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Engagement in Fremdwährungen nicht zu weit treiben

Börsen-Zeitung, 20.10.2012 Einfache Antworten auf die anhaltende Euro-Krise gibt es für Anleger nicht. Die potenziellen Gefahren für das eigene Vermögen sind zahlreich, die Risiken schwer zu überschauen. Was genau würde passieren, wenn der Euro...

Engagement in Fremdwährungen nicht zu weit treiben

Einfache Antworten auf die anhaltende Euro-Krise gibt es für Anleger nicht. Die potenziellen Gefahren für das eigene Vermögen sind zahlreich, die Risiken schwer zu überschauen. Was genau würde passieren, wenn der Euro auseinanderbrechen sollte? Nur eines ist sicher: Die währungspolitischen und wirtschaftlichen Turbulenzen wären immens. Doch die Flucht aus dem Euro in andere Währungen ersetzt ein derzeit nur theoretisches Krisenszenario – das Ende des Euro – durch ein ganz reales Risiko: Wechselkursschwankungen. Ein schlechter Tausch.Fremdwährungen haben ihre Berechtigung im Depot. Sicherheitsorientierte Anleger, die das eigene Vermögen vor einer eskalierenden Euro-Krise schützen möchten, können durch eine moderate Beimischung von Fremdwährungen ihre Risikostreuung verbessern. Eine solche Fremdwährungsstrategie ist in erster Linie ein Investment in Sicherheit, hohe Renditen stehen dabei nicht im Vordergrund. Ähnlich wie Gold können Devisen ein Sicherheitspolster für das eigene Vermögen sein, sofern sie nicht übergewichtet sind und nach klaren Kriterien ausgewählt werden. VerführerischGerade in der derzeitigen Niedrigzinsphase ist der Blick auf Schwellenländer sehr verführerisch. Sowohl bei Staats- als auch Unternehmensanleihen winken Renditen, die beim Fünf- oder gar Zehnfachen dessen liegen, was derzeit in Deutschland geboten wird. Der Schluss liegt nahe: Wenn schon in andere Währungen investieren, dann wenigstens in solche, die eine attraktive Rendite bieten.Doch als Sicherheitspolster sind diese Währungen nicht geeignet, denn das hohe Zinsniveau spiegelt nur das höhere Risiko wider. Man sollte sich auch nicht von einzelnen volkswirtschaftlichen Daten verführen lassen: Ja, viele Schwellenländer weisen eine geringere Verschuldung als etablierte Industriestaaten auf und ja, etliche aufstrebende Staaten verfügen über ein andauerndes, stabiles Wirtschaftswachstum. Aber die Auswahl von Währungen als Abfederung gegen die drohende Euro-Krise sollte alle Risikofaktoren in den Blick nehmen:- Volatilität: Wie stark schwankt die Währung im Vergleich zu den globalen Leitwährungen über einen längeren Zeitraum? Wie hoch liegt die Inflation?- Politische Einflussnahme: Bildet sich der Wechselkurs frei am Markt oder wird die Währung politisch gesteuert, wie z. B. in China?- Politische und gesellschaftliche Stabilität: Wie etabliert ist das politische System als Ganzes? Wie hoch ist das Risiko politischer Umstürze, beispielsweise aufgrund sozialer Ungerechtigkeit?- Staatsverschuldung: Weist der jährliche Staatshaushalt ein höchstens moderates Defizit auf? Liegt die absolute Staatsverschuldung um bzw. nicht über 50 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP)?- Wirtschaftswachstum: Entwickelt sich das BIP über einen längeren Zeithorizont deutlich positiv? Erweist sich die Wirtschaft des Landes auch in Krisen als robust? Ist die Wirtschaft einseitig abhängig von bestimmten Rohstoffen oder Branchen? Sicherheit durch MischungLegt man all diese Kriterien an, schmelzen die Kandidaten für eine aussichtsreiche Diversifikation schnell zusammen. In Frage kommen z. B. die Norwegische und die Schwedische Krone, der Schweizer Franken sowie der Australische und der Neuseeländische Dollar.Eine Mischung aus diesen Währungen verspricht große Sicherheit. Das Risiko, dass die Währungen dieser Staaten ins Trudeln geraten, ist äußerst gering. Doch auch innerhalb dieser Gruppe lohnt es sich, genauer hinzuschauen und die eine Währung stärker zu gewichten als die andere. Das grundlegende