Immobilien

Energieverbrauch bei Wohnungen halbieren

Mieten werden steigen - Gutachter für Energiekonzept 2050 mahnen dringenden Reformbedarf an

Energieverbrauch bei Wohnungen halbieren

Von Ulli Gericke, Berlin Das von der Bundesregierung angestrebte langfristige Energiekonzept berührt auch den Immobiliensektor – verbraucht dieser doch fast 40 % der gesamten Energie hierzulande und ist damit viel gewichtiger in der Energiebilanz und beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) als die heiß umkämpften Atommeiler. Ratlose ExpertenOhne Lösungsvorschläge listen die Experten des Gutachtens “Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung” eine Handvoll grundsätzlicher Probleme auf, die den dennoch als möglich erachteten radikalen Energieeinsparungen in der Wohnungswirtschaft entgegenstehen. Als Kernproblem für die bislang allzu oft ausbleibende energetische Sanierung machen die Wissenschaftler Schwierigkeiten bei der Überwälzung der Modernisierungskosten auf die Mieter aus, das sogenannte Vermieter-Mieter-Dilemma – obwohl vor allem Letztere von neuen Hausdämmungen profitieren, weil weniger Heizkosten anfallen.Verschärft wird die Lage dadurch, dass nach Modellrechnungen der Gutachter grundlegende energetische Verbesserungen die Wohnkosten um 5 bis 10 % nach oben treiben, trotz Gegenrechnens der verminderten Heiz- und Warmwasserkosten. Sozialpolitischen Sprengstoff birgt die Erkenntnis, dass die Sanierungskosten – absolut und relativ – bei Familien mit ihren größeren Wohnungen am höchsten sind, verglichen mit Single- oder Rentnerhaushalten.Insgesamt gehen die Gutachter davon aus, dass der Endenergieverbrauch der privaten Haushalte bis 2050 nahezu halbiert werden muss. Da gut drei Viertel des häuslichen Energiebedarfs allein für die Heizung benötigt werden, steckt in der Wärmedämmung das größte Sparpotenzial, gefolgt von effizienteren Heizanlagen. Zugleich erwarten die von der Bundesregierung mit der Studie beauftragten Wissenschaftler, dass erneuerbare Energieträger (wie Biogas, Holz und Solar) statt heute 9 % künftig knapp die Hälfte des Gesamtverbrauchs beisteuern. Der große Verlierer ist Heizöl, dessen Absatz bis zur Mitte des Jahrhunderts um etwa 90 % zurückgehen dürfte.Obwohl die Gutachter eine Reduktion des jährlichen Heizenergiebedarfs bei Neubauwohnungen von heute 53 Kilowattstunden/m2 auf 4 kWh/m2 für möglich und angesichts der Klimaziele auch für notwendig halten, sind diese Verbesserungen vor allem dank des darniederliegenden Neubaus bei weitem nicht ausreichend. Wichtige BestandsobjekteViel wichtiger sind energetische Modernisierungen bei bestehenden Gebäuden. Hier kalkuliert die Immobilienwirtschaft bei unsanierten Wohnungen einen Heizenergiebedarf von rund 150 kWh/m2 (und damit des Dreifachen heutiger Neubauwohnungen) bzw. von 117 kWh/m2 im sanierten Altbau. Zugleich beobachten die Gutachter, dass selbst heute nur 40 % aller Bestandsmodernisierungen energetische Verbesserungen bezwecken, während fast zwei Drittel ausschließlich “Pinselsanierungen” seien. Dies muss sich spätestens ab 2020 ändern, damit der Heizenergiebedarf bis zum Zieljahr 2050 um etwa 80 % gesenkt werden kann.”Damit solche anspruchsvollen Sanierungen flächendeckend umgesetzt werden können, ist es notwendig, dass leistungsfähige Dämmstoffe entwickelt werden, die langlebig und einfach in der Handhabung und gegebenenfalls auch für Innendämmungen geeignet sind”, heißt es jedoch einschränkend in der Studie.Es fehlt auch nicht der Hinweis, dass umfangreiche und damit teure energetische Sanierungen in aller Regel nicht über die realisierten Energieeinsparungen gegenfinanziert werden können. Kein Wunder, wenn die Wissenschaftler nicht nur den Abbau institutioneller Hemmnisse fordern, sondern vor allem Änderungen der Rahmenbedingungen anmahnen, sodass Investitionen in Energieeinsparungen künftig für den Investor rentabel sind. Zusätzlich schlagen sie Contracting-Modelle vor, bei denen Dritte Energiesanierung und -lieferung übernehmen, um die Vermieter-Mieter-Problematik zu lösen – was allerdings absehbar nur für Vermieter mit einem vergleichsweise großen Wohnungsbestand von Bedeutung sein dürfte.