"Eine teilrechtsfähige Anstalt ohne Vermögen ist keine Sparkasse"
– Herr Deutsch, Berlin muss wegen der EU-Auflagen seinen Anteil an der Bankgesellschaft Berlin “offen und diskriminierungsfrei” veräußern. Die Bank besteht aber nahezu ausschließlich aus der Berliner Sparkasse. Im Prinzip geht es also um die Privatisierung einer Sparkasse. Wie will das Land dieses Ziel erreichen?Der dem Abgeordnetenhaus vorliegende Gesetzentwurf sieht ein Beleihungsmodell vor. Die Sparkasse soll als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet werden. Mit der Trägerschaft soll die in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Landesbank beliehen werden. Im zweiten Schritt werden die Aktivitäten der Landesbank und der Bankgesellschaft, die ja auch eine Aktiengesellschaft ist, in einer Bank gebündelt. Diese Bank wäre dann Gegenstand der Veräußerung. – Ein ähnliches Beleihungsmodell für öffentlich-rechtliche Banken gibt es auch bei der Bayerischen Landesbank. Hat Berlin dieses Modell übernommen?Das Berliner Modell unterscheidet sich wesentlich von dem bayerischen. Die neue Berliner Sparkasse soll nur teilrechtsfähig sein. Sie wird keine Banklizenz haben, das Vermögen wird ausschließlich der künftigen Landesbank AG zustehen. Allein diese wird auch Vertragspartner der Sparkassenkunden werden. Die Rechtsfähigkeit der künftigen Anstalt ist darauf beschränkt, im Rechtsverkehr die Bezeichnung “Berliner Sparkasse” zu tragen. Auf den Punkt gebracht: Berlin will eine einheitliche Privatbank schaffen. Die soll die teilrechtsfähige Anstalt als Firmenschild mit der Aufschrift “Sparkasse” vor sich hertragen. – Dürfen Privatbanken überhaupt den Namen “Sparkasse” nutzen?Das Kreditwesengesetz reserviert diese Bezeichnung – abgesehen von der Bestandsgarantie für die Freien Sparkassen – nur für öffentlich-rechtliche Sparkassen mit eigener Banklizenz. Ziel ist der Schutz des Rechtsverkehrs. Der Rechtsverkehr verknüpft mit dem Begriff der Sparkasse öffentlich-rechtliche Institute und keine Aktienbanken. Umfragen belegen, dass den Kunden dieser Unterschied sehr wohl bewusst ist. Daher darf sich eine Privatbank nicht “Sparkasse” nennen. – Nach der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht darf die neue Anstalt die Bezeichnung “Sparkasse” nur führen, wenn die öffentliche Hand die Mehrheit an der Landesbank AG hält.Ich habe Zweifel, ob das zulässig ist, und zwar unabhängig davon, wer die Anteile an der Landesbank halten wird. § 40 KWG meint mit dem Begriff der öffentlich-rechtlichen Sparkasse keine teilrechtsfähigen Anstalten, deren einziger Zweck in der Führung der Sparkassenbezeichnung besteht. Es muss sich um rechtlich selbständige öffentlich-rechtliche Institute mit eigener Bankerlaubnis und eigenem Vermögen handeln. Der Gesetzgeber hat diese rechtliche Verselbständigung in der Bankenkrise des Jahres 1931 zum Schutz der Kunden vorgegeben, um einen möglichen Zugriff des Trägers auf das Sparkassenvermögen zu unterbinden. Darauf stützt sich der Bezeichnungsschutz des KWG. Eine teilrechtsfähige Anstalt ohne eigenes Vermögen darf daher nicht als Sparkasse auftreten. – Gibt es noch andere rechtliche Bedenken gegen dieses Modell?Es gibt verschiedene verfassungsrechtliche Bedenken. Nur als Beispiel: Anstalten des öffentlichen Rechts dürfen nach allgemeinen Grundsätzen nur errichtet werden, wenn sie durch einen öffentlichen Zweck legitimiert werden. Es stellt aber keinen öffentlichen Zweck dar, einer Aktiengesellschaft das Führen der Bezeichnung “Sparkasse” zu ermöglichen. – Kann dann Berlin die Brüsseler Vorgaben gar nicht erfüllen?Mit dem derzeitigen Konzept kaum. Das Land könnte aber die Berliner Sparkasse als rechtlich selbständige Anstalt mit eigenem Vermögen errichten und die aus der Landesbank hervorgehende Aktiengesellschaft mit der Trägerschaft beleihen, wenn es die notwendigen Bindungen im Gesetz vorsieht. Diese Aktiengesellschaft kann dann veräußert werden. – Kommen dann als Käufer nur Sparkassen oder andere Landesbanken in Betracht?Nein. Eine solche Landesbank AG könnte sowohl von privaten als auch von öffentlich-rechtlichen Banken erworben werden. Beide würden den gleichen Bindungen unterliegen. Eine andere Möglichkeit wäre die rein privatrechtliche Lösung. Bei ihr bietet das Land nur eine Aktiengesellschaft an, die allerdings nicht die Sparkassenbezeichnung führen dürfte. Das gilt auch bei einem Erwerb durch einen öffentlich-rechtlichen Bieter. In beiden Varianten würde kein Interessent gegenüber dem anderen benachteiligt. Die Vorgaben aus Brüssel könnten daher mit beiden Modellen erfüllt werden.*) Rechtsanwalt Dr. Markus Deutsch ist Partner der Kanzlei Gleiss Lutz in Frankfurt/Main.Die Fragen stellte Ulli Gericke.