden aus der Diskussion heraus entwickelt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Welt ihren Kohlendioxid-Ausstoß drosseln muss. Klar ist aber auch, dass sich grüne Investments lohnen müssen. Schaut man sich die Optionen der Menschheit an, kommt man zu drei Möglichkeiten: Entweder wir tun etwas gegen den Kohlendioxid-Ausstoß, die Märkte tun etwas dagegen oder wir werden ausgelöscht. Letzteres ist keine erstrebenswerte Option. Also müssen wir aktiv werden oder die Märkte übernehmen das.- Wie?Sie werden die Kohlendioxid-Maschine stoppen, also die Weltwirtschaft. Nur die erste Option können wir gestalten, dazu aber braucht es zweierlei: die erforderlichen Vorgaben der Regierungen und das notwendige Kapital, um der Wirtschaft einen Schwenk hin zu umweltfreundlichen Ansatz zu ermöglichen. Und da kommen wir ins Spiel. Wir haben eine ganze Reihe entsprechender Produkte, sei es Private Equity, Investmentfonds oder ähnliches, über die wir mit unseren Kunden reden. Für sie ist es ein Weg, über ihr Investment, eine umweltfreundliche Zukunft zu gestalten.- Haben Sie schon mal versucht, die Deutsche Bank davon zu überzeugen, ihre Pensionsverpflichtungen nach diesem Ansatz anzulegen?In der Deutschen Bank ist Nachhaltigkeit längst ein Thema, dass bei unseren Entscheidungen in allen Bereichen eine wichtige Rolle spielt, bei der Renovierung von Immobilien ebenso wie bei der langfristigen Vermögensanlage.—-Das Interview führten Bernd Neubacher, Julia Roebke und Silke Stoltenberg.