Immobilien

Einzelhandelsimmobilien sind wieder gefragt

Transaktionen legen zu - "Aber oftmals Notverkäufe"

Einzelhandelsimmobilien sind wieder gefragt

Von Ulli Gericke, Berlin Einzelhandelsimmobilien sind wieder gefragt. Obwohl die Erwerbslosenzahlen überall steigen und damit die Kauflaune sinkt, wurden in Europa im dritten Quartal ca. 5 Mrd. Euro in Läden und Shoppingcenter investiert – fast ein Fünftel mehr als in den Monaten April bis Juni. Die Stabilisierung “hängt jedoch an einem seidenen Faden”, warnt Sascha Hettrich, Managing Partner von King Sturge Deutschland. Zwar gebe es – zumindest in Westeuropa – Zeichen einer wirtschaftlichen Erholung. Auch sei dank des stabilen Konsumentenvertrauens sowie der langsam zurückkehrenden Investitionsbereitschaft mittlerweile in vielen Märkten das weitere Absinken der Kapitalwerte gestoppt. Steigende Arbeitslosenzahlen und zögerliches Konsumverhalten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten könnten jedoch “Auswirkungen auf den Vermietungsmarkt und unter Umständen auf den Investmentmarkt haben”, bremst Hettrich allzu großen Optimismus.Unterdessen registriert das Beratungsunternehmen CB Richard Ellis (CBRE) einen kräftigen Aufschwung bei den Investitionen in europäische Einzelhandelsimmobilien. Allerdings wurden von den 5 Mrd. Euro, die im Sommer in den Kauf von Shops und Einkaufscentern flossen, allein 80 % in Großbritannien (1,5 Mrd. Euro), Spanien (1,3) und Deutschland (1,2 Mrd.) ausgegeben – verglichen mit üblicherweise gut 60 %. Das größte Plus zeigt sich dabei hierzulande, wo sich die Investments binnen eines Vierteljahres gut verdreifachten. Im Unterschied zu den vergangenen Jahren lag der Anstieg der Marktaktivitäten sogar über dem für Büroimmobilien – “ein für Deutschland seltenes Szenario”, konstatiert CBRE. “Weitere Belebung 2010″Getragen wurde diese Expansion durch einige große Verkäufe von Shoppingcentern, etwa in Hamburg, Berlin oder Dortmund. Wurde das erste Halbjahr stark durch lokale Investoren bestimmt, registrierte CBRE inzwischen ein wieder verstärktes Interesse von opportunistischen Anlegern aus dem Ausland. Umgekehrt würden Ausländer aber auch den Verkauf ihrer Assets erwägen – wie sich in der Ankündigung von Prime Commercial Properties zeige, ihr hiesiges Shoppingcenter-Portfolio zu veräußern. “Wir rechnen deshalb mit einer weiteren Belebung des Investmentmarktes für den Rest dieses Jahres und für das kommende Jahr”, sagt Jan-Dirk Poppinga, Head of Retail Investment bei CB Richard Ellis in Deutschland.Dagegen dürften die hohen spanischen Umsätze von 1,3 Mrd. Euro im Sommerquartal Folge des Sale-and-lease-back-Geschäfts mit den Filialen der zweitgrößten Bank des Landes, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA), gewesen sein, vermutet CBRE – “die einzige Einzelhandelsimmobilientransaktion mit einem Volumen von mehr als 1 Mrd. Euro in diesem Jahr”. Für die Zukunft erwarten die Immobilienexperten ein Investitionsvolumen vergleichbar dem der jüngsten Quartale von im Schnitt rund 810 Mill. Euro. Spitzenmieten bleiben stabilDie hohen britischen Umsätze von zuletzt ca. 1,5 Mrd. Euro resultieren aus einer enormen Vielzahl von Einzeltransaktionen vornehmlich lokaler Marktteilnehmer, die sich nach CBRE-Erhebungen hauptsächlich an Einzelhandelsobjekten zwischen 10 und 20 Mill. Euro interessiert zeigten. Das einzige größere Investment vollzog der Australian Pension Fund, der für 238 Mill. Euro einen 30-prozentigen Anteil am Bullring Shoppingcenter in Birmingham erwarb.Für das Londoner Researchhaus Henderson Global Investors bieten heimische Retailimmobilien – “trotz berechtigter Bedenken über die Gesundheit der britischen Wirtschaft” – mittlerweile wieder Chancen für antizyklische Investitionen. So gebe es aktuell Hinweise, dass einige Bereiche bereits Wertsteigerungen sähen. Weite Teile des Marktes erholten sich früher als gedacht, da das Volumen an Notverkäufen unerwartet gering ausfiel. “Neben Spitzenobjekten bieten auch Einzelhandelsimmobilien aus der zweiten Reihe in den nächsten sechs Monaten gute Investmentchancen”, ist Angela Keane überzeugt, Property Research Manager bei Henderson.Freilich würden Objekte minderer Qualität in B-Lagen nur mit deutlichen Preisabschlägen zum Ankauf geprüft, fügt Fabian Klein an, Head of Investment bei CBRE in Deutschland. Einzelhandelsobjekte mit sehr guter Qualität und Lage seien dagegen mindestens preisstabil, wenn nicht sogar das Preisniveau durch hohes Investoreninteresse getrieben werde.Diese Entwicklung zeigt sich auch beim Mietzins. Während die Spitzenmieten in Mittel- und Osteuropa (nach preistreibenden Boomjahren) inzwischen einbrechen, bleiben die Höchstmieten in Westeuropa trotz Wirtschaftskrise mehr oder weniger konstant. “Bedenklich stimmt allerdings, dass die Prognosen zumeist nur von einem stabilen, also stagnierenden Niveau ausgehen, aber keine Wachstumsimpulse erkennen lassen”, gibt King-Sturge-Experte Hettrich zu bedenken. Den erfreulichen Zuwachs beim europäischen Transaktionsvolumen sieht er dadurch getrübt, dass es sich dabei “oftmals um Notverkäufe handelte”.