RECHT UND KAPITALMARKT

Ein Finanzierungsinstrument für volatile Zeiten

"Club Deals" mit überschaubarer Zahl an Banken können Unternehmen Vorteile bieten - Vertragsdetails entscheidend

Ein Finanzierungsinstrument für volatile Zeiten

Von Andreas Naujoks und Karsten Fink *)Trotz der zwei guten Wirtschaftsjahre haben viele Unternehmen nach wie vor Schwierigkeiten, ihren Finanzierungsbedarf zu decken. In Zukunft dürfte es für sie kaum einfacher werden – das Konjunkturbarometer deutet auf Abschwung, und der Interbankenverkehr zeigt sich gelähmt. Unternehmen sollten daher über alternative Wege nachdenken, um eine langfristig stabile Finanzierungsstruktur zu schaffen. Die Finanzierung über “Club Deals” ist eine Möglichkeit: Das Risiko wird auf mehrere Schultern verteilt und bleibt doch überschaubar.Denn gerade in wirtschaftlich volatilen Zeiten haben es Unternehmen, die zu einer unübersichtlichen Anzahl von Banken verschiedenste bilaterale Kreditlinien unterhalten, gegenüber den Kreditgebern schwer, wenn es um die kurz- oder mittelfristige Lockerung der Finanzkennzahlen geht. Leichter fällt es dagegen einem Unternehmen, das seine Bankverbindungen frühzeitig auf ein angemessenes Maß – den “Club” – reduziert und mit diesen Club-Banken auch noch ein einheitliches Vertragswerk vereinbart hat. VereinheitlichungAus Unternehmenssicht gibt es darüber hinaus weitere Motive, sich für einen Club Deal zu entscheiden. Im Vordergrund steht meist die Vereinheitlichung von teilweise unübersichtlichen Regelungen einer Vielzahl bilateraler Kreditverträge, die sehr unterschiedliche Beschränkungen und Auflagen umfassen können. Dies fällt besonders ins Gewicht, wenn das Unternehmen sich aus mehreren Gruppengesellschaften zusammensetzt, die sich jeweils bei unterschiedlichen Banken finanzieren. Eine Vereinheitlichung der Kreditverträge würde hier nicht nur zu deutlich mehr Unternehmenstransparenz führen, sondern auch den Monitoring- und Reporting-Aufwand des Unternehmens reduzieren.Um einen Club Deal zu inszenieren, bedarf es zunächst der Übereinkunft des Unternehmens mit einer Bank seines Vertrauens (“Arranger”), die den Zusammenschluss der gegenwärtig das Unternehmen finanzierenden Banken und gegebenenfalls weiterer hinzutretender Banken koordiniert. In der Praxis wird diese Aufgabe oftmals von der Hausbank des Unternehmens übernommen, die in der Regel nach “Closing” des Club Deals auch die Rolle des Agenten übernimmt. Haben sich das Unternehmen und die Bank über die Eckpunkte einer solchen Finanzierung geeinigt, werden weitere Banken eingeladen, am Club Deal zu partizipieren. Häufig sind das Banken, mit denen das Unternehmen bereits seit geraumer Zeit in einer Kredit- und Vertrauensbeziehung steht, oder Banken mit Spezialisierung, die den Bedürfnissen des Unternehmens am ehesten gerecht werden.Hinsichtlich der Anzahl der zu beteiligenden Banken gilt die Faustregel: So viele wie möglich und so wenige wie nötig. Werden zu viele Banken beteiligt, kann der Abstimmungsaufwand z. B. bei der Herbeiführung von Mehrheitsentscheidungen unter den Banken schwierig werden. Werden zu wenige Banken beteiligt, können sich später Finanzierungslücken ergeben, da ein einmal gebildeter Club schwer erweitert werden kann.Die Umsetzung eines Club Deals erfordert eine im Vergleich zu den üblichen bilateralen Kreditverträgen detailliertere und meist umfangreichere Vertragsgestaltung. Die Verhandlung dieser Verträge kann sich mit der Vielzahl an Beteiligten als organisatorische Herausforderung erweisen. Um den Aufwand möglichst zu minimieren, empfiehlt es sich, dass das Unternehmen und der Arranger zunächst bilateral die Vertragsdokumentation ausverhandeln und erst anschließend die jeweiligen Dokumente den Konsortialbanken als “final” mit dem Unternehmen verhandelte Verträge zur Kommentierung überlassen. Hierdurch wird gewährleistet, dass sich die Kommentare der Banken auf das Wesentliche beschränken und diese von einer vertragsgestalterischen Tätigkeit absehen. Am Ende steht ein für alle Beteiligten bindendes Vertragswerk, aus dem keine Bank ohne Weiteres “ausscheren” kann. Wichtige