ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: CHRISTIAN PUSCHMANN UND MICHAEL FRAIKIN

"Deutsche Vokabeln für das Asset Management"

Die Geschäftsführer von Invesco über die Liebe der deutschen Großinvestoren für Ingenieurskunst und Sicherheit

"Deutsche Vokabeln für das Asset Management"

Typisch deutsch – das gibt es nach Beobachtung von Invesco auch in der Vermögensverwaltung. Sehr spezielle Vorlieben, die mit einem starken Sicherheitsbedürfnis einhergehen, verlangen nach technisch ausgerichteten Lösungen, meinen Christian Puschmann und Michael Fraikin, die sich bei dem US-Vermögensverwalter um die Großinvestoren kümmern.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtDer deutsche institutionelle Kunde steht auf Ingenieurskunst in der Vermögensverwaltung. Dieser Überzeugung ist Michael Fraikin, Leiter des Portfoliomanagements für die weltweiten quantitativen Aktienstrategien von Invesco Global Strategies und Geschäftsführer der Invesco Kapitalanlagegesellschaft. “Es gibt bei deutschen Großinvestoren im internationalen Vergleich sehr spezielle Vorstellungen, die tatsächlich nach ingenieursmäßigen Lösungen verlangen, im deutschen Asset Management ist Ingenieurskunst gefragt”, sagt Fraikin im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Vieles von den deutschen Wünschen sei für einen amerikanischen oder britischen Investor kaum vorstellbar.Das fängt nach Darstellung von Christian Puschmann, Geschäftsführer für das institutionelle Geschäft von Invesco Asset Management Deutschland, bereits bei der Betreuung an: “Der deutsche Kunde will aus Deutschland heraus betreut werden von deutschen Ansprechpartnern und Investment Professionals, es gibt Anleger aus anderen Ländern, denen ist das nicht ganz so wichtig.” Daher habe sich die US-Gesellschaft bewusst dafür entschieden, hierzulande nicht nur eine Vertriebsmannschaft anzusiedeln wie die überwiegende Mehrheit der ausländischen Anbieter, sondern auch Bereiche des Fondsmanagements. Das quantitative Aktienmanagement und Teile des Immobilienmanagements von Invesco sind in Deutschland beheimatet. 11,5 Mrd. Euro werden hier verwaltet. “Davon wird ein großer Teil nach Europa und Asien exportiert, üblicherweise gibt es in der Vermögensverwaltung eher Importe”, betont Fraikin.Invesco gehört zu den etablierteren Adressen unter den nichtdeutschen Fondsgesellschaften: Bereits seit 1987 ist Invesco mit einer Kapitalanlagegesellschaft in Deutschland vertreten. Für deutsche Großinvestoren betreut Invesco knapp 5,6 Mrd. Euro (Stand: September 2011). Davon liegen 1,4 Mrd. in Aktien, 982 Mill. in gemischten Mandaten und 3,0 Mrd. Euro in Immobilien. Mit 32 % des verwalteten Vermögens sind betriebliche Versorgungswerke die wichtigsten der knapp 500 Kunden, gefolgt von Versorgungswerken der öffentlichen Hand mit 29 % und Versicherungen mit 21 %.Nicht nur in der Betreuung haben institutionelle Investoren aus Deutschland besondere Vorlieben, meinen die Experten von Invesco. “Typisch deutsch ist auch, auf absolute Erträge zu setzen, statt sich am Index zu orientieren”, berichtet Fraikin. Hierzulande sei die Risikoaversion besonders extrem ausgeprägt, dies könne ein Amerikaner nicht nachvollziehen. “Risikobudgets und -sicherung, Fondsunterpreisgrenzen, maximale Verluste bei Mandaten – das sind deutsche Vokabeln für das Asset Management”, so Fraikin.Dem Wunsch nach quasitechnischen Angeboten und Lösungen kommt Invesco in Deutschland dementsprechend nach. Das quantitative Aktienmanagement bedient in seiner Gänze genau diese Vorliebe. “Das sind Mandate, die Aktienquoten mit Wertsicherung bzw. erwarteten Maximalverlust kombinieren”, berichtet Fraikin. Dabei stehen drei Prognosen im Zentrum des Aktienmanagements: wie attraktiv ein Einzelwert ist (also wie er sich relativ zu anderen Titeln entwickelt), welche Märkte besser laufen als der Geldmarkt und wie riskant diese Märkte sind. Über diese drei Bestandteile würden die Risiken gemanagt.Schon weit vor Beginn der Finanz- und Schuldenkrise hatte Invesco zudem auf das ausgesprochene Sicherheitsbedürfnis der deutschen Anleger mit einer speziellen Minimum-Varianz-Strategie reagiert. Diese Strategie, die die Volatilität in Aktienmandaten glätten will, wird bei Invesco erweitert dadurch, dass sie mit Einzelwerten kombiniert wird, die als attraktiv eingestuft werden. Damit soll der Börsenabsturz für Kunden gemildert werden, aber auch der Aufschwung wird nicht ganz mitgenommen. Invesco rechnet damit, dass dieses Geschäft angesichts des schwierigen Aktienumfelds wachsen wird. Derzeit stecken 15 bis 20 % der für deutsche Großinvestoren verwalteten Aktiengelder in solchen Low-Volatility-Konzepten. Schwarze Null im MittelDoch trotz aller Schutzmaßnahmen – auch Invesco konnte sich dem Absturz an den Börsen in diesem Jahr nicht entziehen. “Die Mandate mit europäischen Aktien haben weniger verloren als der Index, in den gemischten Mandaten mit globalenAktien und Wertuntersicherungsgrenze gab es aber Renditen zum Teil deutlich über Geldmarkt”, berichtet Fraikin. Im Mittel sei für die deutschen Großinvestoren eine schwarze Null erreicht worden.Nach eigenen Angaben hatte die Fondsgesellschaft bereits vor dem Crash im August die Aktienquoten deutlich zurückgefahren, weil sich im Vorfeld die Volatilität vervierfacht hatte. “Sie werden durch Prognosemodelle nie eine hundertprozentige Genauigkeit erreichen, das ist auch nicht so entscheidend, wichtiger ist die Reagibilität der Werkzeuge, die auch einen schnellen Wiedereinstieg in Aktien erlauben und somit die Risikobudgets der Kunden schonen”, meint Puschmann.Ganz überzeugen kann Puschmann die Großinvestoren durch sein Werben für Aktien allerdings nicht. Immerhin liegt das Equity-Vermögen unter dem Niveau von 2003 (siehe Grafik). Dafür wuchsen die Immobiliengelder gewaltig – seit Jahresende 2010 um fast 50 %. Damit kompensierten die Kunden den weggebrochenen Zins der sicheren Staatsanleihen wie z. B. aus Deutschland, erläutern die beiden Invesco-Experten.