Finanzen persönlich

Die Erbschaftsteuerreform kommt

Gesetzliche Neuregelung bis Ende 2008 - Schenkungen mindern die Steuerlast

Die Erbschaftsteuerreform kommt

Von Ulrich Stephan *) Das Thema Erben schieben Familien oft auf die lange Bank. Über den Tod und alles, was damit zusammenhängt, spricht man nicht gerne. Und so kommt es, dass wichtige Weichenstellungen, die den Erhalt und die Weitergabe des erworbenen Hab und Gutes sichern und optimieren können, oftmals ausbleiben.Anders ist es im vorliegenden Beispielfall: Ein Vater denkt mit 72 Jahren weit in die Zukunft. Er möchte, dass von seinem Vermögen so viel wie möglich auf seinen einzigen Sohn übergeht. Beide haben in der Tagespresse die Diskussion um die kommende Erbschaftsteuerreform verfolgt. Vater und Sohn erkundigen sich gemeinsam, ob durch die bevorstehende Neuregelung akuter Handlungsbedarf besteht. Der Berater klärt die beiden zunächst darüber auf, dass sich bislang nur mehr oder weniger fundierte Vermutungen anstellen lassen, wie die kommende Erbschaftsteuerreform die einzelnen Vermögenskategorien betrifft. Dabei kommt es nicht nur darauf an, welche Vermögenskategorien in Zukunft vermutlich durch höhere Wertermittlungsansätze betroffen sind. Da die Steuergesetzgebung im Detail oftmals das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Gesetzgeber und Interessengruppen ist, ist davon auszugehen, dass es bei einzelnen Vermögenskategorien zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu einer Entlastung kommt. Urteil beachtenIm nächsten Schritt betrachten Berater und Mandanten die Vermögensaufstellung des Vaters (siehe Tabelle) und ziehen erste Schlüsse. Dabei berücksichtigt der Berater die Intention, die das Bundesverfassungsgericht mit seinem am 31. Januar 2007 veröffentlichten Urteil und der damit zusammenhängenden Aufforderung des Gesetzgebers zu einer Neuregelung des Erbschaftsteuergesetzes bis Ende 2008 hatte. Im Kern geht es um die erbschaftsteuerliche Gleichbehandlung verschiedener Vermögensteile. Konkret heißt dies, dass Vermögenswerte, die das Finanzamt heute mit Wertansätzen besteuert, die weit unter ihren Verkehrswerten liegen, später vermutlich steuerlich schlechter gestellt sind. Dies geschieht durch eine Änderung der Wertermittlungsansätze.Im Einzelnen: Die beiden größten Vermögenspositionen in der knapp 1,5 Mill. Euro umfassenden Vermögensaufstellung des Vaters sind die beiden Immobilien. Das eigengenutzte Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert von rund 350 000 Euro wird derzeit mit dem steuerlichen Bedarfswert in Höhe der 12,5-fachen ortsüblichen Miete abzüglich Alterswertabschlag zuzüglich 20 % Zuschlag angesetzt, mindestens aber mit 80 % des Bodenrichtwertes. Da das Bundesverfassungsgericht eine stärker am Verkehrswert orientierte Bewertung fordert, könnten hier in Zukunft höhere Erbschaftsteuern anfallen. Ähnliche Überlegungen ergeben sich im Fall des fremd vermieteten Mehrfamilienhauses mit einem Verkehrswert von mehr als 750 000 Euro. Hier nimmt das Finanzamt die Wertermittlung zur Festsetzung der Erbschaftsteuer derzeit nach ähnlichen Kriterien vor wie bei der eigengenutzten Immobilie. Auch hier ist bei einer Reform davon auszugehen, dass es zu einer Orientierung hin zum Verkehrswert kommt. Folge wäre eine höhere Steuerlast. Somit ergibt sich, dass die beiden Vermögenswerte, eigengenutzte Immobilie und fremd vermietete Immobilie, mit einem addierten Verkehrswert von 1,1 Mill. Euro, durchaus Kandidaten für eine vorgezogene Vermögensübertragung sind.Bei Wertpapierdepot und Festgeldkonto erzeugt das Verfassungsgerichtsurteil keinen zusätzlichen Handlungsbedarf, da beide schon mit Kurswert respektive Nennwert anzusetzen sind. Hier dürfte sich auch keine Änderung ergeben. Dagegen lohnt sich nach Meinung des Beraters ein Blick auf die Kapitallebensversicherung und die diversen Beteiligungen. Eine erbschaftsteuerliche Bewertung erfolgt hier aktuell mit zwei Drittel der eingezahlten Prämien oder dem Rückkaufswert. Hier droht eine Verschlechterung durch Wegfall des Zwei-Drittel-Wertes. Deshalb ist eine vorgezogene Schenkung erwägenswert.Zu einem ähnlichen Schluss kommt der Berater bei der Analyse der Beteiligungen an Schiffs- und Flugzeugleasingfonds. Hier ist der Erbschaftsteuerwert bei der Fondsgesellschaft anzufordern. Dieser ergibt sich bislang aus dem Steuerbilanzwert abzüglich der Fremdfinanzierung zum Nominalwert und liegt in der Regel deutlich unter dem Verkehrswert. Aktuell gelten auch noch Begünstigungen für Betriebsvermögen, die zukünftig in dieser Form entfallen. Die gleichen Überlegungen gelten unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Beteiligung im Immobilienleasingfonds. Alle zehn Jahre FreibetragSomit kann der Berater Vater und Sohn mit einer ganzen Reihe von Empfehlungen ausstatten. Wenn der Vater diesen Anregungen folgt, wird er bei den Vermögenswerten eigengenutzte Immobilie, fremd vermietete Immobilie, Kapitallebensversicherung und Beteiligungen Schenkungen ins Auge fassen. Dabei beträgt der Freibetrag bei Schenkungen an Kinder 205 000 Euro. Er kann alle zehn Jahre erneut genutzt werden. Das darüber hinausgehende Vermögen wird bei Kindern mit einer Schenkungssteuer zwischen 7 und 30 % belastet. In diesem Fall dürfte die Belastung bei maximal 19 % liegen. Insbesondere bei der eigengenutzten Immobilie kann er sich ein lebenslanges Wohnrecht eintragen lassen, so dass er seinen Lebensabend in Ruhe genießen kann. *) Dr. Ulrich Stephan ist Leiter Vermögensmanagement beim Finanzdienstleister MLP.