Anlageprodukte

Ein Schritt in die Vergangenheit

Veröffentlichung von Ausführungsqualitäten einzelner Emittenten eingestellt - Intransparenz wächst

Ein Schritt in die Vergangenheit

Von Armin Schmitz, FrankfurtDie Schnelligkeit der Orderausführung ist ein Qualitätsmerkmal des börslichen Handelsplatzes und der Banken. Das gilt insbesondere für Hebelprodukte und Schwellenpapiere wie Bonuszertifikate, bei denen es beim Handel auf Sekundenbruchteile ankommen kann. Die Veröffentlichung der Qualität der Orderausführung steigert also die Transparenz des Handels von strukturierten Produkten.Scoach, das Handelssegment der Deutschen Börse für Zertifikate und Hebelprodukte, hat lange Zeit die Performance-Daten für jeden Emittenten veröffentlicht, um die Entwicklung und die Qualität des börslichen Handels zu zeigen. Ende vergangenen Jahres stellte Scoach als letzter Handelsplatz die Veröffentlichung ein, was für Kritiker einen deutlichen Rückschritt bei der Transparenz des Sekundärhandels von Derivaten darstellt.”Aufgrund des Wunsches der Emittenten wurde die Einzelveröffentlichung der individuellen Ausführungsgeschwindigkeiten beendet. Die aggregierten Performancedaten der Emittenten werden allerdings weiter auf der Webseite von Scoach publiziert”, sagt Christian Reuss, Vorstandsvorsitzender von Scoach. Die Börse Stuttgart macht die Zahlen nach eigenen Angaben bereits seit 2007 nicht mehr öffentlich. Intern werden die Messungen allerdings fortgeführt.Mit der Einstellung der Publizierung der Ausführungsgeschwindigkeiten verstoßen die Banken im Grunde gegen die Empfehlungen des Maßnahmenpakets der Börsensachverständigenkommission, das der Bundesregierung im Juli 2009 vorgelegt wurde. Unter Maßnahme 8 empfehlen die Sachverständigen die Steigerung der Produkt- und Markttransparenz im Sekundärmarkt. Die Betreiber von Handelsplattformen sind dort aufgefordert, im Sekundärmarkt Kennzahlen zu veröffentlichen, die ein Bild von der Handelsqualität an den jeweiligen Marktplätzen ermöglichen. Dabei geht es unter anderem auch um die Quotepräsenz. Höhere GeschwindigkeitDas ist unverständlich, haben sich die Ausführungsgeschwindigkeiten in den vergangenen Jahren doch deutlich verbessert. Der Median der Ausführungen auf der Plattform für strukturierte Derivate der Deutschen Börse verbesserte sich von 6,7 Sekunden in der Anfangszeit von Scoach auf im Median 0,71 Sekunden im Dezember 2009. Innerhalb von zehn Sekunden wurden im Schnitt mehr als 89 % der Aufträge abgearbeitet. In weniger als 30 Sekunden führten die Emittenten 95 % aller Aufträge aus. Die Quotepräsenz der Emissionshäuser belief sich im Januar 2010 auf mehr als 98 %.Die deutliche Verbesserung der Ausführungszeiten ist das Ergebnis von massiven Verbesserungen der IT-Infrastrukturen durch Banken, Spezialisten und Börse. Ein Blick auf die letzte Veröffentlichung von Scoach im Dezember 2009 zeigte zum Teil deutliche Unterschiede in den Ausführungsgeschwindigkeiten der einzelnen Emissionshäuser. Während Lang & Schwarz innerhalb der ersten zehn Sekunden nur 89 % der Orders ausführen konnte, lag der Prozentsatz bei der BNP Paribas bei fast 99 %. Die Einstellung der Veröffentlichung führte offenbar bisher nicht zu einer Verschlechterung der Ausführungsqualitäten. Keine Verschlechterung”Intern werden die Messungen weitergeführt. Hier zeigt sich erfreulicherweise, dass die sehr guten Ausführungszeiten beibehalten wurden”, sagt Reuss. Für die Kritiker unter den Banken haben die Zahlen jedoch nur eine eingeschränkte Aussagefähigkeit. Die Quotes, die der Anleger zu sehen bekomme, seien nicht immer tatsächlich handelbare Kurse. Ob die Quotepräsenz allerdings letztlich dem Anleger auch eine Transaktion ermöglicht, gehe aus ihr nicht hervor. “Es werden bei den Qualitätsdaten Äpfel mit Birnen verglichen”, so ein Emittent. “Hier wird die Ausführung eines Dax-Zertifikats mit der eines Papiers auf einen pakistanischen Index auf eine Stufe gestellt. Die Messungen berücksichtigen nicht, dass bei den exotischen Produkten die Orderausführung etwas länger dauert.”Diese Einschränkungen halten allerdings Emittenten wie die BNP Paribas und auch Goldman Sachs nicht davon ab, ihre eigenen Performancezahlen auf ihren Webseiten weiterhin zu veröffentlichen. “Für uns ist die Ausführungsqualität ein Marketing-Instrument. Wir wollen unsere guten Leistungen nicht verstecken”, sagt Greg Toublanc, Derivate-Experte der BNP Paribas. Auf der Internetpräsenz wird die eigene Ausführungszeit mit der des Gesamtmarktes verglichen. Schweizer als VorbildIm Unterschied zu Deutschland setzt Scoach in der Schweiz auf mehr Transparenz. So macht die Derivatebörse bei den Eidgenossen die Güte des Market Making durch die Veröffentlichung von sogenannten QQM-Qualitätsmerkmalen transparent. QQM steht für “Quotes Quality Metrics”. Damit stellt die Derivatebörse die Grundlage für den Vergleich der Preisstellung der verschiedenen Emittenten zur Verfügung. Es werden der durchschnittliche Spread, das durchschnittliche Volumen, die Verfügbarkeit der Quotes und der Tagesend-Geld- und Briefkurs beobachtet.Durch diese Qualitätsmerkmale haben Anleger die Möglichkeit, vor dem Kauf eines Produkts zu überprüfen, ob in den vergangenen Wochen ein qualitativ hochstehendes Market Making gewährleistet war. Das Schweizer “Payoff Magazine” errechnet in Zusammenarbeit mit Derivative Partners Research, basierend auf den QQM-Zahlen der Schweizer Scoach, den Payoff Market Making Index (PMMI), sodass für den Anleger auch ein Vergleich der Market-Maker-Qualitäten zwischen den einzelnen Emittenten möglich ist.