Deutsche Banken müssen Wettbewerbsnachteil fürchten
Von Eckhart Schleifenbaum *) Deutsche Banken und Unternehmen mit Bedarf an Krediten werden mit Spannung verfolgen, was der Finanzmarktstabilisierungsfonds unter einer “marktgerechten” Vergütung für seine Garantien versteht. Davon hängt ab, wie wettbewerbsfähig Banken, die sich über den Fonds refinanzieren, im Markt sein werden. Und davon hängt auch ab, wie teuer Kredite der gestützten Banken für die “Realwirtschaft” werden. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz sieht vor, dass der Fonds mit den Banken über den Preis für die Garantien verhandeln wird. In der ursprünglichen begleitenden Gesetzesbegründung waren 2 % pro Jahr als Entgelt vorgesehen. Das wäre im europäischen Vergleich teuer geworden – ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Banken, die über den Fonds Garantien in Anspruch nehmen. Der Gesetzgeber änderte dies in letzter Minute in “marktgerechte” Vergütung. Das Kräfteverhältnis zwischen dem Finanzmarktstabilisierungsfonds und interessierten Banken lässt jedoch vermuten, dass Banken eingeschränkte Verhandlungsmasse in die Waagschale werfen können. Ob verlässliche Geschäftspolitik in der Vergangenheit Gewicht hat, ist nicht gewiss. Die verhaltenen Reaktionen der Privatbanken auf die Garantien des Fonds hängen sicher auch mit der Ungewissheit über den Preis zusammen. Solange hier keine Klarheit besteht, sind deutsche Institute gegenüber dem europäischen Ausland im Nachteil. Vorbild DänemarkIn Dänemark etwa wird eine eigene Gesellschaft (Winding-Up Company) gegründet, deren alleiniger Eigentümer das Königreich Dänemark ist und die den Mitgliedern der Private Contingency Association (“Det Private Barelskap”; “PCA”) Garantien gewährt. Um derartige Garantien zu erhalten, muss das in Anspruch nehmende Institut bis spätestens 13. Oktober 2008 Mitglied gewesen sein oder die Mitgliedschaft beantragt haben. Die PCA zahlt 7,5 Mrd. dkr p. a. an die Winding-Up Company, ist darüber hinaus zu einer Garantie von 10 Mrd. dkr p. a. verpflichtet. Jegliche Verluste über die Gesamtverpflichtung der PCA von 35 Mrd. dkr werden vom dänischen Staat getragen.Der dänische Ansatz führt dazu, dass alle PCA-Mitgliedsbanken der Garantie unterfallen. Eine individuelle Inanspruchnahme ist nicht erforderlich. Das schafft Chancengleichheit. Wegen der einheitlich kalkulierbaren Refinanzierung für die Banken werden Kreditnehmer wieder schneller mit Liquidität versorgt. Und: In Dänemark wird – anders als in Deutschland – ein Institut keinen Imageverlust bei Inanspruchnahme der Garantie befürchten müssen.Unternehmensbezogen ist dagegen die Finanzierungslösung im Vereinigten Königreich: In England wird die Gebühr 50 Basispunkte p. a. zuzüglich dem jeweiligen Durchschnitt der 5-jährigen CDS der letzten zwölf Monate betragen. Hiermit wird in indirekter Form auf die bisherige wirtschaftliche Verfassung und Bonität des Instituts Bezug genommen; eine bessere Bonität in der Vergangenheit führt zu geringeren Gebühren bei Inanspruchnahme. Diese “Ungleichbehandlung” mag einer egalitären Philosophie widerstreben, trägt jedoch dem individuellen wirtschaftlichen Erfolg der vergangenen Jahre Rechnung. Nach derzeitiger Markteinschätzung werden die Garantiegebühren in England deutlich geringer als 2 % sein, selbst Institute mit einem schlechten CDS-Durchschnitt werden hier besser stehen als deutsche Institute.Trotz eines rasanten Gesetzgebungsverfahrens ist Deutschland also noch nicht am Ziel, weil die Banken den Preis für ihre Rettung noch nicht kennen. Vielleicht eine Ironie des Schicksals: Nach einer Welle staatlicher Eingriffe und Verstaatlichungen soll es am Ende doch wieder der Markt richten. *) Dr. Eckhart Schleifenbaum ist Rechtsanwalt in der internationalen Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz.