Recht und Kapitalmarkt

Die liechtensteinische Stiftung und ihre steuerliche Behandlung

Bankgeheimnis auch bei schwerem Betrug nicht durchbrochen - Formwahl ist deutschem Fiskus Dorn im Auge

Die liechtensteinische Stiftung und ihre steuerliche Behandlung

Von Hanno Kiesel *) Die Liechtensteinische Anstalt ist aktuell in aller Munde. Es ist Zeit, sie auf das zu reduzieren, was sie ist: eine eigenständige Rechtspersönlichkeit nach liechtensteinischem Recht, der vorab nichts Illegales eigen ist.Eine Einrichtung, eine Gesellschaftsform, eine landestypische Gestaltung zu missbrauchen, ist die eine Sache, sich den gesetzlichen Gegebenheiten und denen für den deutschen Steuerbürger daraus folgenden Konsequenzen sachlich zu nähern, eine andere. Natürlich wohnt dem Stiftungsbegriff eine gewisse “steuerliche Leichtigkeit” im Zusammenhang mit Liechtenstein inne. Gerade deshalb seien einige Eigenheiten dargestellt und erläuternd dokumentiert. Beliebiger ZweckDie liechtensteinische Stiftung unterscheidet sich von den in anderen Staaten bekannten Stiftungsformen im Wesentlichen dadurch, dass sie einen beliebigen Zweck verfolgen kann. Zulässig ist insbesondere auch die so genannte Familienstiftung, bei der das Stiftungsvermögen und/oder die Vermögenserträge dauernd zur Bestreitung der Kosten für Erziehung und Bildung, zur Ausstattung oder Unterstützung von Angehörigen einer oder mehrerer bestimmter Familien oder zu ähnlichen Zwecken verwendet wird. Die Gründe für die Errichtung einer solchen Familienstiftung sind somit vielfältig und müssen keineswegs nur steuerlich motiviert sein. In Betracht kommen z.B. auch: – Vorsorge für finanziell schwächere Zeiten, Alter oder Krankheit. – Vermeidung von Erbstreitigkeiten durch eine entsprechende Nachfolgeplanung. – Zusammenhalt des Familienvermögens über Generationen durch Schutz vor erbschaftsbedingter Aufteilung. – Dauerhafter Erhalt der Vermögenssubstanz durch zielgerichtete und ertragsorientierte Ausschüttungsbestimmungen. Nach liechtensteinischem Recht (Personen- und Gesellschaftsrecht – PGR) ist eine Stiftung “ein nach dem Willen des Stifters zu einem bestimmten Zweck gewidmetes, mit selbständiger Rechtspersönlichkeit ausgestattetes Vermögen”. Es handelt sich also um ein verselbständigtes Zweckvermögen, welches zur juristischen Person erhoben wird. Die Erreichung des Zwecks und die Vermögensverwaltung erfolgen nach den vom Stifter aufgestellten Bestimmungen und Statuten. Errichtet wird durch Stiftungsurkunde, eine letztwillige Verfügung (Testament) oder Erbvertrag. Für die in der Praxis verbreitete Stiftung unter Lebenden ist eine Willenserklärung (Stiftungsurkunde und Statuten) des Stifters erforderlich, in welcher dieser die Grundsatzbestimmungen der Stiftung trifft. Art und Umfang der Begünstigung sowie der Kreis der Begünstigten werden in der Regel nicht in der Stiftungsurkunde selbst, sondern in so genannten Beistatuten oder Reglementen festgelegt. Nicht im eigenen NamenIn der Praxis wird nicht von dem originären Stifter selbst errichtet, d.h. in eigenem Namen vollzogen. Vielmehr bedient er sich hierfür eines liechtensteinischen Treuhänders, den er mit der Durchführung des Stiftungserrichtungsgeschäftes beauftragt. Diese Vertrauensperson erstellt die den Vorstellungen des originären Stifters entsprechenden Stiftungsdokumente, tritt formell als Stifter auf und erledigt alle Formalitäten. Im Ergebnis wird so die Anonymität des originären Stifters weitestgehend gewährt. Das geringe (Mindest-)Stiftungskapital (30 000 sfr), welches beliebig aufgestockt werden kann, haftet allein für Verbindlichkeiten der Stiftung. Der Stifter ist allein zur Übertragung des Vermögens verpflichtet. Die reine Familienstiftung wird nicht in das liechtensteinische Öffentlichkeitsregister eingetragen. Es sind lediglich die Stiftungsstatuten – nicht aber die Beistatuten und Reglemente – zu hinterlegen. Die hinterlegten Dokumente sind nicht öffentlich einsehbar. Minimale Gründungskosten und geringe Kapitalsteuern (maximal 1 Promille vom Stiftungsvermögen) erleichtern den Gründungsschritt. Weder die Zuwendung an Begünstigte (Ausschüttung) noch die spätere Verteilung des Stiftungsvermögens bei deren Auflösung lösen in Liechtenstein Steuern aus, sofern die Begünstigten einen Wohnsitz im Ausland haben. Wer das Einkommen erzieltIn Bezug auf die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Familienstiftungen kommt es darauf an, ob die Stiftung selbst oder die Stifter und Begünstigten das Einkommen im steuerlichen Sinne erzielt haben. Die Rechtsprechung rechnet das Einkommen der ausländischen Stiftung und nicht dem inländischen Stifter grundsätzlich für den Fall zu, dass die ausländische Stiftung im Zuge eines Typenvergleichs einem deutschen körperschaftsteuerrechtlichen Gebilde entspricht. Nach dem deutschen Außensteuergesetz wird dieser Grundsatz allerdings eingeschränkt und ein Durchgriff durch die Stiftung auf den Stifter und seine Familie zugelassen, wenn die genannten Personen zu mehr als der Hälfte bezugs- und/oder anfallsberechtigt sind. Die ausländische Stiftung wird dabei als rechtlich selbständiges, aber inländisch beherrschtes Unternehmen behandelt.Auf diese Weise soll verhindert werden, dass durch die Zwischenschaltung dieser Stiftung das Vermögen der deutschen Besteuerung entzogen wird. Kraft der Zurechnung werden das Einkommen und das Vermögen der ausländischen Stiftung wie das Einkommen der betroffenen inländischen Person behandelt. Die Erträge der Stiftung sind in Deutschland zu versteuern.Bei der Übertragung des Vermögens auf eine liechtensteinische Stiftung ist zu beachten, dass unter Umständen eine Pflicht zur Entrichtung von Schenkungsteuer entstehen kann. Entscheidendes Kriterium ist, ob die Stiftung nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen über das ihr vom Stifter übertragene Vermögen tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Verbleiben die Verfügungsrechte vollumfänglich bei dem Stifter, fließt das Vermögen der Stiftung nicht zu. Im Verhältnis zum Stifter nimmt die Stiftung für den letztgenannten Fall lediglich die Funktion eines treuhänderisch verwalteten Bankkontos ein, so dass eine Schenkungssteuer nicht anfällt. Als Fazit kann festgehalten werden, dass jeder Stifter einer ausländischen Stiftung mit selbständiger Rechtspersönlichkeit mit Übertragung des Vermögens grundsätzlich jede Einflussnahmemöglichkeit verliert und hierfür im Gegenzug weitestgehend von der deutschen Steuerpflicht befreit wird. Wenn hingegen eine endgültige Vermögensübertragung durch entsprechende rechtliche Gestaltung verhindert wird, um die wesentliche Einflussnahme beim Stifter zu belassen, steht das Vermögen weiterhin dem Stifter zu mit der entsprechender Steuerpflicht in Deutschland. Anonymität gewahrtTrotz der aktuellen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit liechtensteinischen Stiftungen ist die Anonymität des Stifters grundsätzlich gewährleistet. In Lichtenstein sind sowohl das Berufsgeheimnis der Treuhänder und Rechtsanwälte als auch das Bankgeheimnis gesetzlich fixiert. Es existiert kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Deutschland und damit auch keine Auskunftsverpflichtung gegenüber deutschen Finanzbehörden.Auch die Leistung von Amts- und Rechtshilfe in Strafsachen wird von Liechtenstein abgelehnt, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Tat ist, die auf Verkürzung fiskalischer Angaben gerichtet ist. Das Bankgeheimnis wird – im Gegensatz zur Schweizer Rechtslage – auch dann nicht durchbrochen, wenn ein Fall des schweren Steuerbetrugs vorliegt.Gerade aufgrund der geschilderten Anonymitätsgarantie ist allein die Formwahl dem deutschen Fiskus ein Dorn im Auge. Unter rein steuerlichen Gesichtspunkten spricht nichts gegen die Einschaltung einer liechtensteinischen Stiftung, wenn die notwendigen steuerlichen Konsequenzen gezogen werden. *) Dr. Hanno Kiesel ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Ernst & Young in Stuttgart