Finanzen persönlich

Die Abgeltungssteuer ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben

Die ab 2009 wirksame Steuer lässt sich nur begrenzt vermeiden - Für Zinserträge kein Thema, für Veräußerungsgewinne allerdings schon

Die Abgeltungssteuer ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben

Von Carsten Michael Zwar gehen noch knapp anderthalb Jahre ins Land, bevor ab Januar 2009 die Abgeltungssteuer wirksam wird. Aber wer sich jetzt Gedanken über sein Wertpapierdepot macht, kann einiges tun, um seine Kapitalanlagen auch unter steuerlichen Gesichtspunkten zu optimieren. “Kapitalanleger müssen sich fragen, ob sie ihre Wertpapieranlagen steuerlich wirklich kennen – und ob ihr Steuerberater sie kennt”, betont Ellen Ashauer, Steuerberaterin bei der Nürnberger Gesellschaft Rödl & Partner. “Denn die Abgeltungsteuer wird von der Bank abgeführt und ist damit zunächst weg – ganz unabhängig davon, ob sie in ihrer Höhe gerechtfertigt ist oder nicht.” Zu viel bezahlt Ein Beispiel: Sind der Bank die Anschaffungskosten nicht bekannt – etwa nach einem Depotübertrag -, ist sie verpflichtet, einen Kursgewinn von 30 % zu unterstellen. Betrug der Gewinn nur 10 % oder 20 %, wird eine zu hohe Steuer bezahlt. “Um solche Fälle frühzeitig zu erkennen, biete ich Anlegern eine laufende Buchführung an. So behalten wir immer im Blick, welche Steuer wirklich zu zahlen ist.” Was zu viel bezahlt wurde, wird über die Veranlagung zurückgeholt (vgl. Tabelle).”Was die Kapitalanlage selbst angeht, sollten sich Anleger bis Ende 2008 die Frage stellen, auf welchem Wege sie die Altfall-Regelung für sich nutzen wollen”, sagt Arnd Brüggenwirth, Leiter Private Banking der Landesbank Berlin International in Luxemburg. Denn wurden die Fondsanteile vor 2009 gekauft, können sie auch in Zukunft steuerfrei veräußert werden, sofern die Spekulationsfrist abgelaufen ist. “Bei Wertpapierkäufen nach dem Stichtag wird die Nutzung des Steuerstundungseffektes im Mittelpunkt stehen.”Michael Porepp, Produktmanager bei Union Investment, rät in diesem Zusammenhang, “für längerfristige Investments Dachfonds zu wählen, weil hier eventuell Umschichtungen innerhalb des Fonds steuerfrei sind.” Der Effekt: Die dabei erzielten unversteuerten Gewinne verstärken den Zinseszinseffekt. Misch- und breit aufgestellte Aktienfonds erzielten eine ähnliche Wirkung.Zinserträge dagegen sollten möglichst in die Zukunft verschoben werden, weil ab 2009 nur noch der günstigere Abgeltungssatz gilt, nicht mehr der persönliche Steuersatz. Das geht mit Hilfe von abgezinsten Papieren wie Zerobonds, Bundesschatzbriefen oder Banksparbriefen, die ihre Erträge erst bei Fälligkeit bringen. Zudem bleibt der bisher gefürchtete Progressionssprung bei einmalig hohen Einkünften aus.Steuerlich günstig sind weiterhin offene Immobilienfonds, die ihre Objekte überwiegend im Ausland erwerben und bewirtschaften. Denn im Ausland erzielte Mieten und Veräußerungsgewinne werden in der Regel in Deutschland nicht versteuert. Bisher gilt für diese Erträge zwar der Progressionsvorbehalt. Doch der “fällt ab 2009 wegen der pauschalen Abgeltungsteuer weg. Damit sind diese Einnahmen sozusagen voll steuerneutral”, so Ashauer. Auch Lebensversicherungen bieten steuerliche Vorteile. Läuft ein Vertrag mindestens zwölf Jahre und ist frühestens mit dem 60. Geburtstag fällig, wird bei Auszahlung nur die Hälfte der Erträge mit dem persönlichen