ANLAGEPRODUKTE - IM INTERVIEW: CHRISTIAN REUSS, SCOACH

"Die Sicherheiten werden täglich geprüft"

Finanzkrise steigert Interesse an mit Pfand versehenen Produkten - Weitere Kooperation zwischen SIX und Deutsche Börse erwartet

"Die Sicherheiten werden täglich geprüft"

Pfandbesicherte Zertifikate haben lange Zeit ein Nischen dasein gefristet. Cosi, die Produktstruktur aus der Schweiz, scheint sich während der Finanzkrise zu einer Erfolgsstory zu entwickeln. Im Interview der Börsen-Zeitung erklärt Christian Reuss, CEO von Scoach, die Pläne zur Internationalisierung von Cosi.- Herr Reuss, Scoach hat von der Hongkonger Zulassungsbehörde Securities and Futures Commission (SFC) die Genehmigung erhalten, Finanzdienstleister in Hongkong direkt an das Handelssystem Xetra anzuschließen. Ist das eine rein deutsche Initiative oder werden die Schweizer Emittenten auch entsprechend Produkte in Hongkong-Dollar listen lassen?Derzeit umfasst die Genehmigung der SFC explizit den Handel auf Xetra, womit die Initiative primär Scoach Europa betrifft. Allerdings gibt es eine hohe Überschneidung bei den Emittenten in beiden Märkten – teilweise werden beide Märkte von einem Handelstisch aus betreut. Auch zeigt das Dual Listing von Cosi-Produkten, dass die Verflechtungen zunehmen.- Gibt es (weitere) Pläne zur Internationalisierung der Schweizer Scoach?Scoach Europa profitiert von dem weitreichenden Xetra-Netzwerk, was eine Internationalisierung etwas vereinfacht. Demgegenüber bieten SIX Swiss Exchange und Scoach Schweiz die weltweit größte Auswahl an Handelswährungen an. Auch ist Cosi ein zunehmend erfolgreicher Exportartikel – zuletzt ist Merrill Lynch/Bank of America zu den emittierenden Banken hinzugestoßen Der Handelsplatz ist also in sich bereits recht international und wird auch bereits zunehmend von Marktteilnehmern aus dem Ausland angesteuert.- Seit der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers ist die Angst vor dem Emittentenrisiko sehr groß. Wie groß ist das Interesse des Auslands an Cosi?Die Nachfrage nach Cosi hat durch die jüngsten Entwicklungen an den Finanzmärkten weiter zugenommen. Wir verzeichnen jeden Monat weit über 100 Neuzulassungen. Ein immer größerer Teil davon wird seit letztem Jahr über Dual Listings an Scoach Frankfurt auch im deutschen und österreichischen Markt platziert. Der derzeit größte Emittent von Cosi-Produkten, EFG Financial Products, beabsichtigt Cosi-Produkte demnächst in weiteren europäischen Märkten zu vertreiben. Einige Emittenten berichten überdies auch von großem Interesse aus den asiatischen Märkten.- Während die Banken in der Schweiz mehr als 2 Mrd. Franken in Cosi-Produkten verwalten, sind es in Deutschland nur wenige hunderte Millionen Euro. Können Sie sich erklären, warum das Interesse der Schweizer an abgesicherten Produkten größer ist als das der deutsche Anleger?Der deutsche Markt hat sich nach dem Kollaps von Lehman sehr schnell mit der Absicherung des Emittentenrisikos auseinandergesetzt. Die dabei präsentierten Lösungen vermochten die Anleger aber nicht nachhaltig überzeugen. Erst später wurde dann die Cosi-Pfandbesicherung deutschen Anlegern zugänglich gemacht. Sie beginnt sich nun auch dort zu etablieren. Kürzlich wurde EFG Financial Products bei den ZertifikateAwards für das Angebot von Cosi ausgezeichnet. Dies zeigt, dass Cosi auch in Deutschland überzeugt.- Was ist der Unterschied zwischen den besicherten Produkten in Ihrem Segment Exchange Traded Products und Cosi?Wir wollen dem Anleger ein möglichst breites Angebot bieten und ihm auch individuelle Besicherungslösungen über unser Segment der Exchange Traded Products zugänglich machen. Die neutrale Überwachung und die Festlegung einheitlicher Kriterien für die Besicherung durch SIX Swiss Exchange ist aber sicher ein wesentlicher Vorteil des Cosi-Segments.