ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: CHRIS MCNICKLE, FIDELITY

"Die Krise hat den Markt auf den Kopf gestellt"

Der Chef des institutionellen Geschäfts über Präferenzen großer Anleger und die Abkehr von der Benchmark

"Die Krise hat den Markt auf den Kopf gestellt"

Von Julia Roebke, Frankfurt “Die Finanzkrise hat den Markt für Festverzinsliche auf den Kopf gestellt.” Mit Erstaunen hätten die institutionellen Anleger feststellen müssen, dass auch Staatsanleihen ausfallen können, berichtet Chris McNickle, weltweiter Chef für das institutionelle Geschäft bei Fidelity im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Und die Konsequenzen sind vielschichtig, wie McNickle auch bei dem weltweit 64 Mrd. Dollar umfassenden Vermögen feststellen kann, das Fidelity für Institutionelle verwaltet. “Generell beobachten wir eine Hinwendung zu Anlagen, die regelmäßige Erträge liefern, seien es Immobilien, Unternehmensanleihen oder auch Dividendentitel.” Das schlage sich auch positiv im Immobiliengeschäft von Fidelity nieder, das die Gesellschaft seit über sechs Jahren betreibt. Bei US-Investoren registrierte McNickle zuletzt eine wachsende Sorge über den Zustand der Eurozone. “Zum Jahresende 2011 nahmen die Mittelabflüsse aus der Eurozone zu”, berichtet er. Doch im Januar habe er bereits wieder starke Zuflüsse gesehen, auch weil die Märkte bereits ein extrem negatives Szenario eingepreist hätten. Zurückgekehrt seien vor allem große und langfristig orientierte Investoren, erläutert er.Bei deutschen Investoren hingegen beobachtet McNickle eine Abkehr von reinen Euro-Anlagen. Zudem seien diese mit ihren Aktien-Investments noch immer sehr auf das Heimatland und Europa fixiert. Normal seien dabei Werte um die 90 % “Unseren Kunden empfehlen wir inzwischen eine 50 : 50-Aufteilung der Aktienanlage in Europa und global.”Besonders konservativ verhalten sich nach den Ausführungen von McNickle dabei naturgemäß die regulierten institutionellen Anleger wie Versicherer und Pensionskassen. Diese würden inzwischen allerdings die Duration ihrer Anlagen reduzieren und seien auch mal bereit, taktische Währungsrisiken einzugehen, um Rendite zu erzielen.Flexibler zeigten sich da Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge. “Die deutschen Mittelständler und die großen Unternehmen kennen die ausländischen Wachstumsmärkte ganz genau und wollen dort auch investiert sein. Sie haben verstanden, dass das künftige Wachstum nicht aus Deutschland kommen kann”, ergänzt Klaus Mössle, Leiter des institutionellen Geschäfts von Fidelity in Deutschland. Family Offices, die meist keine regelmäßigen Auszahlungsverpflichtungen haben, würden da schon deutlich freier agieren und ihr Geld in Wachstumsregionen lenken.Trotz des zuletzt stark nachlassendem Enthusiasmus auch institutioneller Anleger für Investments in den Emerging Markets – was sicherlich auch der generell schlechten Aktienmarktperformance dieser Länder im vergangenen Jahr geschuldet ist – setzt McNickle weiterhin auf diese Karte. “Die Fundamentaldaten stimmen, die asiatische Bevölkerung ist jung, es besteht politische Stabilität. Wir gehen daher trotz kurzfristiger Volatilitäten mittel- bis langfristig von starkem Wachstum in dieser Region aus.”Generell empfiehlt er seinen Kunden ein freier ausgerichtetes Investment. “Wenn sie ihr Portfolio nah an der Benchmark ausrichten, investieren sie in historischen Erfolg. Ich denke, es ist besser, sich nach dem künftigen Erfolg auszurichten.” Fidelity biete den Kunden beides an und “wir sehen langsam einen Wandel”.