Steuersatz belegt. Alle zwischenzeitlich anfallenden Erträge bleiben unversteuert. Das gilt für jede in Deutschland abgeschlossene Lebensversicherung – heute und auch weiterhin ab 2009. Liechtensteiner VersicherungZusätzliche Vorteile bringt die Liechtensteiner Variante, die etwa Banken in Österreich anbieten. Der eigentliche Versicherungsvertrag wird zwar mit dem Liechtensteiner Versicherungspartner der Bank geschlossen. Sein Wertpapierdepot überträgt der Anleger jedoch auf die österreichische Bank. Dort wird es verwaltet und dient als Sicherungsvermögen für die Versicherung. Letztlich machen es auch große Versicherungen nicht anders – sie lassen die Gelder ihrer Kunden von professionellen Vermögensmanagern verwalten.Dazu Roland Jauch, Leiter Business Development International der Raiffeisenbank Kleinwalsertal: “Anleger kommen zu uns nicht nur, wenn sie vom Steuerstundungseffekt sowie einem günstigeren Steuersatz profitieren möchten, sondern zusätzlich eine praktikable Nachlassregelung suchen und mehr wollen als eine Standard-Vermögensverwaltung.” Das gehe bereits ab 50 000 Euro. “Stiftung light” nennen das viele. Denn der Gestaltungsspielraum ist weit größer als in Deutschland. Das Sicherungsvermögen kann zum Beispiel vollständig aus Aktien bestehen, während dem Aktienanteil bei deutschen Lebensversicherungen enge Grenzen gesetzt sind. Zudem ist das Vermögen vor Einblick und Zugriff deutscher Steuerbehörden weitgehend geschützt. “Findet dagegen in Deutschland eine Kontenabfrage statt, weiß das Finanzamt, dass ein Vermögenstransfer ins Ausland stattgefunden hat”, betont Jauch. Sein Vermögen im Ausland verwalten zu lassen ist selbstverständlich erlaubt. Doch dabei anfallende Zins- und Dividendenerträge müssen dem Finanzamt gemeldet werden. Geschieht das nicht, wird das Finanzamt nachfragen. Die Antwort, das Vermögen sei in einer Lebensversicherung gebunden, gibt nur Aufschub, bis diese ausgezahlt wird. Dann müssen die Erträge versteuert werden. Stößt dem Versicherungsnehmer etwas zu, bekommen die Erben den aktuellen Depotwert ausgezahlt – und zwar steuerfrei.In Luxemburg ist es einzelnen Anlegern seit kurzem erlaubt, mit einer Mindestanlage von 1,25 Mill. Euro ihren persönlichen Investmentfonds führen zu lassen. Neben der größeren Flexibilität hinsichtlich der Anlage- und Ausschüttungspolitik locken die erleichterten aufsichtsrechtlichen und administrativen Regularien in Luxemburg. “Steuerlich dagegen werden sie zunächst genauso behandelt wie ein in Deutschland erworbener thesaurierender, steueroptimierter Investmentfonds”, so Ashauer. Mythos LuxemburgIn dieselbe Kerbe haut der Steuerexperte Arnd Brüggenwirth: “Die steuerliche Behandlung eines Luxemburger Spezialfonds unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der eines Publikumsfonds.” Zwar könne der Anleger seinen Spezialfonds individuell steuern. “Angesichts der Kosten für die Depotbank, Verwaltungsgesellschaft und Wirtschaftsprüfer hat ein solcher Fonds in der Regel aber erst ab einem Anlagevolumen von 5 bis 10 Mill. Euro Sinn.”Nicht zuletzt müssen ausländische Zinsen und Dividenden in jedem Fall veranlagt werden (vgl. Tabelle). Das nicht zu tun, davon rät Marcus Kemper, Steuerberater bei der Düsseldorfer Gesellschaft Wolfarth & Willems, dringend ab, denn “es gilt das Welteinkommensprinzip. Sich sein Geld in Luxemburg auszahlen lassen und nicht melden ist Steuerhinterziehung.”