ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Die Leistungsfähigkeit der Emerging Markets spricht für eine hohe Gewichtung

Börsen-Zeitung, 5.2.2013 Schuldtitel aus den Schwellenländern (Emerging Market Debt, EMD) schnitten 2012 hervorragend ab. Mit 17 % lagen EMD-Staatsanleihen an der Spitze, dicht gefolgt von EM-Lokalwährungsanleihen und EM-Unternehmensanleihen. Mit...

Die Leistungsfähigkeit der Emerging Markets spricht für eine hohe Gewichtung

Schuldtitel aus den Schwellenländern (Emerging Market Debt, EMD) schnitten 2012 hervorragend ab. Mit 17 % lagen EMD-Staatsanleihen an der Spitze, dicht gefolgt von EM-Lokalwährungsanleihen und EM-Unternehmensanleihen. Mit immerhin 7 % bildeten EM-Währungen als Option mit der geringsten Volatilität das Schlusslicht. Es bleibt zu fragen, inwieweit diese Rallye anhalten kann.Die Wachstumsentwicklung in den Schwellenländern erreichte bereits gegen Ende des dritten Quartals 2012 die Talsohle und dürfte in 2013 von aktuell 4,8 % auf 5,6 % steigen. Für die entwickelten Märkte erwarte ich nur eine Zuwachsrate von einem Prozent.Sofern Chinas Aufschwung sich 2013 fortsetzt und auch die indische Konjunktur erwartungsgemäß wieder anzieht, sind die Weichen für eine leichte Erholung in der Region gestellt. Dank kräftigerem Welthandel werden die exportorientierten Volkswirtschaften (Hongkong, Korea, Taiwan und Singapur) in der zweiten Jahreshälfte 2013 sicherlich aufholen, den Abstand zu den südostasiatischen Volkswirtschaften aber nur leicht verringern. In den meisten Ländern ist mit einem geringfügigen Anstieg der Inflationsrate zu rechnen. In einigen Ländern (Indien, Philippinen, Malaysia) stehen Wahlen an, in anderen kam es bereits zum Regierungswechsel (Korea, Indonesien). Die damit einhergehende Ungewissheit beinhaltet gewisse Risiken für eine optimistische Einschätzung Asiens.In Lateinamerika sollte sich die Wirtschaftstätigkeit wieder auf Trendniveau beschleunigen. Grund ist vor allem der Anstieg der brasilianischen Wirtschaftsleistung auf 4 %, trotz voraussichtlicher Schwächung in Chile und Mexiko und Konjunktureinbruch in Venezuela. Selbst wenn man den möglichen Anstieg der Inflation in Venezuela im Falle einer etwaigen Wechselkursanpassung außer Acht lässt, ist allgemein mit einer beschleunigten Inflationsentwicklung zu rechnen. Berg-und-Tal-FahrtDie Konjunkturerholung in Emerging Europe dürfte indes moderat bleiben, während sie im Mittleren und Nahen Osten sowie in Afrika – wo stabile Ölpreise und eine wachsende Rohstoffnachfrage die Nettoexporte begünstigen – merklich zulegt. Vor allem infolge der Produktionslücken wird die Inflation wohl nachlassen; mögliche Ausnahmen sind Ägypten und die Ukraine.Was bedeutet das für die Anlageklasse EMD? Im vergangenen Jahr war die Anlageform “Emerging Market Debt” zugleich Opfer als auch Nutznießer der globalen Entwicklung. Die Spillover-Effekte haben infolge der volatilen Risikoneigung bei der Anlegerschaft eine Berg-und-Tal-Fahrt ausgelöst. Und dennoch konnte die EMD-Assetklasse dank starker Rahmendaten, Renditearmut an den entwickelten Kernmärkten und einer eher vorsichtigen Haltung gegenüber Aktien eine Top-Performance verbuchen.Trotz der scheinbar überzogenen Bewertungen gegen Jahresende – vor allem bei Staatsanleihen – wird die Volatilität an den entwickelten Märkten meiner Meinung nach auch im kommenden Jahr nur unwesentlich zurückgehen. Auch die erneute Wachstumsbelebung weltweit und die anhaltende Liquiditätsversorgung durch die Zentralbanken der G4-Staaten schlägt positiv für die Emerging Markets zu Buche. Im Ergebnis stärkt dies den