Diamanten funkeln auch 2012
Analysten und die Mehrzahl der Händler von Diamanten vertreten eine einhellige Meinung: Dem Diamantenmarkt steht nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge ein recht rosiges Jahr 2012 bevor: Es wird sowohl bei den Rohdiamanten als auch bei den geschliffenen Steinen mit steigenden Preisen gerechnet.Von Kai Johannsen, Frankfurt”2012 wird voraussichtlich ein recht gutes Jahr für die härteste Währung der Welt. Aber wir werden es mit moderateren Preis- und Marktentwicklungen als in diesem Jahr zu tun bekommen. Es gibt aber einen erheblichen Risikofaktor für dieses Szenario, und das ist die Tragweite der realwirtschaftlichen Auswirkungen der Schuldenkrise. Hier lassen sich selbstverständlich Belastungen für Unternehmen und Konsumenten ableiten, die den ansonsten recht günstigen Aussichten für den Diamantenmarkt einen Strich durch die Rechnung machen können”, sagt Ulrich Freiesleben, Rohdiamantenhändler an der Börse im belgischen Antwerpen.Zwei wichtige Indikatoren für die Entwicklung des Diamantenmarktes im anstehenden Jahr gab es im November. In diesem Zusammenhang geht es erstens darum, wie das Weihnachtsgeschäft rund um Thanksgiving in den USA anläuft. Schließlich zeichnet die Nachfrage aus den USA für einen Anteil von gut 40 % am Weltmarkt für Schmuck verantwortlich, was sich entsprechend im Diamantenhandel bemerkbar macht. Die Weihnachtssaison in den USA ist laut Experten im Bereich von Schmuck und Diamanten gut angelaufen. Im Vorjahresvergleich wird für die ersten Tage von einem Plus von um die 8 % gesprochen. “Das sieht wirklich unerwartet gut aus”, sagt Freiesleben. Läuft das Weihnachtsgeschäft weiterhin gut, ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen, dass die bis Weihnachten stark dezimierten Lager im Januar wieder aufgefüllt werden. Damit kommt es zum Jahresanfang zu einem Nachfrageschub.Diese Nachfrageimpulse setzen sich laut Freiesleben im Verlauf des ersten Quartals normalerweise fort und ebben nicht einfach ab. “Ein solides bis sehr gutes Weihnachtsgeschäft verbreitet erfahrungsgemäß bis zu den ersten Messen im neuen Jahr recht gute Stimmung”, sagt Freiesleben. Die erste wichtige Schmuckmesse des Jahres findet im März in Basel (Baselworld) statt. Im Frühjahr folgt eine Schmuckmesse in Hongkong. Viel Schmuck verschenktDer zweite wichtige Impulsgeber ist die Hochzeitssaison im Dezember und Januar in Indien. Hier wird traditionell viel Schmuck verschenkt. Auch hier berichten Marktakteure von positiven Impulsen nach der jüngsten Ernüchterung am Diamantenmarkt, d. h. den im August einsetzenden und rund drei Monate anhaltenden Preisrückgängen. Die Geschäfte mit Schmuck in den USA, Indien, aber auch in China laufen Experten zufolge somit gut an. Damit stimmen die ersten Indikatoren für das neue Jahr positiv. Die Nachfrage aus Europa liegt laut Analysten in etwa auf Vorjahresniveau. Allerdings ist Europa mit einem Anteil von 12 % am weltweiten Schmuckmarkt nicht die entscheidende Größe.Die Frage ist, wie sich die Preise für Rohdiamanten in den kommenden Wochen entwickeln werden. Gegenwärtig deutet laut Freiesleben alles auf eine langsame stabile Aufwärtsbewegung nach den jüngsten Rückgängen hin. “Diese Tendenz ist momentan am Markt klar zu beobachten”, sagt der Experte. So weist der Rapnet Diamond Index (Rapi) für November ein Plus von 1,9 % aus.Die Rohdiamantenpreise