RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: ANAHITA THOMS

Durchbruch in Brüssel zu ausländischen Direktinvestitionen

Mitgliedstaaten erhalten Instrumentarium, um ihre Interessen zu schützen

Durchbruch in Brüssel zu ausländischen Direktinvestitionen

– Frau Thoms, die EU-Kommission hatte Ende des Jahres 2017 einen Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen vorgeschlagen. Diese Woche gab es in Brüssel nun eine weitere Entscheidung dazu. Wie sieht diese aus?Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission haben eine politische Einigung über einen EU-Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen erzielt. Mit der vereinbarten Rahmenverordnung wird der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten ein Instrumentarium an die Hand gegeben, das es ihnen ermöglicht, ihre grundlegenden Interessen zu schützen und zu koordinieren. Derzeit verfügen 14 Mitgliedstaaten über einen entsprechenden Mechanismus. Auch die übrigen Mitgliedstaaten sollen dazu ermutigt werden, sicherheitsrelevante Unternehmenskäufe durch außereuropäische Investoren zu prüfen.- Muss man nun davon ausgehen, dass die Europäische Union protektionistischer wird?Die EU bleibt ein sehr offener Markt. Wir sind eine investorenfreundliche Gemeinschaft. Die grundlegenden sicherheits- und ordnungspolitischen Interessen zu schützen und gleichzeitig einer der offensten Investitionsräume weltweit zu bleiben ist kein Widerspruch. In den letzten Jahren gab es einen Anstieg von Investitionen durch Unternehmen mit teilweise engen Regierungsbeziehungen. Auch Investitionen aus China sind der Öffentlichkeit nicht entgangen. Die Europäische Union darf nicht naiv sein, wenn es um den Kauf sicherheitsrelevanter Unternehmen durch ausländische Regierungen oder von ihnen kontrollierte Unternehmen geht. Gleichzeitig ist es wichtig, dass ausländische Investoren weiterhin in der Europäischen Union einen verlässlichen und transparenten Markt sehen.- Wie ist das in dem Rahmen zu gewährleisten?Investitionsprüfungen müssen schnell und nach klaren Kriterien durchgeführt werden. In den bisherigen Vorschlägen sind Mindeststandards für Transparenz und Nichtdiskriminierung integriert. Der vertrauliche Umgang mit Unternehmensinformationen und effektiver Rechtsschutz sollen gewährleistet werden. Zu rechnen ist aber mit einer Verlängerung der Verfahrensdauer der Investitionsprüfungen, da der Kommission und anderen Mitgliedstaaten nun eine Stellungnahme ermöglicht werden soll.- Müssen Mitgliedstaaten Vorschriften einführen, die Direktinvestitionen überprüfen?Den Mitgliedstaaten bleibt es weiterhin offen, einen nationalen Mechanismus zu schaffen. Die Kompetenz der Staaten, ihre Sicherheitsinteressen wahrzunehmen, wird damit bekräftigt. Prüft ein Staat Direktinvestitionen unter sicherheits- oder ordnungspolitischen Gesichtspunkten, so sieht die Rahmenverordnung aber vor, dass Vorgaben zum Transparenzgebot, Nicht-Diskriminierungsgebot und zur Kooperation mit der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten zu beachten sind.- Sehen Sie hier einen Trend zu Verschärfungen?Ja, ich sehe ganz klar einen globalen Trend zu schärferen Kontrollen. Die Investitionskontrollen hoch entwickelter Industriestaaten, beispielsweise in Japan oder Australien, sind sehr unterschiedlich ausgestaltet. Gemein haben sie aber, dass sie in den letzten Jahren eher verschärft als liberalisiert wurden. Und natürlich sehen wir in den USA eine fortlaufende Diskussion zum Thema Investitionsprüfungen – eine Entwicklung, die schon unter der Obama-Administration begann, sich unter Trump aber verschärft hat.- Was sind die nächsten Schritte auf EU-Ebene?Die beiden gesetzgebenden Organe, das Europäische Parlament und der Rat, müssen die Verordnung jetzt noch bestätigen. Wir rechnen damit, dass sie noch vor Ende der Legislaturperiode im Mai 2019 in Kraft treten wird.- Wie sieht es dann mit Großbritannien vor dem Hintergrund der laufenden Brexit-Verhandlungen aus?Wenn das Vereinigte Königreich der vorgeschlagenen Austrittsvereinbarung zustimmt, haben alle Maßnahmen, die während des Übergangszeitraums in Kraft treten, im Vereinigten Königreich Rechtswirkung. Nach Ablauf des Übergangszeitraumes ist das Vereinigte Königreich aber nicht mehr an die Verpflichtungen aus der Rahmenverordnung für Investitionskontrollen gebunden.—-Anahita Thoms ist Partnerin im Bereich Außenwirtschaftsrecht von Baker McKenzie. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.