ASSET MANAGEMENT

Die blinden Flecken der Risikomodelle

Studie zeigt dringenden Handlungsbedarf - Mehr Daten, eine bessere Analyse und Makrobetrachtung für bessere Portfoliosteuerung

Die blinden Flecken der Risikomodelle

Die Krise hat bereits mehrfach bewiesen, wie ungenau die Prognosen von Risikomodellen sind. Insbesondere Extremereignisse wie Börsencrashs sind damit nicht vorherzusehen. Durch verfeinerte Methoden und eine bessere Analyse durch den Menschen lassen sich die “blinden Flecken” der Modelle verringern, zeigt eine Studie der Leibniz Universität Hannover.sto Frankfurt – Die Risikomodelle im Asset Management müssen dringend überarbeitet werden. Dies haben die Krisen der vergangenen Jahre mehrfach gezeigt: Die Markteinbrüche waren nicht auf dem Radar der gängigen Value-at-Risk-Methoden. Diese Unzulänglichkeiten können durch mehr Daten, eine fundiertere Analyse durch Portfoliomanager oder Analysten und eine genauere Betrachtung der Abhängigkeit einzelner Risiken verringert werden, zeigt eine bislang unveröffentlichte Studie der Leibniz Universität Hannover im Auftrag von Union Investment. Bei den Assetklassen und Risikofaktoren gibt es große Unterschiede in der Modellqualität.Statt trotz offenkundigen Versagens die existierenden Modelle in die Abstellkammer zu schieben, setzen die Investoren auf deren Weiterentwicklung. Im Vergleich zu früher ist bei ihnen der Stellenwert der Identifikation und Messung von Risiken gewachsen, zeigen Umfragen im Rahmen der Studie. 85 % der befragten Manager gaben an, dass ein Risikomodell wichtig ist. Für 76 % spielen die Messmethoden im Rahmen der Anlageentscheidung eine bedeutende Rolle. Mit deren Hilfe werden Wahrscheinlichkeiten bzw. die Höhe der Abweichungen von Erwartungswerten dargestellt, um das Portfolio besser steuern zu können. Üblich sind die Sichtbarmachung von Risiken und Risikofaktoren bzw. Prognosen von Renditen und Volatilitäten.Dabei werden bei den befragten Investoren vor allem im Anleihebereich (73 % der Befragten), bei Aktien (57), bei Geldmarktinstrumenten (40) und Immobilien (33) diese Methoden eingesetzt. Bei Asset Backed Securities (ABS), Private Equity oder Hedgefonds kommen sie selten zum Einsatz. Dies liegt auch daran, dass es für diese Assetklassen im Vergleich zu den anderen Anlageformen keine zuverlässigen Messmethoden gibt. Fehlende ZeitreihenEin Grund dafür ist, dass es z. B. bei Kredit- und Verbriefungsrisiken kaum historische Daten gibt, mit denen die Risikomodelle üblicherweise arbeiten. Auch Gegenpartei-, operationelle und Liquiditätsrisiken werden bislang nur unzureichend durch die Rechenformeln abgebildet. Die vorhandenen Zeitreihen bei Renten, Aktien, Währungen, Rohstoffen und Derivaten erlauben dagegen höhere Schätzgenauigkeiten für Prognosen durch die Modelle. Allerdings ist ebendie Konzentration auf historische Daten ein nicht auszumerzender Schwachpunkt der Risikomodelle, da es für Extremereignisse wie Börsencrashs keine Referenzpunkte in der Vergangenheit gibt.Die Profianleger bevorzugen als Methoden Risikomaß-, Volatilitäts- und Renditeprognosen. Wenig Beachtung finden Korrelationsprognosen, die Risikoverbindungen zwischen den Assetklassen bzw. Risikofaktoren darstellen wollen. Diese sogenannten Globalmodelle bzw. Makroanalysen stecken noch in den Kinderschuhen und gelten als sehr unausgegoren. Zugleich sind sich die Profianleger bewusst, dass der Entwicklungsstand ihrer eigenen Modelle nicht adäquat ist. Immerhin ein Viertel stufen ihn als “eher gering” ein. Der Sachaufwand für die Risikomodelle divergiert von Haus zu Haus sehr stark. Er reicht von 0,01 % bis über 10 % des Aufwands.Durch die Erfahrung der vergangenen Jahre hat sich etwa die Hälfte der Befragten darauf eingestellt, dass die Modelle fehlerhaft sind. Als Ursachen von Fehlerprognosen sehen die Asset Manager insbesondere Veränderungen im politischen Rahmen (siehe Grafik). Daneben gibt es auch zusätzliche Risikofaktoren, die meist nicht direkt in den Modellierung von Finanzzeitreihen berücksichtigt werden können (siehe weitere Grafik).