ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: HANS-JOACHIM KLEINERT

Dritter Anlauf für KanAm Grund

Nach zwei Pleiten wagt die Gesellschaft die Neuauflage eines offenen Immobilienfonds - KAGB-Regeln sollen Erfolg bringen

Dritter Anlauf für KanAm Grund

Mit dem “Leading Cities Invest” gründet KanAm Grund einen neuen offenen Immobilienfonds – ausgerechnet jenes Fondshaus, das mit dem “US-Grundinvest” und “Grundinvest” zwei Fonds in die Abwicklung geschickt hat. Die Anleger wähnt die Gesellschaft auf ihrer Seite. Die neuen Regeln des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) sollen dafür notwendiges Vertrauen schaffen.Von Jan Schrader, FrankfurtWarum sollte ein Anleger kurz nach Inkrafttreten des Kapitalanlagesetzbuches (KAGB) im Juli in einen nunmehr weniger flexiblen offenen Immobilienfonds investieren, nachdem die Auszahlung der Fondsanteile nicht mehr jederzeit möglich ist? Und warum sollte er sein Geld dabei ausgerechnet einer Gesellschaft anvertrauen, die mit dem “KanAm US-Grundinvest” und dem “KanAm Grundinvest” zwei bekannte offene Immobilienfonds schließen und in die Abwicklung schicken musste? Der geschäftsführende Gesellschafter der KanAm Grund, Hans-Joachim Kleinert, dürfte sich mit diesen Fragen wohl noch häufiger auseinandersetzen. Bis Jahresende will er mit dem “Leading Cities Invest” einen neuen offenen Immobilienfonds an den Markt bringen. Zugreifen sollen dabei etwa vermögende Privatkunden. In fünf Jahren soll der Fonds ein Volumen von 1 Mrd. bis 2,5 Mrd. Euro auf die Waage bringen. Erste Objekte habe die Gesellschaft bereits ausgesucht.Die Nachfrage nach den offenen Fonds reiße nicht ab, denn das Interesse an Investitionen in Sachwerte sei hoch, nicht zuletzt angesichts der aktuell sehr niedrigen Kapitalmarktrenditen, sagt der 53-jährige Rechtsanwalt. Darüber hinaus habe eine von KanAm Grund in Auftrag gegebene Umfrage gezeigt, dass Anleger Interesse an den Fonds “der neuen Generation”, wie die Gesellschaft sie nennt, bekundeten. “Die offenen Immobilienfonds sind nicht unflexibler, sondern schockresistenter geworden”, sagt Kleinert. Und das werde von den Sparern honoriert. Lediglich Anleger, die ihre Gelder nur kurzfristig in den offenen Fonds parken wollten, blieben künftig im Zuge der neuen KAGB-Regeln fern. Es bleibe ein Kern an Interessenten, die bereit seien, ihr Geld auch für längere Zeit in die nur mehr “semioffenen” Fonds zu legen. Ungleiche BehandlungEine Chance dürfte für den neuen Fonds aus der ungleichen Behandlung der Sparer erwachsen, die das Gesetz vorsieht. Zwar gilt die Kündigungsfrist von einem Jahr für alle Anleger und zusätzlich eine Ersthaltefrist von zwei Jahren für jene, die seit Jahresbeginn in einen Fonds investiert haben. Doch wer vor Inkrafttreten der neuen Regeln am 22. Juli zugriff, kann seine Fondsanteile börsentäglich bis zu einer Höhe von 30 000 Euro pro Halbjahr verkaufen. Anleger, die vor dem Stichtag nur geringere Summen investiert haben, sind also von der Kündigungs- und Ersthaltefrist nicht betroffen. Somit sitzen etablierte Häuser auf Fondsvermögen, die Anleger zum Teil noch immer jederzeit abziehen können. Kleinert vermutet, dass bei vielen Fonds ein überwiegender Anteil der Vermögen davon betroffen ist.Die etablierten Anbieter müssen sich demnach weiterhin für den Fall rüsten, dass Anleger ihre Gelder plötzlich abziehen. Nicht so Gesellschaften, die nach Inkrafttreten der KAGB-Reform an den Markt gehen. Im neuen “Leading Cities Invest” seien alle Anleger gleich, sagt Kleinert. Abrupt