Zustrom von Anlagekapital und drückt die Spreads weiter nach unten sowie die Währungen weiter nach oben.Im Rahmen meines favorisierten Basisszenarios (60-prozentige Wahrscheinlichkeit) gehe ich von einer Fortsetzung des Konjunkturaufschwungs in den USA mit steigenden Häuserpreisen sowie höheren Konsumausgaben und einer höheren Investitionstätigkeit aus. Die amerikanische Sparpolitik hält sich in Grenzen; zudem bietet hier die gestiegene Zuversicht bei Unternehmen gegenläufige Impulse. In der Eurozone bleiben Binnen- und Kreditnachfrage hingegen schwach, da der Schuldenabbau im Bankensektor das Kreditgeschäft belastet. Dieser Trend sollte dann auch für 2013 anhalten. Diesem Effekt entgegenzuwirken wird leichter, wenn die Unterstützungsmaßnahmen von EZB und europäischem Stabilitätsmechanismus greifen. Im Hinblick auf den Exportsektor in der Eurozone, der vor allem die Binnennachfrage in Deutschland stützt, sehe ich durchaus Aufwärtspotenzial.Stetige Wohnbau- und Infrastrukturinvestitionen in China begünstigen die fortlaufende Intensivierung der wirtschaftlichen Aktivitäten sowie eine freundliche volkswirtschaftliche Stimmung. Weltweit bleibt die Geldpolitik expansiv, und die Inflationserwartungen bleiben niedrig. Was die Haushaltspolitik betrifft, dürfte sich die Eurozone allmählich vom überaus strikten Sparkurs verabschieden. In der Tat steuern die hier führenden Politiker – wenn auch mit Rückschlägen – zunehmend auf eine Einigung zu. Im Rahmen dieses Szenarios bleiben die Spreads stabil, während die Zinsen auf US-Treasuries langsam anziehen.Anleihen in Lokalwährungen (Local Currency, LC) würden mit 7 bis 10 % rentieren und EM-Währungen um 3 bis 5 % zulegen. Die Renditen blieben relativ stabil. Bei Staatsanleihen in harter Währung (Hard Currency, HC) erwarte ich 3 bis 6 % und bei HC-Unternehmensanleihen 4 bis 6 %. Sofern das Wachstum besser als erwartet ausfällt, dürften LC-Anleihen das Hartwährungssegment mit Erträgen von rund 9 bis 12 % deutlich übertreffen. In diesem Fall wären HC-Staatsanleihen am stärksten von den Renditezuwächsen bei US-Treasuries betroffen, da die Spreads zu niedrig sind, um hier Ausgleich zu schaffen. Meine Renditeprognose lautet auf 0 bis 3 %. Mit 2 bis 4 % würden HC-Unternehmensanleihen etwas besser abschneiden. Dank einiger stützender Faktoren bieten EM-Lokalwährungsanleihen die besten Ertragsaussichten.Meine Annahme eines Basisszenarios spricht für ein günstiges Umfeld für EMD. Da sich die weltweite Konjunkturerholung deutlicher abzeichnet und die Zentralbanken bei ihrer großzügigen Liquiditätsbereitstellung bleiben, gehe ich für 2013 von folgenden Thesen aus:- Die Leistungsfähigkeit der EMs spricht weiterhin für eine hohe Gewichtung dieser Anlageklasse mit Schwerpunkt EM Local Currency Bonds und EM Hard Currency Corporates.- Da EM-Währungen vergleichsweise sensibel auf den globalen Konjunkturzyklus reagieren, sowie angesichts der eher verhaltenen Wertentwicklung bei EM-Währungen in den vergangenen zwei Jahren, plädiere ich für eine Übergewichtung von LC-Anleihen. Diese Werte rentieren höher als EM-HC-Staatsanleihen und reagieren weniger empfindlich auf Fluktuationen bei US-Treasuries.- Eine kräftige Nachfrage und ein knappes Angebot sind für HC-Staatsanleihen und -Unternehmensanleihen günstig. Die Spreads werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach weiter verengen; dazu trägt auch das anhaltende Interesse an höher rentierlichen Werten bei.- Schlussendlich bin ich der Auffassung, dass EM-Investments auf Jahressicht abermals ihre Pendants in der entwickelten Welt hinter sich lassen werden.