- Als Sicherheiten werden bei Cosi auch Staatsanleihen hinterlegt. Wer überprüft, welche Staatsanleihen hinterlegt werden können und wie die Bonität des Emittenten ist?SIX Swiss Exchange bestimmt, was als Sicherheit zugelassen wird. Aufgrund der strikten Gütekriterien sind nur ausgewählte Staats- und Unternehmensanleihen als Pfand erlaubt. So sind im EZB-Basket von Cosi zur Zeit lediglich in Euro denominierte Sicherheiten zugelassen, die ein Mindestrating von “A -” (Stan dard & Poor’s) bzw. “A 3” (Moody’s), ein Emissionsvolumen von mindestens 200 Mill. Euro sowie eine ausreichende Liquidität (Liquiditätsklassen A-C) aufweisen. Sämtliche Cosi-Produkte und die entsprechenden Sicherheiten werden täglich geprüft und das Pfand bei Bedarf angepasst. Verschlechtert sich beispielsweise die Bonität oder Liquidität eines Pfands während der Laufzeit, muss es der Emittent auswechseln.- Ausländische Emittenten konnten bisher keine Cosi-Produkte wegen der unterschiedlichen rechtlichen Situation im Pfandrecht und im Konkursrecht auflegen. Ist da eine Lösung in Sicht?Wir machen zwar gute Fortschritte, ein Datum für eine Umsetzung können wir momentan aber nicht bekannt geben. Oberstes Gebot bei der Cosi-Dienstleistung ist die Rechtssicherheit. Dabei muss man zwischen Sicherungsgeber und Emittent unterscheiden. Bei der Übertragung der Sicherheiten entsteht ein reguläres Pfandrecht und das Eigentum an den Sicherheiten verbleibt vollumfänglich beim Sicherungsgeber. Im Konkursfall des Emittenten oder des Sicherungsgebers muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die Anleger über die Verwertung der Sicherheiten umgehend entschädigt werden können. Dies können wir zum jetzigen Zeitpunkt dann sicherstellen, wenn der Sicherungsgeber schweizerischem Konkursrecht untersteht. Wo der Emittent domiziliert ist, spielt hierbei keine Rolle. Die meisten Cosi-Produkte werden aus steuerlichen Gründen bereits über eine ausländische Gesellschaft emittiert. Den Emittenten steht es frei, eine Schweizer Tochtergesellschaft als Sicherungsgeber zu verwenden. Diese Möglichkeit nutzt seit neuestem auch Merrill Lynch/Bank of America.- Scoach Schweiz hat jüngst den Handel von strukturierten Produkten in Gold eingeführt. Wie ist die Resonanz der Kunden auf diese Innovation?Wir bieten den Handel in der Handelswährung XAU seit diesem Oktober bei Scoach Schweiz an. Die bisher in XAU emittierten Produkte sind mehrheitlich Cosi-pfandbesichert. Damit erhalten die Anleger Gelegenheit, mit einem Schutz vor dem Emittentenrisiko direkt in Gold investiert zu sein und zusätzlich eine Rendite auf seiner Goldanlage zu erzielen, ohne zwingend die Anlagewährung wechseln zu müssen. In XAU denominierte Produkte bedürfen gewissermaßen ein Umdenken der Anleger, die Gold oftmals noch als rein physisches Investment sehen. Bisher aktiv sind deshalb vorab spezialisierte Anleger. Es dürfte noch etwas dauern, bis ein breiterer Kreis die Vorteile nutzen wird.- Wird das Joint Venture Scoach auch trotz einer eventuellen Fusion von Deutscher Börse und Nyse weiter Bestand haben?Davon gehe ich derzeit aus. Die Kooperation zwischen SIX Group und Deutscher Börse verläuft sehr gut und der Zusammenschluss der beiden großen Börsen könnte für Scoach viele Chancen bieten. So betreibt beispielsweise die Euronext auch eine Handelsplattform für strukturierte Produkte, womit interessante Synergien grundsätzlich möglich wären.—-Das Interview führte Armin Schmitz.