auftretende Nettomittelabflüsse könne es nicht geben, der Fondsverwaltung bleibe im Ernstfall aufgrund der Kündigungsfrist mindestens ein Jahr, um die Auszahlung vorzubereiten. Das aber spreche für den Fonds.Bisher dominieren wenige Anbieter mit ihren Produkten den Markt (siehe Grafik). Die großen Fondshäuser Union Investment Real Estate, die DekaBank mit ihrem Geschäftsfeld Immobilien, die zur Commerzbank gehörende Commerz Real und die Deutsche Asset & Wealth Management der Deutschen Bank können auf ein großes Vertriebsnetz vertrauen und erhalten gute Ratings. Kleinert setzt darauf, dass nun auch kleinere Anbieter zum Zug kommen. Neustart nach zwei PannenDoch die Gesellschaft mit den Hauptstandorten Frankfurt, München und Atlanta muss wohl noch Überzeugungsarbeit leisten, liegen doch Leichen in ihrem Keller: Im September 2010 gab KanAm Grund die Auflösung des “US-Grundinvest” bekannt. Mittlerweile ist der Verkauf der Objekte abgeschlossen. Die seit April 2012 für den Fonds verantwortliche Depotbank M. M. Warburg will die verbliebenen rund 60 Mill. Dollar an Fondsvermögen nicht vor 2017 an die Anleger auszahlen, da bis zu diesem Zeitpunkt noch Forderung gegen das Fondsvermögen denkbar seien, wie sie im Abwicklungsbericht im Frühjahr festhielt.Bis Ende 2016 sollen auch die Immobilien des “Grundinvest” verkauft werden. Seine Auflösung gab KanAm Grund im Februar 2012 bekannt. Zur Jahresmitte waren elf Immobilien im Wert von 2,3 Mrd. Euro bereits verkauft, Darlehen in Höhe von 1,3 Mrd. Euro getilgt. Übrig bleibt ein Immobilienvermögen von 3,9 Mrd. Euro und ein Fremdfinanzierungsvolumen von 1,0 Mrd. Euro, wie KanAm Grund festhält. Verluste sind nicht ausgeschlossen. Während die Gesellschaft für die Fondsanteile einen Rücknahmepreis von 42,25 Euro ausweist, lag der Börsenkurs zum Wochenende bei 26,04 Euro. Auch für andere Fonds in Abwicklung sind hohe Abschläge an der Börse nicht ungewöhnlich.Wer seine Anteile nicht unter dem ausgewiesenen Wert verkaufen will, muss noch einige Jahre ausharren. Es brauche Zeit, einen guten Preis für die verbliebenen Immobilien zu finden, sagt Kleinert. Um etwa Vorfälligkeitsentschädigungen zu vermeiden, sei es besser, erst die Kredite für eine Immobilie abzulösen, ehe das Objekt verkauft werden könne. Um den Wert eine Immobilie zu erhöhen, sei es vielfach sinnvoll, sich um langfristige Mietverträge zu bemühen und die Immobilie in Schuss zu bringen. Nicht zuletzt sei auch die Fondsgesellschaft gegenüber Kaufinteressenten in einer stärkeren Position, wenn ihr kein allzu enger Zeitplan im Nacken sitze.Darüber hinaus hat KanAm Grund die Rücknahme der Anteilscheine des “Spezial Grundinvest”, eines kleinen Fonds für institutionelle Investoren, im Februar 2012 ausgesetzt. Im Januar verlängerte die Gesellschaft die Aussetzung der Anteilrücknahme bis Februar 2014.Mit dem “Leading Cities Invest” will die Gesellschaft ihr leidvolles Kapitel um die abgewickelten Fonds dann auch beenden. Das neue Produkt kommt ganz konservativ daher: KanAm Grund verspricht eine Rendite von 3 %, gegebenenfalls auch mehr. Um das zu erreichen, will sich die Gesellschaft auf das konzentrieren, was sie schon immer gemacht hat: die Auswahl und Verwaltung bedeutender Immobilien.In Fragen kommen, nicht untypisch für einen offenen Immobilienfonds, Büroobjekte, Hotels und Einkaufszentren. Die Objekte des neuen Fonds sollen vorwiegend in international bedeutenden Städten in Nordamerika und Europa stehen. Wo genau, verrät Kleinert nicht. Nur so viel: Die