werden für gewöhnlich auf die geschliffenen Steine überwälzt, hinzu kommen die Kosten für die Verarbeitung der Steine. Seit Frühjahr/Sommer 2010 liegen die Preise für Rohdiamanten über den Preisen für geschliffene Steine. “Ich gehe derzeit nicht davon aus, dass sich dieser Trend noch intensiviert. Recht wahrscheinlich ist, dass sich die Rohdiamantenpreise und die Preise geschliffener Steine im Jahresverlauf angleichen werden. Damit würde der Markt in eine gesündere Entwicklungsphase eintreten und an Stabilität gewinnen. Das bedeutet aber auch, dass wir im kommenden Jahr ein Ende dieser überschäumenden Euphorie mancher Marktteilnehmer erleben werden”, sagt Freiesleben.Langfristig wirkt an den Märkten die Nachfrage aus den neuen Mittel- und Oberschichten der aufstrebenden Volkswirtschaften. In diesem Zusammenhang wird immer wieder China genannt. Denn auch in anderen Bereichen heißt es bei Analysten nur allzu oft: “Gleichgültig, welche Frage, die Antwort lautet China!” Da die neuen Mittel- und Oberschichten der Emerging Markets sehr viel schmuckaffiner sind als beispielsweise die Europäer, kommt ein Großteil der Schmucknachfrage aus diesen Regionen. Es wird am Markt davon ausgegangen, dass China und Indien, die derzeit zusammen für einen Weltmarktanteil von mehr als 25 % bei Schmuck verantwortlich sind, in rund fünf Jahren das Nachfragevolumen der USA erreicht haben werden.Von der Angebotsseite drohen dem Diamantenmarkt laut Experten keine Gefahren. Die Diamantminen, die derzeit in Betrieb sind, sind zwar nicht in Kürze erschöpft. Aber viele Minen nähern sich den Kapazitätsgrenzen. Außerdem ist laut Experten die Erschließung neuer ertragreicher Minen nicht in Sicht. Viele der internationalen Minengesellschaften scheuen die hohen Kosten für neue Minenerschließungen bzw. Erforschungen, wenn zeitgleich angesichts kräftiger Preisanstiege in diversen Rohstoffsegmenten schnell anderweitig Erträge sprudeln. Zudem gibt es sehr lange Erschließungszeiten für neue Minen. Harte BedingungenIn einer Research-Studie von Goldman Sachs zum Diamantminenbetreiber Petra Diamonds prognostizieren die Analysten des US-Hauses, dass in den kommenden fünf Jahren keine größere Diamantmine zu den bestehenden Minen hinzukommen wird. Es dauere allein diese fünf Jahre, um eine neue Mine auf den Reifegrad für das kommerzielle Geschäft zu bekommen. Zum Teil reichten die fünf Jahre dafür aber auch nicht aus, da Gesellschaften in manchen Ländern mit harten Bedingungen zu kämpfen hätten (verspätete Genehmigungen, schärfere Umweltauflagen). Diese Situation auf der Minenseite, d. h. der zunehmende Rückgang der Produktion in bereits lange laufenden Minen, zeigt sich auch in konkreten Zahlen. Das Hoch der Diamantenproduktion wurde laut Goldman Sachs 2005/2006 mit 176 Mill. Karat erreicht. 2010 waren es Rohdiamanten im Umfang von 133 Mill. Karat. Das Angebot aus neuen Minen könne den Rückgang der Produktion aus den etablierten Diamantminen nicht ausgleichen, so Goldman Sachs.Rohstoffkonzerne wie etwa BHP Billiton überdenken derzeit auch die Ausrichtung des Geschäftsmodells. In diesem Zusammenhang stellt BHP aktuell auch den Diamantenbereich in Frage (vgl. Artikel zu De Beers auf dieser Seite), und das obwohl dem Markt von Analysten eine sehr rosige Zukunft bescheinigt wird. Entsprechende Entscheidungen sollen bei BHP laut Analysten im Januar 2012 getroffen werden.