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Energiewende bietet attraktive Investitionschancen

Börsen-Zeitung, 31.8.2013 Es ist ein Mammutprojekt. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist eine tragende Säule der Energieversorgung, die nach ernstzunehmenden Schätzungen bis 2020 etwa 240 bis 260 Mrd. Euro an Investitionen erfordert. Aber die...

Energiewende bietet attraktive Investitionschancen

Es ist ein Mammutprojekt. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist eine tragende Säule der Energieversorgung, die nach ernstzunehmenden Schätzungen bis 2020 etwa 240 bis 260 Mrd. Euro an Investitionen erfordert. Aber die Energiewende ist ein Gemeinschaftsprojekt. Denn Energieversorger, Netzagenturen, Banken und Staat können die benötigten Investitionen zur Finanzierung der Energiewende nicht allein bewältigen. Zu groß ist der Bedarf an Kapital und kapitalstarken Kooperationspartnern und damit an der Beteiligung institutioneller Investoren. Ihnen bietet der Wandel in der Energieerzeugung attraktive Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten.Die Chancen entstehen aus Notwendigkeiten: Nach der aktuellen Studie “Die deutsche Energiewende – Chancen und Herausforderungen für Investoren” von Deloitte und Norton Rose Fulbright, zu der 100 Energieunternehmen und institutionelle Investoren befragt wurden, besteht hoher Investitionsbedarf in Infrastruktur, vor allem bei Speichertechnologien und beim Ausbau der Transportnetze. Infrastrukturinvestitionen sind auf dem niedrigsten Stand der vergangenen 20 Jahre. Kein SpaziergangDas Projekt ist kein Spaziergang. Die Politik tut sich schwer, die zahlreichen Player und Projekte zu koordinieren. Denn neben den großen, nationalen Projekten erfordert die Energiewende intensives Engagement auf regionaler Ebene, vor allem bei Stadtwerken, Kommunen und Landkreisen. Hier haben sich Kooperationen zwischen institutionellen Investoren und Energieversorgern als klare Trends herauskristallisiert. Es entstehen Co-Investments auf Projektebene mit Lead-Investoren aus dem Energiebereich sowie Joint Ventures zwischen Energieversorgern und institutionellen Investoren. Dennoch steht der Trend in Deutschland am Anfang. Die größte Herausforderung besteht darin, Investitionskapital und Know-how auf Projektebene zusammenzuführen.Neben den offensichtlichen Investitionsfeldern wie Windkraftanlagen und Transportnetzen gibt es auch weniger offensichtliche, aber nicht minder relevante Investitionsmöglichkeiten. Einer dieser Sektoren ist die Energieeffizienz.Bislang hat sich die staatliche Förderung stark auf die Energieerzeugung fokussiert, während die Energieeffizienz ein Randthema ist. Energie, die jedoch nicht verbraucht wird, muss nicht erzeugt werden, und hierfür müssen auch keine Erzeugungskapazitäten vorgehalten werden. Diese Erzeugungskapazitäten müssen letztlich auch nicht finanziert werden. Insoweit ist zu erwarten, dass künftig der Fokus der staatlichen Förderung sich in Richtung Energieeffizienz insbesondere in den Bereichen Gebäude, Industrie und öffentlicher Sektor weiterentwickelt. Es lohnt sich, abseits der gängigen Investmentthemen nach neuen attraktiven Möglichkeiten Ausschau zu halten. Klare Chancen bieten sich auf “Mikro-Infrastrukturebene”, die für Investoren klare langfristige Vorteile bieten.Zu denken wäre hier an die Finanzierung von dezentralen Blockheizkraftwerken, sofern entsprechende Volumina gebündelt werden. Hier müssen neue, innovative Finanzierungsmodelle geschaffen werden, um diese Investitionsoptionen für Versicherer und andere Investoren zugänglich zu machen und die bisherige Zurückhaltung aufzubrechen.Ungewissheit bei der rechtlichen Umsetzung, insbesondere jedoch die Unsicherheit im Hinblick auf eine Änderung des derzeit herrschenden Förderregimes stellt für die Investoren die größte Investmentbarriere dar. Die Beibehaltung der EEG-Förderung, zusätzliche Anreize zum Ausbau der Netzinfrastruktur sowie Anpassungen bei Basel III und Solvency II sind wichtige Voraussetzungen für die Investitionsförderung. Um die Attraktivität von Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien für regulierte Investoren zu erhöhen, ist eine klare Position seitens des Gesetzgebers bedeutsam.Welches Investitionsmodell für welchen Investor passt, hängt meist von den Investitionszielen ab. Bei institutionellen Investoren haben in der Regel Renditeziele einen höheren Stellenwert als strategische Überlegungen. Insbesondere steht die Verlässlichkeit der prognostizierten Cash-flows über einen längeren Zeitraum im Vordergrund.Bei Energieunternehmen sind demgegenüber in der Regel für die Projektauswahl die zu übertreffenden Kapitalkosten maßgeblich; in Einzelfällen auch strategische Aspekte. Die Renditeerwartungen sind überraschenderweise hier oft niedriger als für Versicherungen. Mittel reichen nicht ausEnergieversorgern bereiten die regelmäßig hohen Fremdfinanzierungen auf Ebene der Projektgesellschaften Probleme, da sie bei einer Vollkonsolidierung komplett in den Konzernabschluss übernommen werden müssen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die finanziellen Mittel der Energieversorger nicht ausreichen werden, um ihre Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien allein zu erreichen. Energieversorger werden verstärkt Kooperationen eingehen, um Kapital über den Verkauf von Anteilen an produzierenden Wind- und Solarparks in neue Entwicklungsopportunitäten investieren zu können.Co-Investmentstrukturen mit institutionellen Investoren werden somit interessant, wenn dabei zugleich eine Vollkonsolidierung der Schulden im Konzernabschluss der Versorger vermieden werden kann. Tragfähige Lösungen müssen insbesondere die Risiko/Rendite-Profile, die unterschiedlichen Unternehmenskulturen und regulatorische Anforderungen berücksichtigen. Hier ist eine sensible Gesamtprojektsteuerung durch einen unabhängigen Dritten gefragt. Allein die formale Kenntnis von internationalem Bilanzrecht, Aufsichts- und Steuerrecht reicht nicht aus.Institutionelle Investoren und Versicherungen haben die Energiewende als Investitionschance entdeckt. Der Kapitalbedarf und die Möglichkeiten sind allerdings noch um ein Vielfaches höher als die derzeitigen Investitionen. Investoren bieten sich auf allen Ebenen vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten. Fest steht, dass innovative Finanzierungsstrukturen und die Beseitigung regulatorischer Hürden für den Erfolg der Energiewende entscheidend sein werden.—-Reinhard Liebing, Geschäftsführer der Alceda Real Asset Trust GmbH (ARAT) —-David Krüger, Corporate Finance Partner bei Deloitte