Problem dieser sicheren Geldhäfen ist, dass sie in der derzeit stürmischen Gesamtwetterlage stark nachgefragt sind. Die Wertentwicklung all dieser Währungen zeigt deshalb nach oben. Andersherum bedeutet das, dass bei einer Entspannung der Euro-Krise das Risiko von Wechselkursverlusten steigt.Bei dieser Betrachtung schneidet die schwedische Krone gut ab, denn sie ist deutlich weniger überbewertet als die Norwegische Krone oder der Australische Dollar. Gleichzeitig sind die Fundamentaldaten Schwedens ausgezeichnet: Die Wirtschaft des Landes hat sich in der Finanzkrise als sehr robust erwiesen, die Staatsschuldenquote liegt bei ca. 37 % des BIP, und 2011 konnte sogar ein leichter öffentlicher Überschuss von 0,3 % erzielt werden. Deshalb ist auch damit zu rechnen, dass die schwedische Zentralbank die Zinsen schneller anheben wird als die Europäische Zentralbank (EZB), sobald sich die konjunkturelle Lage verbessert, was der schwedischen Krone zugute kommt. NervenkitzelRenditeorientierte Anleger mit etwas mehr Bereitschaft zum Nervenkitzel können die Beimischung von Währungen in Erwägung ziehen, die nicht alle der genannten Kriterien erfüllen, aber noch als weitgehend sicher eingestuft werden können. Hierzu zählen z. B. der polnische Zloty, die türkische Lira und mit Einschränkung der brasilianische Real. So kam in Europa bisher kein Land so gut durch die Finanzkrise wie Polen. Aktuell liegen die Prognosen für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr bei 3 %. Polnische Staatsanleihen bieten bei fünfjähriger Laufzeit eine Rendite von ca. 4 % und damit deutlich mehr als deutsche Staatsanleihen. Priorität für mittlere LaufzeitBei der Frage nach der richtigen Anlageform für diese Währungen sollte man sich den eigentlichen Zweck der Fremdwährungsstrategie in Erinnerung rufen: Wem es um die Absicherung des eigenen Vermögens gegen die Euro-Krise geht, der sollte auch nur in Anlagen mit hoher Sicherheit investieren. Ansonsten wird einfach nur das eine Risiko – die Euro-Krise – durch ein anderes Risiko ersetzt – das der spezifischen Anlageform. Priorität sollten deshalb Anleihen mit mittlerer Laufzeit im “A”-Rating-Bereich haben. Gerade in den genannten sicheren Häfen sind Unternehmensanleihen eine gute Ergänzung zu Staatsanleihen, allerdings sollte man auch hier auf eine Risikostreuung achten und z. B. nicht einzelne Branchen zu stark gewichten. Aktien sollten, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden.Generell sind Anleger gut beraten, das Engagement in Fremdwährungen nicht zu weit zu treiben. Wer seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, der ist auf die lokale Währung angewiesen, ob sie nun Euro oder D-Mark heißt. Selbst wenn der Euro scheitern sollte, bedeutet das nicht den Wertverlust des eigenen Vermögens, das auf Euro lautet. In Deutschland wäre kurzfristig eher mit einer Aufwertung der neuen bzw. alten Währung zu rechnen. Mittelfristig würde die deutsche Wirtschaft durch die Rückkehr zur D-Mark oder die Einführung eines stabilen “Nord-Euro” geschwächt. Auch die Haftungsrisiken für die Euro-Rettungsschirme würden die nationale Währung belasten. Aber ein gescheiterter Euro bedeutet in keinem Fall einen Totalverlust des eigenen Vermögens.Vor diesem Hintergrund gilt es, die Wechselkursrisiken mit dem Risiko eines scheiternden Euro realistisch abzuwägen. Dass es neue Negativschlagzeilen geben wird, das ist gewiss. Denn selbst nach dem Beschluss der EZB zum uneingeschränkten Ankauf von Staatsanleihen steht Griechenland weiterhin auf der Kippe, und auch die Krise in Spanien ist längst noch nicht ausgestanden. Ein Anteil von mehr als 20 % des Vermögens in Fremdwährungen ist dennoch nicht empfehlenswert, ansonsten wird das Risiko von Wechselkursverlusten für das Gesamtvermögen zu hoch. Aber mit einem Sicherheitspolster in Fremdwährungen in diesem überschaubaren Umfang können Anleger bei neuen Euro-Krisenmeldungen ruhiger schlafen.