PORTFOLIO - IM INTERVIEW: DIRK KLEE, ISHARES

"Die Kritiker verwechseln Ursache und Wirkung"

iShares-Chef: Keine Evidenz für systemisches Risiko

"Die Kritiker verwechseln Ursache und Wirkung"

BlackRock hat sich mit eigenen Vorschlägen in die Regulierungsdebatte bei Exchange Traded Funds (ETF) eingeschaltet. Dirk Klee, Länderchef für Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock und iShares, erklärt im Interview die Gründe für das Vorpreschen des Anbieters und die Nutzung von Derivaten in iShares-ETF.- Herr Klee, warum prescht BlackRock mit Vorschlägen zur Regulierung des ETF-Markts vor, statt dies mit einer Stimme über einen gemeinsamen Branchenverband zu machen?Wir nehmen als Marktführer mit einem weltweiten Marktanteil von über 40 % eine besondere Rolle ein. Es ist eine Erwartung der Regulatoren, dass wir Antworten auf ihre Fragen haben. Da dies kein homogener Markt ist, ist es entsprechend schwierig, mit allen Anbietern eine Abstimmung zu erreichen. Gerade weil Indexfonds derzeit stark in der Kritik stehen, ist es an der Zeit, Stellung zu beziehen und einen sinnvollen Diskussionsbeitrag zu bieten. Bei den ETF, wie wir sie betreiben, handelt es sich um Asset-Management-Produkte. In den vergangenen beiden Jahren haben die großen Emittenten die Standards dafür bereits sehr gut angehoben. Ein boomender Markt wie der ETF-Markt bringt allerdings auch einen Wildwuchs hervor, dem entgegengewirkt werden muss. Wir wollen beispielsweise keinen Etikettenschwindel. Da, wo ETF drauf steht, soll quasi auch ein ETF drin sein. Daher haben wir hier beispielsweise ein klares Klassifizierungssystem vorgeschlagen.- Was verstehen Sie unter komplex?Es gibt Assetklassen, bei denen die physische Replikation an ihre Grenzen stößt, wie beispielsweise bei einigen Schwellenländermärkten oder auch bei Rohstoffen. Da muss man auf swapbasierte Konstruktionen zurückgreifen. Physische und synthetische ETF haben ihre Daseinsberechtigung. Zur Verbesserung der Transparenz fordern wir unter anderem die tägliche Veröffentlichung der Positionen und der Risiken, die Diversifizierung mit mehreren Swappartnern und die Trennung zwischen Anbieter und Swappartner. Leveraged und inverse ETF sind für den Anleger wegen ihrer komplexen Konstruktion schwer verständliche Produkte. Es handelt sich dabei um sehr komplexe Investmentprodukte, die konstruiert wurden, um angestrebte Ziele auf täglicher Basis umzusetzen. Deshalb kann sich die Performance über einen längeren Zeitraum signifikant von dem angestrebten Ziel unterscheiden.- Wie wollen Sie verhindern, dass auch Privatanleger diese Produkte kaufen?Wir bieten sie wegen ihrer Komplexität gar nicht an.- Sie weisen auf das Kontrahentenrisiko bei Swap-ETF hin. Bei ihren drei Indexfonds auf Swapbasis wird das Anlegerkapital durch ein spezielles System gesichert. Besteht denn bei den Contracts for Difference (CFD), die Sie im iShares S & P Listed Private Equity verwenden, kein Kontrahentenrisiko?Wir müssen unterscheiden zwischen einem Fonds, dessen Konstruktion auf Derivaten basiert, und dem Einsatz von solchen Instrumenten im Sinne eines effizienten Portfoliomanagements. In dem abgebildeten Index sind zu einem geringen Anteil sogenannte Master Limited Partnerships enthalten, die negative steuerliche Implikationen für den Anleger haben können. Um die zu vermeiden, bilden wir diese Werte mit CFD ab. CFD sind Kontrakte zwischen zwei Parteien, in denen die Zahlung der Differenz zwischen dem aktuellen Wert und dem Wert eines Wertpapiers zum Ende der Vertragslaufzeit vereinbart wird. Da es bei Vertragsabschluss zu keinem Kapitalfluss kommt und bei Erreichen einer Wertdifferenz von 250 000 Dollar die fälligen Zahlungen ausgetauscht werden, ist das Kontrahentenrisiko minimal. Es liegt derzeit bei maximal 0,16 %.- Was halten Sie von den Vorwürfen, dass ETF ein systemisches Risiko für die Märkte darstellen?Ich sehe da keine Evidenz. Die Kritiker verwechseln hier Ursache und Wirkung. Anleger suchen Instrumente für bestimmte Marktphasen. ETF sind für viele Anleger die richtige Antwort für die aktuelle Marktphase. Das schließt hier swapbasierte wie physische Produkte mit ein.- Die EU-Finanzaufsicht ESMA will ETF und strukturierte Fonds stärker regulieren. Besteht hier nicht die Gefahr, dass die Indexfonds nicht mehr unter die Ucits-III-Richtlinien fallen?Die Einteilung von komplexen und nichtkomplexen Produkten, wie sie von der ESMA vorgeschlagen wird, greift zu kurz. Da es zwischen swapbasierten ETF und einigen Publikumsfonds, die ebenfalls Derivatekonstruktionen einsetzen, wie Geldmarktfonds, Garantiefonds et cetera große Ähnlichkeiten gibt, ist eine Abgrenzung von den Publikumsfonds schwierig. Daher haben wir eigene, differenzierte Vorschläge zur Regulation der ETF-Branche gemacht.- Morningstar hat in einer Untersuchung festgestellt, dass Anbieter bis zu 100 % des Fondsinhalts verleihen. Besteht hier keine Gefahr für den Anleger?Wertpapierleihe ist eine gute Strategie, die einen Mehrertrag für den Fonds und damit den Anleger bringt. Bei uns fließen 60 % des Ertrags direkt in die Fonds. Aus dem Rest decken wir alle sich ergebenden Kosten. Bei der Wertpapierleihe handelt es sich um ein risikoadjustiertes Geschäft, das mit geringem Risiko behaftet ist, wenn es ordnungsgemäß kontrolliert wird. Da es sich um eine besicherte Leihe beziehungsweise Collateralised Lending handelt, fordern wir von der Gegenpartei Kreditsicherheiten in Aktien, Anleihen oder anderen Wertpapieren, die immer den Wert der verliehenen Papiere übersteigen.- Gab es denn im Fall der Rally bei der Wertpapierleihe der VW-Stammaktien im Jahr 2009 keine Probleme?Bei unserem Dax-ETF in Deutschland hatten wir keine Probleme. Die Aktien wurden wieder zurückgegeben, sodass für den Indexfonds und damit für die Anleger kein Risiko bestand.—-Das Interview führte Armin Schmitz.