Asset Management - Interview mit Frank Dornseifer, Bundesverband Alternative Investments

"Die AIFM-Richtlinie ist jetzt in der entscheidenden Phase"

Der Geschäftsführer Recht und Policy des Verbands Alternativer Investments über die Irrungen und Wirrungen der EU-Regelungen zu Hedgefondsmanagern

"Die AIFM-Richtlinie ist jetzt in der entscheidenden Phase"

– Herr Dornseifer, bei der EU arbeitet man schon seit einem Jahr an einer Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds, der AIFM-Richtlinie. Wie ist der Stand des Gesetzgebungsvorhabens?Die AIFM-Richtlinie ist jetzt in der entscheidenden Phase. Mittlerweile haben sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament durch seinen Berichterstatter, Herrn Gauzès, relativ klar umrissen, wo sie Änderungsbedarf sehen. Für den 27. April ist die Beschlussfassung im Wirtschaftsausschuss des Parlaments über die Kompromissvorschläge von Herrn Gauzès vorgesehen. Auf Ratsebene haben die Mitgliedstaaten die Beschlussfassung wegen erheblicher Kontroversen auf den 18. Mai vertagt. Parallel läuft derzeit schon der sogenannte Trilog, also die Abstimmung zwischen Kommission, Rat und Parlament. Der politische Schlagabtausch ist im vollen Gange.- Welche Fragen sind noch strittig?Höchst umstritten ist das Thema Drittstaatenfonds. Das sind Fonds, die außerhalb Europas ansässig sind und entweder von einem europäischen oder von einem Drittstaatenmanager verwaltet werden. Deren Vertriebsmöglichkeit in der EU ist aus meiner Sicht momentan der Dreh und Angelpunkt der Diskussionen. Die Position von Herrn Gauzès ist dabei besonders pikant: Während einer Übergangsfrist von fünf Jahren soll für Drittstaatenfonds lediglich ein Private Placement möglich sein. Parallel soll überprüft werden, ob der Fonds und sein Herkunftsland gewisse Kriterien erfüllen, zum Beispiel im Hinblick auf den Austausch von Steuerinformationen, den wechselseitigen Zugang zum Markt und Standards der Aufsicht. Fonds, die diese Kriterien nicht erfüllen, dürften danach nicht mehr innerhalb der EU vertrieben werden. Sofern der Manager außerhalb der EU ansässig ist, will Herr Gauzès sogar institutionellen Investoren verbieten, auf Eigeninitiative in diese Fonds zu investieren.- Man merkt, dass Ihnen dies nicht gefallen würde.Ich glaube einfach nicht, dass es angeraten ist, solche radikalen Maßnahmen zu ergreifen. Lassen Sie mich das Vorgehen durch einen Vergleich mit der Automobilbranche verdeutlichen: Geht es nach Herrn Gauzès, dürften im übertragenen Sinne künftig in der EU nur noch ausländische Autos verkauft werden, die baugleich mit europäischen Autos sind. Und da frage ich mich, ob das richtig sein kann: Es geht um die Verkehrssicherheit der Autos, egal ob sie baugleich sind oder nicht. Und Autofahrern wollen wir doch auch nicht vorschreiben, nur EU-baugleiche Autos zu kaufen. Dass dieser protektionistische Ansatz auch außerhalb der EU ein großes Thema ist, zeigt sich an den Beschwerdebriefen, die US-Finanzminister Geithner jüngst geschrieben hat.- Es gibt einiges, was fast sicher auf die Branche zukommt. Wie werden die neuen Anforderungen die Investoren-, aber auch die Anbieterwelt in Europa verändern?Die Richtlinie wird für Investoren auf jeden Fall den positiven Effekt haben, dass gewisse Mindesttransparenzanforderungen eingehalten werden, egal, um welchen Fondstyp es sich handelt. Zwar haben diejenigen, die eine Due Diligence durchführen, diese Informationen auch schon vorher bekommen, die Richtlinie wird dies aber jetzt standardisieren. Dennoch kann ich nur davor warnen, sich in Zukunft nur mit einen umfangreichen Prospekt zufriedenzugeben. Produkt und Manager sollten weiterhin einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Auf Anbieterseite beobachten wir schon seit einiger Zeit den Trend, alternative Anlagestrategien auch im Ucits-Mantel zu vermarkten. Damit erschließen sie sich neue Käuferschichten und entsprechen zugleich dem Sicherheitsbedürfnis vieler Anleger.