Entscheidungen, wie z. B. Kündigung, Sicherheitenverstärkung oder die Verwertung von Sicherheiten, bedürfen mindestens einer Zweidrittelmehrheit oder sogar eines einstimmigen Bankenbeschlusses.Das einheitliche Vertragswerk kann jedoch nicht nur Vorteile, sondern auch Gefahren bergen. Unternehmen sollten daher bei der Verhandlung eines Club Deals folgenden “Stellschrauben” besondere Aufmerksamkeit schenken:1.Mehrheitsentscheidungen: Aus Sicht des Unternehmens sind Mehrheitsentscheidungen ein zweischneidiges Schwert. Zum einen sollten einstimmige Entscheidungen die absolute Ausnahme bleiben, damit die nötige Flexibilität gewahrt bleibt; ansonsten könnte sich eine einzelne Bank gegen notwendige zustimmungspflichtige Unternehmensmaßnahmen sperren und damit die gesamte Maßnahme verhindern. Auf der anderen Seite sollte das Unternehmen darauf hinwirken, dass für solche Maßnahmen, die für das Unternehmen nachteilig sind – wie z. B. die Ausübung von Kündigungsrechten – nach Möglichkeit Einstimmigkeit oder ein höheres Quorum als die Zweidrittelmehrheit festgelegt wird. Darüber hinaus sollte aus Sicht des Unternehmens darauf hingewirkt werden, dass eine Bank, die einzelne wichtige Entscheidungen blockiert, auf Wunsch des Unternehmens durch eine andere Bank ersetzt werden kann.2.Eine Gefahr verbirgt sich häufig in den sogenannten Marktstörungsklauseln. Hier vertreten die Banken häufig eine harte Linie, da diese ihnen die Möglichkeit gibt, im Falle der Verteuerung der eigenen Kreditbeschaffung diese Kosten an den Kunden weiterzureichen. Diese kaum nachvollziehbaren bzw. nachprüfbaren Regelungen sind oft so weit gefasst, dass sogar einfache Euribor-Aufschläge, die viele Banken bereits jetzt zahlen, auch später noch dem Kunden “aufgedrückt” werden können. Hier sind die Regelungen sorgfältig zu prüfen.3.Syndizierbarkeit: Die Banken bestehen regelmäßig auf umfassenden Syndizierungsklauseln, nach denen es ihnen gestattet ist, ihren Darlehensanteil ganz oder teilweise an Dritte zu übertragen oder Unterbeteiligungen zu gewähren. Aus Firmensicht sollte darauf geachtet werden, dass eine Syndizierung nur an bestimmte “lautere” Institute erfolgt oder dass eine solche Syndizierung der Zustimmung des Unternehmens oder auch des Bankenkonsortiums bedarf. Wichtig ist, dass die Syndizierung nach Möglichkeit zahlenmäßig begrenzt wird, indem die syndizierbaren Mindestbeträge möglichst hoch gewählt werden, weil sonst die Vorteile der Flexibilität des Club Deals umgekehrt werden können.4.Kosten: Aus Sicht des Unternehmens empfiehlt es sich, vorab die Kosten für die Transaktion hinreichend zu kalkulieren. Neben der einmaligen Bearbeitungs- bzw. Arrangierungsgebühr kommen auf das Unternehmen in der Regel jährlich anfallende Kosten für die Tätigkeit des Agenten, der die laufende Verwaltung des Konsortialdarlehens übernimmt, und des Sicherheitenpoolführers, der die Verwaltung und ggfs. Verwertung der Sicherheiten besorgt, zu. Zudem fallen weitere Kosten, etwa für die Neubestellung von Sicherheiten, die Dokumentation der Club-Deal-Verträge sowie nicht zuletzt die Kosten der Rechtsberater auf Seiten des Unternehmens und auf Seiten der Banken, an. Auflagenkatalog5.Auflagen: Die Banken werden versuchen, zum Zwecke der Risikosteuerung einen umfangreichen Katalog von Auflagen zu verhandeln, den das Unternehmen einzuhalten hat. Im günstigen Fall werden die Auflagen lediglich den Rahmen dessen darstellen, was zukünftig gestattet sein soll. Insbesondere bei Mittelständlern gilt es hier, den eigenen Wettbewerbsvorteil, der sich nicht zuletzt durch eine hohe Flexibilität und Entscheidungsschnelligkeit auszeichnet, zu bewahren.Summa summarum lässt sich festhalten, dass eine Club-Deal-Finanzierung gegenüber der herkömmlichen Finanzierung über eine Vielzahl von Bankverbindungen sowohl für Großunternehmen als auch für den deutschen Mittestand erhebliche Vorteile hat – vorausgesetzt, dass der Club Deal sich an die Anforderungen und Bedürfnisse des Unternehmens anpasst und nicht umgekehrt.—-*) Andreas Naujoks und Karsten Fink sind Rechtsanwälte der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.