volkswirtschaftliche Abteilung filtere mit Hilfe zahlreicher Daten zunächst die attraktivsten Metropolen heraus. Das könnten zum Beispiel westeuropäische Städte wie Helsinki und Kopenhagen, Hamburg und München, Zürich und Genf sein, aber auch weniger international geprägte, aber national bedeutsame Städte wie Minneapolis in den USA oder bislang unterschätzte Orte wie unlängst etwa Calgary in Kanada, eine Stadt, die durch das Geschäft mit dem Ölsand einen Bedeutungsaufschwung erlebt habe. Schmuckstücke im DepotBei der Auswahl der Objekte gehe die Gesellschaft vorsichtig vor. Das Management interessiere sich für “Core”-Objekte in sehr gutem Zustand, in sehr guten Lagen mit langlaufenden Mietverträgen. Eine kleine Prise an Risiko lässt das Fondskonzept aber zu. Hinzu kämen “Core Plus”-Objekte, deren Wert erst durch neue Mietverträge gesteigert werden müsse.Dass zuvor die beiden “Grundinvest”-Fonds in die Abwicklung schlitterten, habe derweil nicht das Management verbockt. Die Immobilien, die bei der Abwicklung verkauft werden, seien grundsolide – etwa das unlängst veräußerte “Winchester House” in London, das die Deutsche Bank als Hauptmieterin beherbergt und 295 Mill. Euro wert sein soll, oder der ebenfalls verkaufte, 36 Stockwerke zählende Büroturm “1 000 Main” in Houston, in dem sich der Ölkonzern Shell niedergelassen hat und der auf 245 Mill. Euro taxiert wurde.Die Ratingagentur Scope hob zur Bekanntgabe der Fondsauflösung im Februar 2012 positiv hervor, dass die Vermietungsquote der im “Grundinvest” befindlichen Objekte bei annähernd 100 % lag. Allerdings hielten die Analysten in dem Schreiben ebenfalls fest, dass das Management die Liquiditätsquote im Fonds trotz Veräußerung von Objekten nicht über 10 % steigern konnte. Auch sei die Anlegerstruktur im “Grundinvest” stärker von institutionellen Anlegern geprägt als beim mittlerweile ebenfalls in Abwicklung befindlichen Fonds “CS Euroreal”. In der Branche wurde vielfach diskutiert, ob institutionelle Kunden stärker als private Sparer dazu neigen, ihre Gelder abzuziehen und so die Stabilität der offenen Fonds zu gefährden.Die institutionellen Kunden seien aber gar nicht die wesentlichen Verursacher der Krise, sagt Kleinert. Vielmehr seien so viele offene Fonds daran zerbrochen, dass alle Anleger – institutionelle und private – ihre Gelder jederzeit abziehen konnten. Ein Investment in illiquide Werte wie Immobilien und die tägliche Verfügbarkeit der Anteile passten auf Dauer nicht zusammen. Bereits vor der Finanzkrise im September 2008 seien Fonds wiederholt in die Schieflage geraten, hebt Kleinert hervor. Und als der “US-Grundinvest” und später der “Grundinvest” kippten, waren auch andere Gesellschaften dabei. Insgesamt gab die Branche in Deutschland für ein gutes Dutzend an Fonds die Abwicklung bekannt, darunter auch andere Schwergewichte wie etwa der “CS Euroreal”, der “SEB ImmoInvest” und der “Degi Europa”. Altlasten der FondsbrancheAn den Altlasten knabbert die Branche bis heute. Obwohl ein großer Teil der Fondsbestände bereits verkauft wurde, liegen in den in Abwicklung befindlichen Fonds noch immer 16,6 Mrd. Euro, wie der Fondsverband BVI für Juli festhält. “Fast alle Gesellschaften sind mal in Schwierigkeiten gekommen”, sagt Kleinert. “Die unbeschränkte börsentägliche Rückgabe funktioniert auf Dauer nicht.”Mit den neuen Regeln erhält die Gesellschaft eine neue Chance. Sollte der “Leading Cities Invest” einmal in Schwierigkeiten geraten, könnte sich KanAm Grund vermutlich nicht auf äußere Umstände berufen.