- In Deutschland schlägt die Kritik an der geplanten Richtlinie hohe Wellen, auch weil unter anderem Spezialfonds und offene Immobilienfonds betroffen sein werden. Werden die Auswirkungen wirklich so gravierend sein?Für Immobilienfonds bemüht sich momentan zumindest der Wirtschaftsausschuss um eine Entschärfung der Regeln zur Bewertung, die hier in der Tat wenig Sinn machen. Am Ende können die Immobilienfonds dann gegebenenfalls mit der Richtlinie leben. Es stellt sich allerdings die Frage – und das betrifft jetzt auch die Spezialfonds -, welcher Stellenwert einer nationalen Regulierung eingeräumt werden soll. Der Wirtschaftsausschuss diskutiert momentan zum Beispiel die Ausnahme von sogenannten Ein-Anleger-Fonds, die national reguliert sind.- Darunter würde eine Vielzahl der deutschen Spezialfonds fallen.Ja, allerdings bin ich bei diesem Ansatz noch sehr skeptisch. Denn was passiert zum Beispiel mit einem Fonds, der in seinen Vertragsbedingungen auch einen zweiten Anleger zulässt. Wenn dann die Ausnahme nicht mehr gilt, wäre nicht viel gewonnen. Und dann ist da noch das Thema Steuertransparenz. Was ist, wenn diese nur Fonds gewährt wird, die unter die Richtlinie fallen? Interessant ist diese Frage natürlich auch für Private-Equity-Gesellschaften. Bringt die Richtlinie für diese endlich die steuerliche Transparenz? Der deutsche Gesetzgeber muss hier frühzeitig Klarheit herbeiführen.- Gibt es Ihrer Ansicht nach noch weitere kritische Punkte, die man bei der Umsetzung in deutsches Recht beachten sollte?Abgesehen von der Steuerthematik muss meiner Meinung nach überlegt werden, in welcher Form Private-Equity-Gesellschaften künftig in Deutschland agieren können und sollen. Derzeit gibt es keine Alternative zum GmbH & Co.-Modell. Der Blick auf Unternehmensbeteiligungsgesellschaft und vor allem Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft ist mehr als ernüchternd. Deutschland bleibt bei Private Equity oder Venture Capital weit hinter anderen EU-Staaten zurück. Als Verband plädieren wir daher dafür, dass die AIFM-Richtlinie zum Anlass genommen wird, endlich wettbewerbsfähige Strukturen und Rahmenbedingungen in Deutschland zu schaffen.- Wie beurteilen Sie den Markt für alternative Investments in Deutschland im Allgemeinen?Nach wie vor gehen viele Investoren das Thema Alternatives sehr zögerlich an, obwohl klar sein dürfte, dass klassische Anlageformen in Zukunft nicht die notwendigen Erträge erwirtschaften können. Bisher investiert auch im institutionellen Bereich nur ein geringer Teil. Das liegt auch daran, dass zum Beispiel Hedgefonds und Private Equity in Deutschland aufgrund der teilweise sehr undifferenziert geführten Diskussion – zu Unrecht – einen schlechten Ruf haben.- Inzwischen zeichnet sich ab, dass ungedeckte Leerverkäufe verboten werden. Das hat Finanzminister Schäuble angekündigt, und auch aus Brüssel kommen entsprechende Signale.Das Thema ungedeckte Leerverkäufe beschäftigt die Aufsichtsbehörden schon Jahrzehnte. Einschränkungen wurden diskutiert und wieder verworfen. Für die deutsche Branche haben diese aber auch gar keine so große Relevanz. Auf jeden Fall gibt es andere Sanktionsmechanismen, die einem Verbot vorgeschaltet werden sollten.—-Das Interview führte Julia Roebke.